Mein zukünftiger Ex
krank?«
»N-nein.«
»Schwanger?«
»Nein!«
Das war faszinierend. Ihre stellvertretende Geschäftsführerin hatte mittlerweile die Farbe einer Pflaume angenommen.
»Ich glaube, ich kann es erraten«, sagte Lola. »Es geht um Botox.«
Cheryls Schultern sackten vor Erleichterung ab. »Ja, Botox.«
»Die Zeit ist nun reif, dass du es damit versuchen willst.«
»Tja, du weißt ja.« Cheryl fasste sich an die Stirn. »Ich habe in letzter Zeit … ein paar Runzeln bekommen.«
Lola nickte. »Das ist mir auch aufgefallen. Hör zu, ich könnte doch mitkommen und dir die Hand halten?«
Cheryl erwiderte eilig: »Ach, dazu besteht keine Veranlassung. Es ist nur ein Vorgespräch. Ich habe mich noch nicht ganz dazu entschlossen.«
Als es auf ein Uhr zuging, gab es nur eine Sache zu tun. Lola verließ den Laden als Erste mit einem fröhlichen »Viel Glück!« Sie tauchte in der Menge der Einkaufswilligen auf der anderen Straßenseite unter. Ehrlich, es gab an einem Dienstag zur Mittagszeit doch nichts Besseres, als ein bisschen harmlose Detektivarbeit.
Als Cheryl fünf Minuten später den Laden verließ, bog sie nach links und ging ziemlich schnell die Regent Street hinauf. Lola schlug den Kragen ihres schwarzen Mantels hoch, wie es alle guten Spione zu tun pflegten, und folgte in angemessenem Abstand. Cheryl hatte ihr Make-up erneuert und den Pferdeschwanz gelöst. Sie trug eine weite, weiße Jacke über ihrem roten Kleid und die flachen, grauen Schuhe, die sie bei der Arbeit favorisierte, waren durch blutrote Stöckelschuhe ersetzt worden. Sie sah entzückend aus. Jeder Mediziner mit einer Spritze in der Hand wäre beeindruckt gewesen. Lola war froh, dass sich Cheryl kein Taxi herangewunken hatte. Sie folgte ihr in eine Seitenstraße. Da hier weniger Menschen unterwegs waren, würde sie auffliegen, sobald Cheryl sich umdrehte. Vielleicht musste sie dann so tun, als würde sie sich das Schaufenster neben ihr ansehen – bäh, ein Soho Sex Shop!
Aber Cheryl drehte sich nicht um. Sie stieß immer tiefer nach Soho vor. Schließlich erreichte sie die Wardour Street und blieb vor einem superschicken Restaurant mit silber-grüner Fassade stehen. Lola ließ sich etwas zurückfallen und sah interessiert zu, wie Cheryl die Eingangsstufen erklomm und im Innern verschwand.
Tja, das war jetzt wirklich faszinierend. Cheryl traf sich zweifelsohne mit einem Mann und es bestand die hohe Wahrscheinlichkeit, dass sein Interesse an ihr nicht medizinischer Natur war.
Die große Frage lautete nun, warum Cheryl sich so ausweichend verhalten hatte?
Na schön, es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.
»Guten Tag«, sagte die charmante Empfangsdame des Edelrestaurants. »Kann ich Ihnen helfen?« Die Inneneinrichtung war in Blassgrün und Silber gehalten, sehr modern und teuer aussehend.
»Hallo, ich treffe mich hier mit einer Freundin«, sagte Lola. »Ihr Name ist Cheryl Dixon.«
»Tut mir leid, gnädige Frau, wir haben keine Reservierung auf diesen Namen.«
»Ich weiß, es tut mir leid. Mir fällt der Name unseres Tischherrn nicht mehr ein.« Lola lächelte, fest entschlossen, die Empfangsdame mit ihrem Charme in die Knie zu zwingen. Sie versuchte, einen Blick auf die Namensliste auf dem Bildschirm zu erhaschen. »Meine Freundin ist vor einer Minuten gekommen. Sie trägt rote Stöckelschuhe.«
Die Empfangsdame drehte den Bildschirm schwungvoll zur Seite, damit Lola nichts mehr sehen konnte. »Tut mir leid, gnädige Frau, wenn Sie keine Reservierung haben …«
»O bitte, ich muss die beiden sprechen, es ist dringend … ihr Wagen wird gerade abgeschleppt …«
Das Lächeln der Empfangsdame gehörte mittlerweile der Vergangenheit an. »Wir wissen beide, dass das nicht stimmt, nicht wahr?«
Meine Güte, was war das hier, Fort Knox? Die Tische standen in Nischen, darum konnte man vom Eingang nicht sehen, wer sich im Restaurant befand. Bei dieser Geheimhaltungsstufe saß womöglich der Papst wild knutschend mit der Herzogin von Wessex in einer der Nischen.
»Also gut, ich muss aufs Klo«, erklärte Lola.
»Gnädige Frau, unsere Toiletten sind ausschließlich unseren Gästen vorbehalten.«
Warum stellte sich die Frau nur so quer? »Tut mir leid, aber ich muss dringend aufs Klo. Es ist ein Notfall.« Lola sah sie an und hob dann ihre Stimme. »Ich muss ein großes A-A machen.«
Sie merkte, wie sich die Empfangsdame fragte, ob es ihr ernst war. Nach einer Sekunde – was, wenn ja? – zeigte die Blondine zur Treppe.
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