Mein Weg
wollte ich den Weg nach Muxia antreten. Als ich aber am Morgen den strahlend blauen Himmel sah, änderte ich meinen Plan. Da ich noch ein paar Tage Zeit hatte, konnte ich ohne Probleme noch einen weiteren Tag hierbleiben. Leider war für Jule, Martin, Benno und Kathy heute der Tag der Abreise gekommen. Am Morgen setzten wir uns in ein Café am Hafen und genossen die Sonne. Wir plauderten über unsere Zeit in Spanien, den Camino, das Leben und das Leben nach dem Camino. Jeder war vom Camino infiziert worden und wollte auf jeden Fall wiederkommen. Gegen Mittag gingen wir alle zusammen zum Bus und verabschiedeten uns von den Vieren. Das war schon ein komisches Gefühl. Die gemeinsame Zeit war nunmehr endgültig vorbei. Ich glaube, es war jedem recht wehmütig zumute. Aber das ist Teil des Weges, Freunde kennenlernen und wieder gehen lassen. Noch einmal winken und dann war der Bus weg.
Ich verbrachte den Nachmittag am Strand und da das Wetter so schön war und die Sonne ordentlich brannte, wagte ich mich ins Meer. Meine „Reinigung“ war somit doch noch erfolgt. Am Abend waren wir im Hafen zum Essen und stießen dort auf ein paar bekannte Freunde, unter anderem auch die beiden Caballeros. Sie saßen im Restaurant nebenan und ließen es sich schmecken. Ich begegnete ihnen oft in den letzten Tagen und bewunderte ihren Mut, den Weg mit einem Pferd gemacht zu haben. Ich hatte nur für mich selbst die Verantwortung, aber sie mussten sich jeden Tag auch um ihre treuen Träger kümmern. So ein Tier braucht genauso Essen und Trinken und einen Platz für die Nacht. Belustigt stellte ich fest, dass Beide abends mit dem Handy dasaßen. Sicher schrieben sie auch eine kleine Botschaft nach Hause. Der Gedanke daran, dass sie den ganzen Tag auf einem Pferd pilgerten, was für mich etwas von Cowboyromantik hatte, um sie abends dann wieder voll in der „Moderne“ zu sehen, war irgendwie lustig. „Ein Cowboy und ein Handy“, wäre die passende Überschrift gewesen.
Morgen sollte es wieder weitergehen. Ich vermisste die letzten beiden Tage bereits das Wandern. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass mir das „Pilgerfeeling“ verloren gegangen war. Es wurde Zeit für mich, wieder aufzubrechen.
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34. Tag: Finisterre – Lires
(14,5 km)
Bei schönem Wetter begann unsere Wanderung am Morgen. Endlich wieder den Rucksack auf und raus. Uta wollte heute auch nach Muxia laufen, wir wussten aber nicht, wann sie starten wollte, da sie ein Zimmer im Hotel hatte. Vielleicht würden wir sie unterwegs treffen.
Auf dem Weg nach Lires
Gerade, als wir aufbrechen wollten, trafen wir in unserer Herberge ein französisches Ehepaar, das gestern von Lires gekommen war. Sie gaben uns den Rat, unbedingt heute Abend in Lires zu bleiben. Am Abend wäre dort ein großes Fest. Einen Tag mehr für den Weg bis Muxia konnte ich gut einplanen, da mein Flug nach Hause erst für den Mittwoch gebucht und heute erst Sonntag war.
Der Weg nach Lires schlängelte sich durch schöne Eukalyptuswälder, kleine Dörfer und Heidelandschaften. Die Sonne brannte ganz schön auf uns herab und am Ende waren wir froh, heute nur 14 Kilometer gehen zu müssen. Lires war zwar nur ein kleines Dorf, hatte aber einige gute Pensionen. Für nur 15,- € bekamen wir jeder ein super Zimmer mit eigenem Bad.
Am Strand in Lires
Später kam auch noch Gerald aus Holland in dieselbe Pension. Gerald kannten wir bereits aus der Pension „Paloma y Lena“ in San Mamede. Zu dritt ließen wir uns an dem, nur einen Kilometer entfernten, Strand nieder und genossen dort unser „Pilgerleben“. Irgendwie hatte ich ein seltsames Gefühl dabei. So viele Wochen bei schlechtem Wetter jeden Tag zu laufen und jetzt hier faul am Strand zu liegen? Ich fühlte mich gar nicht mehr als Pilger. Aber schön war es allemal.
Dorffest in Lires
Den Abend verbrachten wir in der einzigen ortsansässige Bar. Vor der Bar befand sich der Dorfplatz. Gerade als wir ankamen, begann dort das besagte Fest.
Bunt angezogene Männer, Frauen und Kinder tanzten nach der Musik galicischer Dudelsäcke und Trommeln. Wieder diese keltisch klingende Musik, die ich doch so mag. Mit den begleitenden Dudelsäcken hörte sich die Musik richtig gut an. Obwohl es nur ein kleines Dorf war, hatten sich sehr viele Menschen dort versammelt und schauten den Gruppen beim Tanzen zu. Bei unserem Abendessen saßen am Nebentisch zwei Pilgerinnen aus Schweden und den USA mit einem Pilger aus Vietnam zusammen. Wir waren sicherlich die einzigen
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