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Meine Spur löscht der Fluß

Meine Spur löscht der Fluß

Titel: Meine Spur löscht der Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Othmar Franz Lang
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gegenüber waren bei den Yana undenkbar.«
    Sie waren vor dem Office des Sheriffs angelangt. Waterman maß sein Gegenüber von oben bis unten und sagte: »Sie hören aufmerksam zu, ich wollte, meine Studenten in Frisco wären immer so aufmerksam. Vielleicht sehen wir uns nochmal.«
    Der arme Redakteur wollte zuviel auf einmal sagen, daß er gerne studiert hätte, daß sie daheim zu viele Kinder waren und daß das Geld nicht gereicht hatte. Gerne würde er mal nach Frisco zum Professor kommen. Er wollte überhaupt dorthin gehen, der größeren Zeitungen wegen. Aber er verneigte sich nur stumm und stammelte einen Dank, zumal der Sheriff vor die Tür trat.
    »Hallo, Sheriff!« rief Waterman. »Was macht unser Freund?«
    »Guten Morgen, Professor. Unser Freund steht vorne am Gitter und scheint auf Sie zu warten. Wie lange wollen Sie den armen Kerl nun noch interviewen, und was haben Sie überhaupt mit ihm vor? Wollen Sie wieder wegfahren und mir die Rothaut dalassen?«
    »Das wird alles heute geregelt.« Waterman holte die Liste mit den Yanawörtern aus der Tasche, um sich mit dem Wilden zu unterhalten.
    Die Augen des Indianers begannen zu leuchten, als Waterman sich ihm näherte.
    Der Sheriff fragte: »Soll ich ihm ein Frühstück bringen?«
    »Ja, tun Sie das.«
    »Und was schlagen Sie vor, Sir?«
    »Bringen Sie ihm am besten einen Haferflockenbrei, vorsichtshalber Milch mit Wasser verdünnt und nur eine Spur Zucker dazu. Ich nehme an, daß unsere Yana außer wilden Beeren oder wildem Honig nie etwas Süßes gegessen haben.«
    Der Professor hatte vor, an diesem Morgen mit dem Indianer Worte über die Jagd durchzunehmen. Er hatte dafür ein reichliches Vokabular und hoffte, ein einigermaßen befriedigendes Gespräch führen zu können.
    Die einfachen Worte Bogen, Pfeil, anschleichen, verfolgen, treffen, das klappte wunderbar, wenn auch der Häftling die Aussprache des Professors öfters verbesserte. Das kränkte jedoch Waterman nicht, im Gegenteil, er war darüber begeistert. Ein herrlicher Bursche, dieser Mann, er konnte seiner Arbeit und der Professor Kroebers wirklich weiterhelfen. Zumal er immer gesprächiger wurde.
    Der Indianer erzählte jetzt die Geschichte einer Jagd. Er erzählte dem Professor, daß er ein junges Reh geschossen hatte und auf dem Rücken trug. Er war glücklich, nach langen Tagen endlich wieder etwas getroffen zu haben. Als er dann auf dem Heimweg mit dem Rehkitz auf dem Rücken einen Fluß überquerte und von einem Stein zum anderen sprang, sah er plötzlich noch einen großen Lachs auf sich zukommen. Da er auch — wie immer — seine zweizinkige Stechgabel bei sich hatte, sein Jagdgerät für Fische, blieb er auf einem buckligen Stein stehen und stach nach dem Lachs, als dieser nahe genug war. Durch diese Bewegung verlor er das Gleichgewicht, plumpste in das reißende Wasser, konnte sich aber samt Reh und Lachs retten, was ihn natürlich sehr freute, weil seine Leute daheim auf ihn und die Jagdbeute warteten. Der Indianer fragte ein paarmal, ob der Professor ihn verstanden habe, und Waterman nickte eifrig, obwohl er ihn vollkommen mißverstanden hatte. Dann versuchte Waterman dem Indianer zu erklären, daß er einiges erledigen müsse. Und daß er wiederkäme. Er rannte zur Telegrafenstation und schickte ein Telegramm nach Frisco, daß der Aufgefundene sehr wertvolle Hinweise geben könne und daß man alles unternehmen müsse, um ihn nach San Francisco zu bekommen, außerdem wäre es gut, wenn Batwi käme, der sich mit ihm zweifellos besser unterhalten könne.
    Dann ging’s wieder zurück zum Gefängnis, wo die Unterhaltung mit dem roten Mann so interessant war, daß sie beide das Mittagessen vergaßen. Am späten Nachmittag, der Indianer war wieder müde geworden, schrieb der Professor auf dem Tisch des Sheriffs einen Brief an Professor Kroeber, in dem er unter anderem Folgendes erwähnte: »Dieser Mann ist zweifellos wild. Er trägt in den Ohrläppchen Stücke von Hirschschnur als Schmuck und ein Holzstöckchen im Nasensteg. Er erkennt die meisten meiner Yana-Worte. Meine Aussprache ist vermutlich sehr schlecht, denn manchmal versteht er nicht und deutet auf seine Ohren und bittet um Wiederholung. >Nein< — >k’u’i< ist so ein Wort. >Ja< — >ähä< gefällt ihm ungemein. Phonetisch hat er ein paar der hübschesten, knackigsten Konsonanten, die ich je hörte. Er wird ein ausgezeichneter Informant werden, denn er spricht sehr klar. Ich habe noch nicht sehr viel aus ihm herausbekommen,

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