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Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe

Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe

Titel: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Frascella
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die nichts mit meinem Schulweg zu tun hatte. Dort war wenigstens keine Menschenseele. Ich setzte mich auf die Bank und zog mein völlig zerdrücktes Päckchen Camel aus der Jeanstasche. Eine Zigarette war noch in brauchbarem Zustand, ich zündete sie an. Scheiße. Alles wegen einer Nutte. Eine, die beim Reden immer so zickig piepste. Und wenn sie lachte, klang es wie Bellen. Mager wie ein Strich in der Landschaft. Wenn sie über ihre Eltern redete, sagte sie »mein Papa und meine Mama«. Und recht bedacht, wahrscheinlich war sie nicht mal mehr Jungfrau. Sie hätte mit diesem Geziere aufhören müssen. Und es sich sofort besorgen lassen, von mir und von Schwarzy. Von mir ein bisschen öfter vielleicht.
    Der Bus kam. Eins habe ich im Leben gelernt: Kaum hat man sich eine Fluppe angesteckt, kommt der Bus. Immer.
    Ich fuhr kreuz und quer durch die Stadt und musste dreimal umsteigen, bis ich zu Hause war, während normalerweise eine einfache Fahrt genügte. Alles bloß, um niemandem aus meiner Schule zu begegnen. So war es allerdings auch nicht viel besser: Mein Anblick erregte allgemeine Aufmerksamkeit. Immerhin kannte ich diese Leute nicht, und sie hatten mich nicht auf dem Schulhof liegen sehen, während mir diese Bestie Tritte verpasste.
    Ich wohnte in einem zweistöckigen Häuschen, das den Eltern meines Vaters gehört hatte. Es war das hässlichste Haus in der Umgebung, vielleicht das hässlichste im ganzen Ort. Alte Außenmauern in einem abgeblätterten Gelb, durchlöcherte Fliegengitter vor den Fenstern und die Brüstung des Balkons im ersten Stock völlig verrostet. Wer sich darauf stützte, konnte seine Kleider hinterher nur noch in einen Karton schmeißen und ans Rote Kreuz schicken. Wenn die sie überhaupt nahmen. Auf der Wiese rings um unsere Residenz wucherte das Unkraut meterhoch, ein undurchdringliches Gestrüpp, bis auf die Stelle, wo mein Vater seine Hängematte hatte.
    Darin fläzte er sich fast ständig, neben sich einen Achterpack Bierdosen, die er eine nach der anderen innerhalb von zwei, drei Stunden leertrank. Er war so was wie ein Alkoholiker oder jedenfalls auf dem besten Weg dorthin. Gelegentlich arbeitete er als Maurer, sagen wir, an drei von sieben Tagen, wenn er Anrufe von Baustellen bekam. Natürlich ohne Unfallschutz, Krankenversicherung und den ganzen Scheiß. Der Scheck, den er von der Arbeitslosenhilfe bezog, war erbärmlich. Er hatte noch ein paar andere hochqualifizierte Jobs, wie um vier Uhr morgens Obstkisten am Großmarkt abladen oder die Einkaufswagen am Supermarkt zusammenschieben, wo sein Bruder, mein Onkel Cosimo, als Wächter arbeitete.
    Vor zwei Jahren war meine Mutter mit einem Tankwart abgehauen, einem Typen, der dreizehn Jahre jünger war als sie. Für meine Schwester Francesca war das ein harter Schlag gewesen. So hart, dass sie fast nicht mehr aus dem Haus gehen wollte, außer bei besonderen Gelegenheiten wie Weihnachten und Ostern und an manchen Sonntagen, wenn sie in die Kirche ging, um zu Jesus oder sonst wem zu beten, damit er die Seele ihrer Mutter rettete. Man stelle sich bloß mal diese erbärmliche Szene vor: Francesca, die voller Inbrunst und reuiger Zerknirschung Jesus anfleht, er möge Erbarmen mit unserer Mutter haben, während die ihre Tage damit zubringt, sich von dem jungen Zapfsäulenheini volltanken zu lassen. Eine Geschichte, die sich ganz gut für einen Pulp-Film geeignet hätte, aber die Zeit der Pulp-Filme war damals noch nicht gekommen.
    Ich ging ins Haus, ließ den Rucksack fallen und fand meinen Vater ausnahmsweise nicht in der Horizontalen. Er stand auf eine Stuhllehne gestützt und hatte den nachdenklichen Blick eines Menschen, der etwas tun wollte, sich aber nicht mehr genau erinnert, was.
    Er war um die vierzig, ziemlich ungepflegt, aber mit durchaus eigenem Stil. Obwohl er praktisch Alkoholiker war und einen Gutteil seines Daseins in der Hängematte verbrachte, hatte er kein Gramm Fett am Bauch, einen ziemlich athletischen Körper und war kein Hohlkopf. In dem Sinn, dass er wohl oder übel noch immer nachdachte. Das Leben hatte ihm ein paar Arschtritte verpasst, zugegeben, aber sein Arsch war sehr viel härter, als man erwartet hätte.
    Er runzelte die Stirn, als er mich bemerkte. »Was hast du denn angestellt?« Seine heisere Stimme stieg nie eine Oktave höher, auch dann nicht, wenn er betrunken war.
    »Ich habe eine kleine Diskussion auf dem Schulhof gehabt.« Mein Ton war neutral, als wären das zerrissene Hemd, die schmutzigen Jeans, die

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