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Meine Spur löscht der Fluß

Meine Spur löscht der Fluß

Titel: Meine Spur löscht der Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Othmar Franz Lang
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aber soviel ich verstand, hat er mir etwas von seiner Frau erzählt, die ein Baby auf dem Rücken trug und ertrunken ist. Nur begreife ich nicht, warum er darüber so froh ist...« (Die falsch verstandene Geschichte mit dem jungen Reh.)
    Watermans Brief ging weiter: »Heute morgen haben wir uns viel über Wildjagd unterhalten und darüber, wie man Eichelsuppe macht. Wenn ich mich nicht irre, steckt der Mann voller Religion. Bad bei Sonnenaufgang, Ausstreuen von Tabak, wo der Blitz eingeschlagen hat usw. Gestern abend haben wir ihm einige Pfeile gezeigt, er konnte sich kaum losreißen. Er zeigte uns, wie er die Spitze härtet, die Spitzen der Federn absengt.«
    Am nächsten Tag erschien der alte Batwi in Oroville. Er ließ zunächst Webber spüren, für wie wichtig er sich im Augenblick hielt, dann Waterman und zum Schluß den Indianer. Er, Batwi, trug einen schlechtsitzenden, abgetragenen westlichen Anzug, ein blauweiß gestreiftes Hemd mit etwas zerschlissenem, gestärktem Kragen und einen unmöglichen Schlips dazu. Er versuchte, seinem roten Bruder klarzumachen, welch weiter, weiter Weg es sein würde, bis er selbst nur annähernd so zivilisiert sein würde wie er. Den Indianer in der Zelle schien die Kleidung von Batwi jedoch nicht zu interessieren. Nur seine Worte waren für ihn interessant, von denen er eine Menge verstand. Außerdem wirkte er in seiner viel zu großen Fleischerschürze sehr viel würdevoller als Batwi.

    Während »der wilde Mann« sich mit Batwi unterhielt, rannte Waterman zwischen Telegrafenstation und der Dienststelle des Sheriffs hin und her. Kroeber in San Francisco rührte sich nicht. Waterman entschloß sich, mit ihm zu telefonieren. Das Gespräch kam zwar zustande, doch knackste es andauernd in der Leitung. Immerhin verstand Waterman so viel, daß man auf telegrafische Antwort vom Bureau of Indian Affairs in Washington warte, ob der Gefangene...
    Hier wurden die Nebengeräusche wieder einmal so stark, daß Waterman am liebsten eingehängt hätte, aber er schrie in die Leitung: »Hallo, Kroeber, hören Sie mich?«
    Endlich kam die Stimme Kroebers wieder. »Ich telegrafiere, sobald ich Antwort habe«, sagte er.
    »Und was machen wir mit unserem Mann?«
    »Wir wollen ihn irgendwie ins Museum bringen, aber ich brauche dazu eine Genehmigung aus Washington. Ich schicke, sobald ich sie habe, ein Telegramm.«
    Waterman hängte ein und ging zum Büro des Sheriffs zurück. Es war doch seltsam und geradezu verrückt. Wenn man einem Indianer kein Haar krümmen wollte, dann mußten der Amtsweg eingehalten und Genehmigungen eingeholt werden. Als ganze Stämme ausgerottet wurden, hatte man beide Augen zugedrückt und die grauenvollen Taten einfach nicht zur Kenntnis genommen. Man hatte Deportationen in Reservate verfügt, die legalem Mord gleichkamen, weil sie zur unrechten Zeit zum ungeeignetsten Ort führten. Ein großer Teil der Deportierten und zwangsweise Vertriebenen starb auf dem kräfteraubenden Marsch. In der Mehrzahl Kinder und Alte. Die Kranken wurden am Straßenrand liegengelassen, die anderen wie Vieh weitergetrieben. Die Starken, die endlich im zugewiesenen Reservat ankamen, verhungerten schließlich dort, wenn sie nicht vorher flohen...
    Waterman war nicht ungläubig genug, um zu meinen, daß alles Unrecht, aller Schmerz, den man den Indianern zugefügt hatte, ungesühnt bleiben würde. Die Strafe würde kommen. Zu einer Zeit, zu der man sie am wenigsten erwartete...
    »Die Weißen müssen die Indianer ablösen, weil die Weißen das Land so nutzen, wie es den Absichten des Schöpfers entspricht«, hatte Senator Thomas Hart Benton einst großmäulig vor dem Kongreß gesagt. Und was waren nach der Meinung der Weißen die Absichten des Schöpfers? Etwa die hemmungslose Ausbeutung des Landes zu dem einzigen Zweck, aus allem und jedem Geld zu machen? Die Ausrottung der Wildbestände, das Abholzen der Wälder? Systematisch hatte man den Eingeborenen die Grundlagen für ihre Existenz genommen. Riesige Rinderherden und Schafherden fraßen den Indianern ihr Wildgemüse weg, den Klee, den sie so mochten, wildwachsenden Lauch und verschiedene Zwiebelarten. Massenhaft frei umherlaufende Schweine taten sich an den Eicheln gütlich, dem Hauptnahrungsmittel der Yana. Die Weißen waren es, die die fischreichen Flüsse in Besitz nahmen oder verschmutzten. Durch hydraulischen Bergbau wurden Tausende Kubikmeter Schlamm und Dreck in den Sacramento gepumpt, und hier begann der Weiße bereits, nicht nur den

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