Meine Spur löscht der Fluß
könnte, nahm er selber ein Fleischbällchen in die Hand und aß es.
Jetzt griff auch der andere zu. Und seltsamerweise schlang er nichts hinunter, sondern aß sehr gesittet, drei Fleischbällchen. Immer, nachdem der Professor eines gegessen hatte.
Der Sheriff stand mit offenem Mund daneben. Ihm kreiste im Kopf herum, was er gehört hatte, und er wußte nicht, wie er Mary das alles klarmachen sollte, die Wissenschaft von der Gelbfichte, die Steinzeit, die Wichtigkeit der Indianer einerseits und ihrer, Marys, schmackhaften Fleischbällchen andererseits.
Professor Waterman saß beim Frühstück im Hotel, als ein junger Mann auf ihn zutrat und sich als Sherman, Redakteur des Lokalblattes, vorstellte. Nicht ohne Stolz fügte er hinzu: »Ich nehme an, Sie haben meinen Artikel im >San Francisco Call< gelesen.«
»Sie sind das!« rief Waterman. »Ich glaube, Sie haben uns einen großen Dienst erwiesen. Nehmen Sie Platz.«
Der Zeitungsmann errötete, setzte sich und fragte: »Haben Sie schon etwas rausbekommen, Professor?«
»Ich nehme an, daß es sich bei diesem wilden Indianer um einen Yahi handelt. Die Yahi gehören zu den Yana, und die Yana sind Hiigelindianer, sie leben in den Bergen. Sie sind im Gegensatz zu den Maidu, die ja im Tal leben und recht friedlich sind, wehrhafter. Die Maidu haben sich vor den Yana immer ein bißchen gefürchtet, weil die durch ihre exponierte Lage allein schon etwas härter und durchtrainierter waren. Auch ihre Instinkte sind noch nicht so eingeschlafen.«
Der Professor erklärte dem Journalisten anhand der Karte mit dem Yanagebiet, wie sich die Territorien ungefähr aufgeteilt hatten.
»Und wie groß war der Stamm, ich meine Yana und Yahi zusammen?«
»Der war nie sehr groß. Man darf die Völkerschaften der Indianer und ihren Lebensbereich nie mit unseren westlichen Nationen und ihren Staaten vergleichen. Das wäre vollkommen verkehrt. Dazu sind auch die Sprachen viel zu differenziert. Aber um zu Ihrer Frage zurückzukommen: Mehr als zwei-, dreitausend Yana wird es nie gleichzeitig gegeben haben. Bevor die Weißen hier einbrachen, in den Jahren des Goldrausches, wird es innerhalb der Grenzen Kaliforniens nie mehr als hundertfünfzigtausend, höchstens eine Viertelmillion Indianer gegeben haben. Als Vergleich, etwa zehn Jahre nach dem Goldrausch, um 1860, waren schon dreihundertneunzigtausend Weiße im Land.«
»Diese hundert- oder zweihundertfünfzigtausend eingeborenen Indianer, wie setzten die sich zusammen?«
»Ganz genau werden wir dies nie mehr sagen können, weil zuerst die Spanier, aber in einem viel höheren Maß die Angelsachsen, ganze Völkerstämme ausgelöscht haben, ohne deren Stammesnamen zu verzeichnen.«
»Sie machen eine Unterscheidung zwischen Spaniern und Angelsachsen, Professor?«
»Ja, die Spanier kamen nie in diesen Massen ins Land, außerdem wurde ihre Besitzgier mehr oder weniger durch die Obrigkeit, auch durch die kirchliche, gesteuert. Die Invasion der weißen Angelsachsen aber, die vor fünfzig, sechzig Jahren über das Land hereinbrach, war unkontrolliert, ohne staatliche oder religiöse Aufsicht, außerdem neigen die Angelsachsen mehr zum Rassismus als die Spanier. Spanier haben sich oft mit Eingeborenen vermischt. Ein Angelsachse aber, der sich eine Indianerin zur Frau nahm, wurde geächtet.«
»Zurück zu den Ureinwohnern, was wissen Sie noch über sie, Professor Waterman?«
»Man kann sagen, daß diese ein- oder höchstens zweihundertfünfzigtausend Eingeborenen aus einundzwanzig Nationen oder Nationalitäten bestanden. Und diese waren wiederum unterteilt in Unternationalitäten und diese wiederum in verschiedene Stämme und Stämmchen, Sie haben richtig gehört, Stämmchen.«
Der Redakteur rückte seinen Sessel etwas näher zum Professor und machte sich eifrig Notizen.
»Haben Sie eine Ahnung, wie viele verschiedene Gruppen das nun wirklich waren?«
Waterman lächelte über den Eifer des jungen Zeitungsschreibers. »Professor Kroeber und ich, aber auch andere Wissenschaftler, kommen auf eine Gesamtzahl von ungefähr zweihundertfünfzig Völkern. Ganz genau wird es sich nie sagen lassen. Viele dieser Untergruppen waren natürlicherweise zahlenmäßig sehr klein und beanspruchten auch nur wenig Raum. Aber es waren trotzdem echte Völker mit einer eigenständigen Art und Unabhängigkeit. Sie sehen es auch an den Yana, die sich in vier Untergruppen unterteilten, jede mit ihren eigenen geographischen Grenzen, eigenem Dialekt, eigenen
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