Meister und Margarita
– uns nach. Also rennen wir weiter – zum Timirjasew-Denkmal! …
– Doch das Pflichtgefühl –, schob Behemoth ein, – siegt über unseren schmählichen Kleinmut, und wir kehren um.
– Ach, ihr kehrtet um? –, schmunzelte Woland. – Nun, das Haus ist dann wohl ein Häuflein Asche.
– Ist es! –, bestätigte Korowjew verbittert. – Also jetzt buchstäblich, Messire. Sie haben den Nagel präzis auf den Kopf getroffen. Ein Häuflein Asche!
– Ich versuche –, erzählte Behemoth, – in den Sitzungssaal zu gelangen. Das ist der Saal mit den Säulen, Messire. Um wenigstens etwas Wertvolles zu bergen. Ach, Messire, meine Frau wäre zwanzigmal um ein Haar Witwe geworden! Natürlich nur, wenn ich eine hätte … Doch zum Glück, Messire, bin ich Junggeselle und genieße es, Junggeselle zu sein. Ach, Messire, ist es möglich, seine Freiheit gegen ein schweres Joch einzutauschen?
– Es folgt wieder lauter Kokolores –, bemerkte Woland.
– Freilich. Nun also … –, sagte der Kater, – genau … das Bild hier. Mehr war aus dem Saal leider nicht zu holen. Die Flamme schlug mir mitten ins Gesicht. Aus der Kammer rettete ich den Salm. Aus der Küche rettete ich die Schürze. Kurzum, Messire, ich tat, was ich konnte und verstehe beim besten Willen nicht, was Ihr skeptischer Ausdruck bedeuten soll.
– Und was tat Korowjew während dieses Raubzugs? –, fragte Woland.
– Ich half den Feuerwehrleuten, Messire –, sagte Korowjew und zeigte dabei auf seine angerissene Hose.
– Wenn dem so ist, dann wird man wohl ein neues Gebäude errichten müssen.
– Es wird eines errichtet werden, Messire –, antwortete Korowjew, – ich versichere Ihnen.
– Nun, dann möge es ein besseres sein als das alte –, wünschte sich Woland.
– Genau das wird es, Messire –, sprach Korowjew.
– Also, mir können Sie ruhig glauben –, ergänzte der Kater, – ich bin fast so was wie ein Prophet.
– Jedenfalls sind wir jetzt da, Messire –, meldete Korowjew, – und warten auf Ihre weiteren Anweisungen.
Woland erhob sich von seinem Hocker. Trat an die Brüstung. Schwieg noch lange. Allein. Mit dem Rücken zu seinem Gefolge. Er stand und schaute weit vor sich hin. Ging wieder vom Dachrand fort. Nahm Platz.
– Es wird keine Anweisungen geben. Ihr habt alles getan, was in eurer Macht lag. Weitere Dienste sind im Augenblick nicht erforderlich. Ihr könnt euch ausruhen. Ein Sturm zieht auf. Der letzte Sturm. Er wird alles zu Ende bringen, was noch zu Ende gebracht werden muss. Und dann machen wir uns auf die Reise.
– Das ist gut, Messire –, sagten die beiden Clowns. Und weg waren sie – hinter der runden Kuppel – dort in der Mitte der Terrasse.
Der Sturm, von dem Woland gesprochen hatte, sammelte sich bereits am Horizont. Eine schwarze Wolke stieg auf im Westen, schnitt erst die Hälfte der Sonne ab und bedeckte sie dann vollkommen. Oben wurde es frisch. Eine Weile später kam das Dunkel.
Dieses Dunkel, das vom Westen herschlich, überzog nun die gewaltige Stadt. Schon verschwanden die Brücken und die Paläste. Alles verschwand, wie nie gewesen. Den gesamten Himmel durchfuhr jetzt ein einzelner Feuerfaden. Die Stadt erbebte von einem Schlag. Dann von einem zweiten: Der Sturm begann. Und verhüllte Woland mit seinem Düster.
Kapitel 30
Es wird Zeit!
– Weißt du –, sagte Margarita, – als du gestern Nacht eingeschlafen warst, las ich über das Dunkel, das vom Mittelmeer schlich … Und diese Götzen, ach, diese goldenen Götzen! Die haben es mir irgendwie angetan … Ich glaube sogar jetzt noch: Gleich kommt der Regen. Merkst du? – Es hat etwas aufgefrischt.
– Das ist ja alles schön und gut –, sprach der Meister, während er rauchte und den Dunst mit der Hand auseinanderschlug, – diese Götzen, alles ganz nett … Doch was geschieht weiter? Also mir ist das schleierhaft!
Es war die Stunde des Sonnenuntergangs (gerade als oben auf der Terrasse Levi Matthäus vor Woland erschien). Das Kellerfenster stand offen und gewährte, von außen betrachtet, ein kurioses Bild: Margarita trug einen schwarzen Umhang, direkt über den nackten Körper gestreift. Der Meister seine Krankenhauswäsche. Was hätte Margarita auch anziehen sollen? Sämtliche Sachen in der Villa geblieben! Die ist zwar nicht weit, aber dorthin gehen und sie holen? – Nein, ausgeschlossen! Der Meister (dessen Jacketts alle im Schrank hingen, so als sei er überhaupt nicht fortgewesen) wollte sich partout nicht ankleiden. Er
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