Meine Kriegsfahrten mit U-35
überschreiten. Größte Vorsicht beim Ein- und Auslaufen war mir anempfohlen. Im Hafen sollte ich auf Sabotageakte der feindlichen Spionage gefaßt sein.
Auf dem Hinweg wurde noch recht gute Beute gemacht. Einen Tag vor dem vorgesehenen Einlaufstermin hörten wir auf mit Kriegführen und brachten das Boot, so gut es ging, in einen besuchsmäßigen Friedenszustand. Es war ein eigentümliches Gefühl, als wir für einen Tag das rauhe Kriegshandwerk niederlegten und uns zu einer reinen Friedensmission mitten im Kriege anschickten. - Der spanische Hafenlotse war etwas erstaunt, als U 35 bei Hellwerden am 21. Juni 1916 überraschend zwischen den Molenköpfen des Hafens auftauchte und in den Hafen von Cartagena hineindrehte, um gleich längsseit des dort festliegenden deutschen Dampfers „Roma" anzulegen. Feindliche Kriegsschiffe waren nicht im Hafen. Eine Sorge war mir damit genommen. — Als um 8 Uhr unser Landessalut von 21 Schuß über den Hafen rollte — der erste und einzige, den je ein U-Boot geschossen hat —, waren die Medizinkästen bereits unauffällig an die „Roma" abgegeben und unser Marineattaché aus Madrid nach Cartagena unterwegs, um das Handschreiben in Empfang zu nehmen. Schnell waren die offiziellen Besuche bei den örtlichen Würdenträgern abgewickelt. Unser deutscher Konsul Dr. Tell begleitete mich.
Das spanische Volk war voll herzlicher Freundschaft für Deutschland. Bis in die tiefe Nacht umsäumten Menschenmassen den Hafen, um U 35 zu sehen. Mit Genehmigung der Behörden hatte ich mich dann längsseit des spanischen Kreuzers „Cataluna" gelegt, wo ich vor Sabotageakten sicher war. Bei der reichen Gastfreundschaft, die uns geboten wurde, mußte ich den wenigen Deutschen, aber auch den vielen spanischen Offizieren die Besichtigung des Bootes gestatten, wobei scharfe Kontrolle und strenge Absperrung gegen Annäherung unbekannter Boote durchgeführt wurde. Mit Gastgeschenken wurde die Besatzung überschüttet. Um 2 Uhr morgens, nach 22stündigem Aufenthalt, warf U 35 los und verließ unter brausenden Hochrufen der spanischen Matrosen und den Sympathiekundgebungen der noch immer ausharrenden Menge den Hafen. — Da man draußen das Leuchten vieler Scheinwerfer sah, wurde jetzt ein spannender Kampf erwartet. Außerhalb der Molenköpfe ließ ich die Lichter abstellen und ging unter Wasser, um uns nach dem Trubel dieses anstrengenden Tages erst mal etwas Ruhe zu gönnen. Und da unsere Feinde allerhand aufgeboten hatten, um uns vor dem Hafen abzufangen, gelang es uns erst am Spätnachmittag, wieder aufzutauchen, um den Rückmarsch anzutreten. —
Neben dem grimmigen Ernst des Krieges erlebten wir aber auch manche launige Abwechslung. Zur Aufbesserung unserer Stimmung war das sehr erwünscht. Einfach unbezahlbar für diesen Zweck war unser Bordaffe Fips, Zur Gattung der Meerkatzen gehörig. Wir holten ihn im letzten Augenblick vom verlassenen Abendbrottisch eines sinkenden Dampfers, dessen Besatzung längst das Weite gesucht hatte. „Obermüller, gehen Sie nochmal an Bord und retten Sie den Affen," rief ich dem Wachoffizier zu. Der Affe wollte aber gar nicht weg von seinem leckeren Mahl. Das Klettern auf der Jakobsleiter die senkrechte Bordwand herab schien ihm gar nicht zu gefallen. Und so biß er den armen Obermüller, der ihn hinter sich herzog, dauernd in die Hand, bis dieser ihn, unten im Dingi angekommen, mal kräftig ins blaue Meer tunkte, was sichtlich beruhigend auf Fips wirkte.
Schnell wurde Fips wegen seiner lustigen Streiche und seiner Anhänglichkeit der Liebling an Bord. AIs Quartier wurde ihm der Hecktorpedoraum angewiesen, da war er ganz in der Nähe des Küchenchefs Bölts, dem er manches für die Pfanne bestimmte Ei aus der Hand stahl. — Seitdem Fips an Bord war, war immer etwas los. Mit Vorliebe beehrte er auch meinen Raum mit seinem Besuch, fraß meine Bleistifte, zerriß meine Funkmeldungen und trank ab und zu das Tintenfaß leer. Selbst die Wache an Deck ging er oft mit, und zwar in der Seitentasche von Obermüllers ledernem Wachjackett, aus der sein Köpfchen possierlich herausschaute. Böse Zungen behaupteten, daß es in dieser molligen Tasche auch ab und zu feucht gewesen sein soll -------- Mit seinen immer neuen Streichen hat uns Fips fast ein ganzes Jahr lang unterhalten, bis ihn Haiungs später dem Berliner Zoo vermachte.
Die Bocche di Cattaro, jene malerische Bucht an der dalmatinischen Küste am Fuße des Lovcen, war unsere Basis, wo wir unter dem Schutz der
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