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Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Titel: Meine Philosophie lebendiger Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Pape
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Gräser von ganz besonderer Bedeutung: Je weniger hier blüht, umso mehr verleihen Gräser mit ihrer Präsenz dem Garten ein wunderbares Bild. Die Form und Struktur, die sie bringen, wenn sie von Raureif oder leichtem Schnee bedeckt sind, offenbaren eine geradezu zauberhafte Landschaft und ein ganz eigenes Erscheinungsbild des Gartens.
    Es gibt sowohl besonders früh blühende Gräser, immergrüne oder nicht wintergrüne Gräser, aber auch solche, die sich viel Zeit lassen mit der Blüte. Gräser bringen durch ihr Grün nicht nur Farbe, nicht nur Höhe und aufrechte Linien in ein Beet, sie tragen vor allem noch eine vierte Dimension - die Bewegung - hinein: Wellen und Wogen in der Rabatte, besonders im Frühsommer und Sommer. Wenn sie in voller Blüte sind, werden sie besonders beweglich. Erst wenn sie trocknen, stehen sie etwas steifer und aufrechter. Blüte, Farbe und vielleicht auch Duft, das sind oft unsere Erwartungen an Gräser. Aber die Bewegung, erzeugt bereits durch den leisesten Luftzug, und die Struktur der Gräser stehen allem voran. Wunderbar, wie Foerster gar verschiedene Bewegungscharaktere
festhält: Das eine Gras zeigt frohlockende, das andere melancholische Bewegungen, »Steppenschwermut wechselt mit tänzerischer Grazie.« 15 Kann man es schöner beschreiben? Und lässt es nicht zugleich jeder Fantasie freien Raum zum Mitempfinden und zum eigenen Erleben? Man setze sich an ein Gräserbeet oder an ein Beet mit Gräsern und beobachte deren Bewegungen!
    Und noch etwas lässt sich beobachten anhand der Gräser da draußen: Ohne dass ich morgens die Nase aus der Tür stecken muss, sagt mir das Riesen-Pfeifengras vor meinem Küchenfenster, wie das Wetter des Tages wird. Wenn es still steht im Beet, weiß ich, dass ich nichts zu befürchten habe und die Jacke vielleicht sogar zu Hause bleiben kann. Winden sich hingegen die zarten Blütenrispen leicht von links nach rechts, von rechts nach links, empfiehlt es sich dringend, eine Jacke mitzunehmen. Und wenn alle Rispen wild vom Wind in eine Richtung gedrängt werden, sollte ich zur Sicherheit auch einen Schirm einstecken. Diese Fähigkeit kommt besonders gut im Namen des Pfeifengrases Molinia »Windspiel« zum Ausdruck, nach Foerster die »Gipfelschönheit des goldenen Oktober«. »Wer nicht Sinn hat für die stille Rolle des Gräserreichs im Garten …, der gehe zum Augenarzt und verkaufe den Garten.« 16 Auch dieser Satz stammt von Gräserliebhaber Karl Foerster.

Rasen ist Arbeit

    R asen hat einen schlechten Ruf als Vorgartenpflaster. Er steht zwar sinnbildlich für den englischen Landschaftspark und man sagt, dass Jahrhunderte zuvor bereits die Römer den Rasen für sich entdeckt hatten. Wer den Rasen politisch korrekt interpretieren möchte, der sieht darin sogar ein Symbol für Demokratie und Freiheit: Auf dem Rasen ist jeder gleich, so heißt es, auf dem Rasen kann sich jeder frei bewegen. Ich möchte diese Aussage allerdings bezweifeln, denn unter den absolutistischen Herrschern war für das Volk der Rasen der Schlossparks so wenig erreichbar wie die Monarchen selbst.
    Wer glaubt, ein Rasen muss nur ab und zu gewässert und gemäht werden, ansonsten sei er chic und pflegeleicht, der irrt. Ein nicht vermooster Rasen ist eine hohe Kunst, und die Arbeit, die dahintersteckt, ist nicht nur aufwändig, sondern auch langatmig. Fast schon wie Geschirrspülen mit der Hand. Rasen ist das aufwändigste und teuerste Grün des Gartens. Ist er erst einmal völlig verunkrautet, so hilft oft nur eine komplette Neuanlage, obwohl es zuvor leichter gewesen wäre, ihn regelmäßig von Unkräutern zu befreien und gut und richtig zu düngen. Neuanlagen sind aufwändig, teuer und auf lange Sicht nicht weniger pflegeintensiv, denn das Gleiche wird wieder passieren, wenn man sich nicht kümmert.
    Zudem wird viel zu viel Erwartung in das frühjährliche Rasenritual des Vertikutierens gesteckt. Es bringt für die ersten zwei, drei Monate viel, dann aber verfällt der Rasen wieder seiner Lust des Vermoosens. Daran ist fast ausschließlich der Sammelkasten des modernen Rasenmähers schuld. Früher
war nicht einfach alles besser, aber man hatte keinen Fangkorb am Mäher, und so hieß es einmal wöchentlich, bevorzugt am Freitagnachmittag, nach dem Mähen den Rasen zu harken, um den Schnitt zu entfernen. Durch dieses (für den gärtnernden Menschen) exzellente Brustmuskeltraining wurde nicht nur der Besuch im Fitnesscenter gespart, sondern zugleich auch der Rasen regelmäßig

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