Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen

Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen

Titel: Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Bedel
Vom Netzwerk:
Familie
     Bedel, wir hatten diese Freiheit. Denn es ist schön, viel Zeit zu haben, das ist unser eigentlicher Reichtum. Und samstags
     bekamen wir dann immer Besuch von unseren etwa dreißig treuen Kunden und zwanzig anderen, die nur gelegentlich vorbeischauten.
     Das mochten meine Schwestern. Wenn Besuch kommt, erfährt man die ein oder andere Neuigkeit, und dann konnten sie unter der
     Woche darüber reden.
    Einmal wollte ein Paar, das wir nicht kannten, am Pfingstsamstag ein ganzes Pfund Butter kaufen, und wir hatten nur noch ein
     Kilo. Da ich der Gesprächige in der Familie bin, habe ich mich eingeschaltet und den Handelsvertreter gespielt:
    »Ich will Ihnen ja nichts aufschwatzen, aber wenn Sie das restliche Pfund auch noch nehmen, werden Sie es nicht bereuen.«
    Die beiden fangen an zu disputieren, sie will nicht, aber der Mann hat schon begriffen, was ich ihm sagen will: In einer Stunde
     ist keine Butter mehr da!
    Im Jahr darauf kamen sie dann etwa zur selben Jahreszeit wieder. Man redete so hin und her: »Ach, Sie hattenja so wunderbare Butter. So etwas haben wir noch nie gegessen. Wir sind extra mit einer Kühltasche gekommen und würden gerne
     alles kaufen, was Sie erübrigen können!«
    »Aber meine Herrschaften, da sind Sie zu spät. Die Butter für diese Woche ist schon verkauft.«
    Für die Stammkunden haben wir uns manchmal sogar die Butter vom Mund abgespart. Die brachten vorher ihre Tellerchen vorbei.
     Meine Schwestern mussten die Namen gar nicht draufschreiben, sie erkannten die Kunden am Teller.
    Für die Sahne brachten die meisten ein Marmeladenglas mit. Gelegentlich verkauften wir auch Milch, kannenweise, aber immer
     so wenig wie möglich. Wir haben uns dabei stets an den Preis gehalten, den die Molkerei auch verlangte. Und wenn man den Preis
     dann erhöhte, wurden manche Leute recht schmallippig.
    Ein paar Kunden sind später weggeblieben, was meine Schwestern sehr getroffen hat. Das war, als der Euro kam, da war im Unico
     die Milch billiger. Wir haben den Supermarkt von Beaumont-Hague immer so genannt: Unico. Die Schwestern ließen eine Zeitlang
     den Kopf richtig hängen. Auch unsere Butter verkaufte sich nicht mehr so gut, schlechter bei den Hiesigen und fast gar nicht
     mehr bei der Laufkundschaft. Was sie besonders traurig stimmte, war, dass man bestimmte Leute einfach nicht mehr sah, denn
     mit der Zeit gewöhnt man sich an die Menschen. Man kennt sie, kennt ihre Geschichte, weiß, was sie so vorhaben. Und das Ganze
     wegen ein paar Cents.
    Wer wollte diesen Euro denn eigentlich?
    Beim Übergang von den alten zu den neuen Francs musste man nur das Komma verschieben und nicht langeherumrechnen. Mit dem Euro war alles anders, da musste man mit sechs multiplizieren, um auf den alten Preis in Francs zu kommen.
    Die Engländer haben diese Affenwährung ja abgelehnt. Wir hätten das auch machen sollen. Die sind nicht so dumm wie wir. Aber
     nach etwa einem Jahr sind unsere Kunden wiedergekommen, aber da waren wir dann schon in der Rente. Sie sind fünfundzwanzig
     Kilo Butter zu spät gekommen, wenn man das übliche Pfund pro Woche zugrunde legt.
    Natürlich haben sie sich beschwert. Sie waren überrascht, als wir ihnen sagten, dass wir keine Kühe mehr hatten und sie daher
     keine Butter bekommen könnten. Wir haben uns dann gegenseitig ein paar Mal zum Kaffee eingeladen.
    Mittlerweile hatte die Butter im Unico nämlich »zugelegt«. Wir haben in der letzten Zeit, als wir noch Butter machten, insgesamt
     höchstens um 30   Cents erhöht, das waren damals etwa zwei Francs. Aber wer rechnet heute schon noch in Francs? Zwei Francs, das war viel für
     die Leute. Aber die Francs sind mittlerweile durch Cents ersetzt worden.
    Der Euro hungert den Geldbeutel aus und lässt die Händler fett werden, aber nicht die Bauern. Die Kunden haben damals gedroht,
     sie würden nicht wiederkommen, wenn wir unseren Butterpreis nicht an den im Supermarkt angleichen.
    Jahrzehntelang konnten wir unseren Butterpreis selbst bestimmen. Wir wollten uns nichts vorschreiben lassen. Wir würden Unico
     einfach Konkurrenz machen!
    Aber wir haben einige Kunden verloren.
    Die Schwestern hat diese Geschichte wirklich bekümmert. Heute können sie darüber lachen. Sie wissen, dasswir unsere Butter mittlerweile zu unserem Preis verkaufen könnten, weil es Leute gibt, die den Wert natürlich produzierter
     Lebensmittel zu schätzen wissen.

Wie man zu guten Kartoffeln kommt
    Du bearbeitest die Erde so, wie sie es

Weitere Kostenlose Bücher