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Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Titel: Meine Philosophie lebendiger Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Pape
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die Unlust des Stäbens. Dieses Stützen mit irgendwelchen mehr oder weniger raffinierten Konstruktionen aus Draht oder Kunststoff ist etwas derart Künstliches, das mir gegen die Natur gerichtet erscheint und die Pflanze unmündig macht.
    Leider haben sich die schönen Staudenflächen in den Gärten und vor allem den öffentlichen Grünanlagen nicht gehalten - aufgrund der Pflegekosten, weil man glaubt, dass Rasen das Herzensglück des Menschen ähnlich stimulieren und Rasenmähen auch von unqualifizierten Kräften geleistet werden kann.
    Stauden können durchaus Bodendecker sein. Zwar gibt es auch Gehölze als Bodendecker (Efeu zum Beispiel gehört dazu, es verholzt, behält seine Blätter, ist immergrün und seine lebenden Teile bleiben auf der Oberfläche), aber wenn ich von Bodendeckern spreche, meine ich in erster Linie Stauden, nie Gehölze, denn das sind für mich Bodendecker, man möge es mir verzeihen, für die Autobahnbegrünung. Flach auf dem Boden liegende Stauden als Bodendecker, etwa Elfenblume oder Geranium-Arten, zeichnen sich ebenso durch eine wahrhaft abenteuerliche Vielfalt aus wie die ganze übrige Staudenwelt.
    Stauden lassen sich auch leicht weitergeben, sei es in Nachbars Garten oder dem eines lieben Menschen, und sie lassen sich an einen Bewunderer des eigenen Gartens verschenken. Aus dem Boden können problemlos die Teilstücke, Ableger, herausgenommen und an einen anderen Ort gebracht werden.
Foersters hübsche Schlussfolgerung: Das »sichert diesen Gartenpflanzen für die Zukunft unendliche Wanderschaft und Verbreitung … und den Reiz wetteifernden Pflanzentauschs«. 14
    Im Wechsel der Jahreszeiten, im Kreislauf von Werden und Vergehen, holt die Staudenwelt die Sprache des Bodens an die Oberfläche des Ortes, an dem sie beheimatet ist. So kann sich der Mensch auf eine besondere Weise mit dem genius loci verbinden. Mutig geworden tritt der Betrachter in den Dialog mit der Pflanzenseele. Wurzeln, Stängel- und Blattwerk, egal, ob in üppiger Blüte oder im Vergehen, machen ihm die tiefe Wahrheit eines natürlichen Vorgangs lebendig: Gartenleben ist Verwandlung von einem Zustand in den anderen. Der Tod ist Illusion, weil nicht wirklich. Denn aus der scheinbar toten Staude erwächst neues Leben - und wenn nicht an ihrem Ursprungsort, so doch gewiss woanders.

Gräser bringen Bewegung ins Beet

    A sphaltcowboys denken vielleicht erst einmal an Unkraut, Grillfreunde an ihren mehr oder weniger gepflegten Rasen. Beide liegen sie falsch, auch wenn sie sich gern mal ins Gras legen.
    Doch wenn ich ehrlich bin, so hat es auch bei mir eine Weile gedauert, bis ich die Bedeutung der Gräser für den Garten ganz verstand. Denn in England, meiner Wahlheimat für über fünfundzwanzig Jahre, hatten sich Gräser noch nicht durchgesetzt, frühestens Mitte der Neunzigerjahre und eher noch später hat man sie dort richtig entdeckt und schätzen gelernt. Seit ich in Berlin in meiner Gartenakademie umfangreiche Schaubeete angelegt habe, ist mir erst so richtig klar geworden, wie wichtig dieses »Haar der Mutter Erde« für die Staudenrabatte ist - Gräser überbrücken mit ihren Halmen und Blüten den müden Blühmonat August und kommen dann im späten Herbst und beim ersten Frost ganz groß raus. Und im Winter, der mir hier unendlich lang erscheint, brauchen wir sie, um das Beet genügsam über die Zeit bis zum neuen Erwachen zu tragen.
    »Grässlich, ein Garten ohne Gräser!«, meinte Karl Foerster. Schon in den Dreißigerjahren des vergangenen Jahrhunderts hat er verschiedene Artikel über die Wichtigkeit der Gräser geschrieben, und in den Fünfzigerjahren das erste Gräserbuch veröffentlicht - es sollte lange, lange Zeit, bis vor etwa fünfzehn Jahren, das einzige akzeptierte Standardwerk bleiben. Selbst renommierteste Gartendesigner der Gegenwart in den USA, die Gräser sehr stark in ihre Gestaltungen einbeziehen, haben sich von Karl Foerster inspirieren lassen. So wird man
es mir nachsehen, dass auch ich mich, sobald es um Gräser geht, immer wieder Foerster verbunden fühle.
    Wie auch er zu seiner Zeit, als er ein ungeheures Gräserreich von etwa neunzig Arten und Unterarten systematisierte, hoffe ich auf eine noch größere Verbreitung der Gräser. Denn sie schenken uns wunderbare Bilder - in Tau und Morgenlicht getaucht, von Tropfen behangen im Mondenschein oder leicht mit Schnee bestäubt -, wie sie keine andere Pflanze zu erreichen vermag. Gerade für die harten Wintermonate in Mitteleuropa sind die

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