Meine Kriegsfahrten mit U-35
sah ich, so daß ich beruhigt davonfahren konnte. Aus den Zeitungen ersahen wir, daß nach weiteren drei Stunden das Schiff gesunken und seine Besatzung gerettet worden war. —
Nicht gerade angenehm war immer der Durchbruch durch die Straße von Gibraltar, aber er mußte gewagt werden, um den atlantischen Handel zu fassen. Auf dem Gibraltarfelsen standen starke Scheinwerfer, die dauernd die Enge nach U-Booten absuchten, dazu kamen U-Boot-Jäger und Zerstörer, die uns jagen und zum Tauchen zwingen sollten. Saß man erst unter Wasser, dann kam man mit der geringen Geschwindigkeit gegen den stetig von draußen nach innen setzenden starken Strom nicht an; außerdem wußte man nicht, was der Feind unter Wasser für Schweinereien vorbereitet hatte. Deshalb ging ich nachts immer über Wasser durch und nahm die ekelhaft hellen Scheinwerfer in Kauf. Wenn nicht gerade ein Zerstörer in der Nähe war, war es ja nicht schlimm. Am besten ging es noch hart unter der afrikanischen Küste: einmal war der Strom nicht so stark, außerdem hatte man von dort nach der Straße hin gegen die hellen Scheinwerfer einen guten Überblick.
So hatte ich wieder einmal den Vorstoß nach dem Atlantik beschlossen, weil das westliche Mittelmeer abgegrast war. Fünf englische Dampferkapitäne führte ich als Gefangene mit, sie sollten später in Cattaro abgegeben werden. Ihr Schicksal war mit dem unsrigen verknüpft. Ihr Leben hing davon ab, wie ich mein Boot führte. Kein Wunder, daß wir einander näherkamen. Als es nun durch die Straße ging, wurden sie unruhig, denn sie mußten ja die Gefahren kennen, vielleicht besser als ich. — Die Sonne war hinter dem vorspringenden Felsen von Gibraltar versunken, als wir uns bei Ceuta unter die afrikanische Küste klemmten. Nach der Straße zu war alles klar und übersichtlich, was aber links von uns unter den drohenden dunklen Küstenbergen verborgen lag, konnten wir nicht sehen. Die Wache vor mir auf dem Turm war besetzt mit den besten Augen, die wir hatten: rechts vor mir der ältere Wachoffizier, Oberleutnant z. S. Loycke, links die seemännische Nr. 2, Bootsmannsmaat Timm. Hinter mir zwei weitere Seeleute. Die gesamte Besatzung auf Gefechtsstation, bereit, jedes Kommando ohne Zögern auszuführen. Die Motoren gaben ihr Äußerstes her und machten in der ruhigen Nacht einen Höllenlärm.
„Zerstörer zwo Strich an Backbord, ganz nahe bei!" schreit Timm. Und schon braust der schwarze Schatten heran, es sieht aus, als ob er uns rammen will, und dann zieht er sich etwa 50 Meter vor unserem Bug vorbei. Wie ein riesiges Gespenst. So nahe, daß wir seine Ventilationsmaschine, ja sogar englische Kommandoworte hören. Uns blieb die Spucke weg. Die Hauptgefahr war nun vorüber, also blieb ich oben und tauchte nicht. Offenbar hatte der Zerstörer unter der Küste auf der Lauer gelegen, uns vielleicht kurz im Scheinwerferlicht gesehen, sicherlich aber unsere Motoren gehört und hatte uns dann im Rammangriff verfehlt. Jetzt hob er sich klar gegen die Straße ab, so daß wir ihn gut sehen konnten, wie er suchend umherraste. AIs ich mich umdrehte, sah ich an Backbordseite gegen die dunkle Küste ein zweites Fahrzeug, das anscheinend dem Zerstörer unseren Aufenthalt signalisierte, aber wohl zu Anker lag, denn es kam nicht und begnügte sich damit, uns mit seinem Scheinwerfer zu beleuchten, dem wir aber leicht ausweichen konnten. Als der Morgen graute, lag die Gibraltarstraße hinter uns, der Atlantische Ozean nahm uns auf, wo wir gute Beute machten. —
Es war ein Sonntagnachmittag. Wir befanden uns auf dem Rückmarsch und standen bei schönem Wetter südlich Sardinien. Gerade wollten wir uns im Bugraum zu einem Sonntagskaffee niedersetzen, den unser tüchtiger „Schmut" Bölts aus erbeuteten guten Bohnen gebraut hatte, als mir ein großer Dampfer mit drei Schornsteinen gemeldet wurde. Er kam sehr schnell heraus, mußte also hohe Geschwindigkeit laufen. Zickzackkurse lief er auch, hatte aber keine Sicherung dabei. Getaucht machte ich seine Bewegungen mit, hatte aber Trefferaussichten nur dann, wenn er in meiner Nähe vorbeikam. Der Angriff war insofern schwierig, als wir nur noch einen Torpedo hatten, und zwar ausgerechnet im Heckrohr. Wir mußten schon viel Glück haben, wenn wir ihn anbringen konnten. Der Kasten kam rasch näher, er war grau gemalt, ein Passagierdampfer mit großen Promenadendecks. Und die durften wir nicht abschießen, es konnte ja vielleicht ein Amerikaner an Bord sein. Auf jeden Fall
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