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Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia

Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia

Titel: Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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Männliches, etwas Mutiges für sie tat. Und weil sie hoffte, dass die Aussicht auf die gemeinsame Nacht mit ihr ihm die Kraft geben würde, seine größtes Problem, die Angst vor engen, geschlossenen Räumen für immer zu überwinden.
    An jedem Abend vor einem Jahr war Karla leicht angetrunken gewesen. Sie hatte wohl ernsthaft geglaubt, ihn heilen zu können. Das Opfer, das sie zu geben bereit war, verwandelte sich in ein Unglück, ja, sogar in ein Verbrechen. Tim war danach nicht mehr ansprechbar gewesen, ein zitterndes, schweißnasses, Rotz und Wasser heulendes Etwas, und das war er geblieben, bis der Notarzt ihm starke Beruhigungsmittel gespritzt hatte. Man hatte ihn auf direktem Weg in eine Anstalt gebracht, und dort hielt er sich bis heute auf.
    Johannes seufzte tief, und jedes Wort der Kritik, das er an Karla gerichtet hatte, tat ihm leid.
    Sie mussten nicht lange auf Harald warten. Er war geladen, als er herauskroch. Er packte Karlas Jacke, knüllte sie zusammen und warf sie zornig auf den dreckigen Boden. „Was für komische Ideen hast du eigentlich?“, schnauzte er sie an. „Kannst du dir vorstellen, wie scheiße sich das anfühlt, wenn man in diesem Loch steckt, und plötzlich knipst jemand das Licht aus?“
    „Lächerliche acht Meter“, sagte Karla kalt. „Menschen laufen hundert Meter in zehn Sekunden.“
    „Verdammt!“ Harald rannte auf sie zu, packte sie am T-Shirt, tat so, als wolle er sie zu sich herziehen, und stieß sie dann ansatzlos zu Boden.
    „Au! Spinnst du?“, schimpfte Karla und blieb liegen.
    „Leute! Leute, bleibt cool!“ Johannes lief los, dann drehte er sich um, ging zurück, nahm sein Hemd vom Eingang der Röhre und lief auf die beiden zu, während er es sich wieder anzog. Er streckte Karla die Hand entgegen, und sie ließ sich von ihm aufhelfen.
    „Ihr seid Scheißfreunde“, zischte Harald. Er konnte sich noch immer nicht beruhigen.
    „Was ist denn passiert? Verstehst du auf einmal keinen Spaß mehr, Mann?“, maulte Karla.
    Johannes schluckte und sagte etwas, was ihm sofort wieder unangenehm sein würde: „Karla, ich glaube, er ist da drin im Dunkeln ihm begegnet …“
    „Ihm? Wovon redest du?“ Harald fixierte ihn angriffslustig.
    Karla antwortete an Johannes’ Stelle. „Du weißt, wen Jo meint. War er da drin? Hast du ihn gehört? Gespürt?“
    „Ich habe keine Gespenster gesehen, wenn ihr das meint“, entgegnete Harald und spuckte neben sich auf den Waldboden. „Ich hatte noch nicht einmal Angst. Es ist nur verdammt unbequem ohne einen Lichtstrahl.“
    „Tim ist kein Gespenst“, korrigierte ihn Karla.
    Harald hob aufgebracht die Arme. „So, er ist kein Gespenst. Na und? Würdest du gerne in den Schrank gesperrt werden, in den du ihn gesperrt hast, hm? Sollen wir zurück zur Herberge gehen und sehen, wie lange du es da drin aushältst? Das wäre doch auch mal eine Idee, und nicht die schlechteste!“ Auch er hatte ein hochrotes Gesicht bekommen und trat unruhig von einem Fuß auf den anderen, als würde er gleich explodieren.
    „Ich bin der nächste“, platzte Johannes’ Stimme dazwischen. Die beiden anderen sahen ihn an, als hätte er etwas vollkommen Abwegiges gesagt. „Erst Harald, dann ich, dann Karla. So war es doch abgemacht, oder? Ihr könnt die Ausgänge ruhig abdunkeln, wenn ihr wollt. Das geht in Ordnung.“ Das Zittern seiner Stimme strafte seine gelassenen Worte Lügen. Er hockte sich vor dem Eingang nieder, beugte sich vor und verschwand langsam in der Röhre.
    Karla und Harald schwiegen. Ihnen fiel nichts mehr ein. Dass Johannes von sich aus hineinkroch, war mutig. Andererseits konnte man es auch als Geste des Spottes verstehen. Während die beiden sich aufregten, spielte ausnahmsweise einmal Johannes den Coolen und ließ die Streithähne einfach stehen.
    Langsam schlenderten sie ans obere Ende, an dem er herauskommen würde. Harald warf einen Blick hinein, konnte aber nur einen Schatten erkennen. Er sah an den Himmel. In der nächsten halben Stunde würde es regnen – so viel war sicher.
    Plötzlich kam ein merkwürdiges Geräusch aus der Röhre, das die beiden zunächst nicht einordnen konnten.
    Es war wie ein … Gesang, ein Choral, merkwürdig verzerrt, mit elektronischem Klang, aber gleichzeitig auch mit dem stumpfen Hall der Röhre versehen. Unwillkürlich wich Harald einen Schritt zurück, bis die Stimme von Johannes zu vernehmen war:
    „So eine Schande!“ Johannes sagte niemals Verdammt oder Scheiße. Er sagte immer nur: So

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