Meine Philosophie lebendiger Gaerten
Ginkgo-Bäume entdeckt, die bis heute noch nicht so sehr schön wirken und es in den nächsten zwanzig Jahren auch noch nicht ganz schaffen werden. Aber in fünfzig und hundert Jahren werden die Menschen dort durchfahren (wenn es dann noch Autos gibt) und geradezu entzückt sein von dem, was ihr Auge erblickt, von einer wunderbaren Baumstruktur bis hin zur einmaligen Herbstfärbung dieser dann alten Ginkgo-Bäume. Sie werden uralt, sind industrieklimafest und machen sich nichts aus Evolution, einmal verwurzelt, wachsen sie zwar langsam, sind aber unverwüstlich. Ihre Verwendung im Stadtraum, das ist eine wirkliche Tat mit Vision.
Welch ein Irrtum, wenn wir meinen, es sei eigentlich alles egal, solange es grün ist. Denn intuitiv und in unserem Inneren verbinden wir mit bestimmten Bäumen bestimmte Bilder: mit Linden das leichte warme Licht im Frühjahr, mit Platanen die Transparenz im Winter und ihre modellierte Rinde, mit Kastanienbäumen die im späten Frühjahr blühenden Kerzen und die Kastaniensammelfreude der Kinder im Herbst, mit Eichen das Symbol für Standhaftigkeit und Ewigkeit - oder wie der Volksmund sagt: Ein Eichenleben überdauert dreißig Generationen.
Die eigene Welt der Stauden
S ie sind die wichtigsten Pflanzen im Garten, wenn es darum geht, dass der Einsatz des Gärtners sehr schnell belohnt wird, dass also etwas zurückkommt, dass der Garten etwas zurückgibt. Und sie sind zugleich die am meisten unterschätzten Pflanzen, weil die gärtnernden Menschen ihre Vorzüge noch zu wenig bemerkt, erkannt und verstanden haben. Mehrjährige Stauden besitzen eine außerordentliche Vielfalt, und der Sammelbegriff steht eigentlich für eine ganz eigene Welt. Die Pflanzen, von denen ich hier spreche, sind mehrjährige Stauden, auch wenn sie nach der Saison meist oberhalb der Erde eingehen oder zumindest ein unansehnliches Gestrüpp bilden. Sie erhalten sich unter der Erde als Zwiebeln, Knollen oder Wurzelstock, sie blühen in großer Fülle, wachsen in unterschiedlichsten Formen und Höhen und tragen oft auch Früchte.
Was eine Staude so dankbar macht: Wenn sie aus dem Topf in die Erde kommt, wächst sie sofort an und gedeiht prächtig, schmückt den Garten gleich im ersten Jahr mit wunderbaren Blüten, und nach drei Jahren ist sie groß, mächtig, raumgreifend ausgebreitet, duftend - ganz im Gegensatz etwa zu einem Baum oder Strauch, die sich erst akklimatisieren und eine Zeit lang wachsen müssen, bis wir uns daran erfreuen können.
Das Geheimnis einer Staude liegt im Unerwarteten. Viele Menschen tun sich nicht leicht damit, im Winter eine Zwiebel, eine Knolle oder einen Wurzelknäuel in die Erde zu stecken, weil ihnen für das großartige Ereignis, das daraus entstehen kann, die Vorstellung fehlt. Sie verbinden mit dieser Handvoll
scheinbar totem, zumindest unschönem Pflanzenteil, das sie in die Erde bringen sollen, nicht jenes Glück, das darin steckt. Lieber warten sie, bis die Saison begonnen hat und die Staude im herangewachsenen oder gar blühenden Zustand gekauft werden kann. Aber selbst dann kann man noch in den Genuss dieses besonderen Geheimnisses kommen: Nach der Saison zieht sich die Kraft der Staude ins Erdreich zurück, wartet den Winter ab und kommt im Frühjahr wieder - erst mit kleinen grünen Spitzen, dann kräftiger, schließlich überschwänglich und unerwartet größer und schöner als im Vorjahr. Unerwartet ist auch die Ausbreitung der Staude. Schon wenige kleine Pflänzchen genügen, um eine ganze Fläche im zweiten oder dritten Jahr vollständig zu überdecken. Werden sie zu eng gepflanzt, droht ein »Filz«; und die einzelnen Exemplare kommen nicht zur Geltung.
Die Reichhaltigkeit der Stauden, die unterschiedlichen Wachstumshöhen, Ausbreitungsformen und vor allem die zeitliche Abfolge ihrer Blüte ermöglichen es, wahre Sinfonien im Garten anzustimmen. Es ist geradezu phänomenal, wie schnell etwas zurückkommt für relativ wenig Geld - im Verhältnis zu Bäumen und Sträuchern.
Karl Foerster hat sich um die Züchtungen der Stauden und um ihre Aufnahme in Gärten und Parks verdient gemacht wie kein anderer. Er hat das Verständnis für Stauden entwickelt und diese Pflanzen popularisiert. Dafür genießt er Weltruf. Er hat die Pflanzen selektiert, hat sich um ihre Gartenwertigkeit bemüht, ihre Standfestigkeit etwa, weil er keine Lust zum Stäben hatte, was immer dann notwendig ist, wenn die Pflanzen
sich nicht von allein auf ihren Beinchen halten können. Ich teile mit ihm
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