Meine letzte Stunde
Moment Ihres Lebens haben: die Verantwortung dafür, was aus der nächsten Stunde und was aus den darauf folgenden Tagen werden könnte. [2] Jede neue Seite in der Biografie unseres Lebens ist eben nicht durch unseren bisherigen Lebenslauf vorgegeben, sondern wir sind es selbst, die mit unseren Entscheidungen unser Schicksal bestimmen können.
Die Beschäftigung mit der letzten Stunde hat zwei Aspekte, die im I. und II. Teil behandelt werden:
I. Teil: Wie können wir lernen, gut mit der Tatsache zu leben, dass wir eines Tages sterben werden?
II. Teil: Wie können wir die daraus gewonnenen Erkenntnisse nutzen, um unserem ganzen Leben eine höhere Qualität zu verleihen?
Die großen Themen „Lebensträume“, „Sinn des Lebens“, „Liebe“, „Arbeit“ gewinnen sofort eine ganz andere Bedeutung, wenn wir sie aus dem Blickwinkel unserer letzten Stunde betrachten. So kann es hilfreich sein, schon jetzt zu wissen, mit welchen Fragen Menschen am Ende des Lebens ihre eigene Geschichte beurteilen: [3]
• Liebe: Habe ich genug Liebe gegeben und bekommen?
• Authentizität: Habe ich meine eigene Musik gespielt? Habe ich wirklich mit meiner Stimme gesprochen?
• Idealismus: Habe ich die Welt ein bisschen besser gemacht?
Mindestens so wichtig ist es auch, die vielen „kleinen Dinge“ aus der Perspektive der letzten Stunde sehen zu lernen: „Ist dieser Streit mit meinem Partner wirklich so wichtig?“, „Wie drücke ich meine Dankbarkeit aus?“ oder „Wie begegne ich den Blicken anderer Menschen?“ Ist nicht unser ganzes Leben oft ein einziges Übersehen? Wir bekommen so unendlich viele Hinweise, Worte, Blicke, Signale, dass wir glauben, es uns leisten zu können, die meisten davon vorbeigehen zu lassen. Wir schauen nicht hin, wir hören nicht zu, wir nehmen nicht wahr. Aber die Möglichkeiten werden nicht mehr, sondern immer weniger.
Die Geschichten von den großen und kleinen Helden, die spirituellen Weisheiten erfahrener Lehrer, das Wissen bedeutender Denker und Forscher, die Gedichte, die Zitate, die offenen Fragen und vor allem die Widersprüche und leeren Räume in diesem Buch dienen nur einem Zweck: Ihnen eine Annäherung an Ihre eigene letzte Stunde zu ermöglichen, auch ohne von einer bösen Diagnose betroffen zu sein.
„Geht es um besser leben oder besser sterben ?“, werden Sie sich vielleicht manchmal beim Lesen fragen, denn die beiden Themen lassen sich nicht immer präzise abgrenzen. Natürlich habe ich versucht, Sie mit einem roten Faden durch das Buch zu leiten. Nur ist dieser rote Faden von mir gewebt und Sie werden sich mitunter einen anderen wünschen, der genau Ihrem Bedürfnis nach Orientierung entspricht. Wann immer Sie glauben, in diesem Buch den roten Faden verloren zu haben, gibt es eine Klammer, die die unterschiedlichen Dimensionen verknüpft und die einzelnen Kapitel zusammenhält: Es ist die Unachtsamkeit.
Sie ist auch der Bezug zu meinen beiden ersten Büchern. Beim „Talentierten Schüler und seinen Feinden“ geht es um die Unachtsamkeit gegenüber dem Talent jedes Einzelnen. „Der verletzte Mensch“ setzt sich mit der Unachtsamkeit im Umgang miteinander auseinander. „Meine letzte Stunde“ ist ein Buch über die größtmögliche Unachtsamkeit: die Unachtsamkeit gegenüber unserem eigenen Leben und dem Versäumnis, ihm jene Bedeutung zu geben, die es haben könnte.
Das ist kein Buch über den Tod, das ist ein Buch über das Leben
Es ist kein Kriminalroman, den man in einem absolvieren sollte, um am Schluss zu erfahren, wie er ausgeht. Das letzte Kapitel dieses Buches ist das Angebot, eine Schwelle zu überschreiten. Wie auch immer diese Begegnung verlaufen mag, sie wird Sie nicht in die Gleichgültigkeit entlassen. Dieses Buch geht am Ende nicht aus, es fängt erst an. Es kann Sie dabei unterstützen, auf jeden einzelnen Tag, der noch vor Ihnen liegt, ein bisschen genauer zu achten.
Ein Tag hat viele Leben. Doch wie viele dieser hundert möglichen Leben verpassen wir? Wegen unserer guten Vorsätze, die wir nie einhalten; wegen unserer Hoffnungen, denen wir selbst oft keine Chance auf Erfüllung geben, weil wir die vielen Gelegenheiten, die uns das Leben bietet, gar nicht erkennen oder aus Feigheit nicht nutzen. Es sind unsere Zweifel und Ängste, unsere kleinen und großen Befürchtungen, die wir, solange es nur irgendwie geht, vor anderen verbergen, die kleinen und großen Fallen, in die wir immer wieder tappen und so schwer erkennen,
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