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Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia

Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia

Titel: Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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nutzte das nichts. Sie hatte es mit einer … einer Vorrichtung zu tun, einer Konstruktion.
    Die Wände drangen weiter auf sie zu.
    Sie musste sich jetzt entscheiden, in welcher Richtung sie sterben wollte. Sie versuchte noch eine Drehung, aber es ging nicht mehr, auch nicht, wenn sie ihre Schultern kippte. Das Holz drückte erbarmungslos gegen ihren Rücken und ihre Brust, ihr gelangen nur noch flache Atemzüge. Die Wände nahmen auch ihren Kopf in die Zange. Sie drehte ihn zur Seite, um weitere Zentimeter zu gewinnen. Zentimeter waren Sekunden. Sekunden waren wertvoll. Sie erschrak, als Tränen in breiten Strömen über ihre Wangen liefen. Ihr war gar nicht aufgefallen, dass sie weinte.
    Warum nur hörte sie Tims Stimme nicht? Sie hätte so gerne mit ihm geredet. Es war furchtbar, getötet zu werden, ohne noch einmal mit ihm sprechen zu können.
    „Tim, das bist nicht du“, gurgelte sie.
    [ ... ]
    „Tim, Gott, Tim … Du bist nicht tot.“
    [nein?]
    War das seine Stimme? „Nein! Nein! Wir haben dich nicht getötet. Du kannst kein Gespenst sein!“ Sie beeilte sich. Gott, sie hatte keine Chance mehr gegen den Mechanismus, der sie zerquetschte, aber sie wollte es wenigstens versuchen.
    [vielleicht-gibt-es-mehrere-arten-von-tod-gina] [vielleicht-meinst-du-den-einen-und-ich-den-anderen] [vielleicht-reden-wir-aneinander-vorbei]
    Ihr Kopf, ihr Körper waren wie in einen Schraubstock gespannt – das Atmen funktionierte nicht mehr richtig, nur noch ein kleines bisschen. Es würde bald zu Ende sein. Selbst wenn die Wände in dieser Stellung stehen blieben, würde sie es wohl nicht lange überleben.
    „Ist das deine Stimme, Tim?“, krächzte Gina. Ihr Beine gaben nach, aber sie konnte nicht in sich zusammensacken, blieb einfach dort stehen in dem winzigen engen Zwischenraum, der ihr noch geblieben war. „Ist das“, keine Luft, keine Luft mehr, „ist das … dei… ne … Sti…“
    [du-sprichst-mit-dir-selbst-gina] [das-ist-der-nahende-tod]
    Sie dachte, es sei schlimm, nicht mehr atmen zu können. Aber das stimmte nicht. Jetzt begannen die Schmerzen, und diese waren schlimmer. Ihre Ohren – ihr Schädel – die Rippenknochen. Sie wollte noch etwas sagen, jetzt, wo sie die Stimme hörte, wollte sie noch einmal betonen, dass sie Gina war, nicht Karla. Aber sie konnte nicht mehr.
    Und es machte auch keinen Sinn. Sie spürte, dass Tim nicht da war. Sie war alleine. Starb, ohne zu wissen, weshalb …

5
    „Sollen wir das tun, was Gina getan hat?“ Karla schlüpfte aus ihrer Jacke und hielt sie neben sich, fast wie es ein Matador tat. Das Kleidungsstück war orange, ein ähnlicher Ton wie ihre Haare. „Komm, zieh dein Hemd aus.“
    „Ich … soll mein …“ Johannes tänzelte zur Seite, auf das Ende des Rohres zu, in das Harald eben gekrochen war. Harald verhielt sich im Inneren der Betonröhre so leise, dass man ihn nicht hören konnte. Es schien beinahe, als wäre er irgendwohin verschwunden. Oder würde sich da drinnen gar nicht rühren.
    „Denk bloß nicht, ich würde das sagen, damit ich deinen Luxuskörper sehen kann“, grinste Karla. „Es geht nur um den Spaß.“
    „Ich glaube, wir haben unterschiedliche Auffassungen davon, was Spaß macht“, erwiderte er rasch. „Ich fand es schon damals widerlich.“
    „Ich auch“, meinte Karla. „Damals. Ich hab nur mitgemacht, weil es Ginas Idee war und ich nicht wollte, dass sie einschnappt. Aber jetzt ist es etwas völlig anderes. Unser Großmaul ist da in der Röhre.“ Sie klopfte auf den Beton, was er nicht zu hören schien. Jedenfalls reagierte er nicht darauf. „Ist es so verwerflich, einem Wichtigtuer wie Harald die Sache ein kleines bisschen schwerer zu machen?“ Leichtfüßig lief sie zum oberen Ende der Röhre hinauf und hängte ihre Jacke darüber. Aus dem Inneren hallte ein dumpfer Protestschrei heraus. „Komm schon, Jo“, flüsterte Karla verschwörerisch. „Du sollst nur dein Hemd auf die andere Seite hängen, sonst nichts!“
    „Dann wird es stockfinster da drin …“
    „Gott, ja! Genau! Das ist der Punkt. Mann, jetzt mach schon! Er wird sich schon nicht in die …“
    [oh-doch-karla-täusch-dich-nicht] [machmal-machen-sich-große-jungs-tatsächlich-in-die-hose] [so-was-kommt-vor]
    Johannes knöpfte sein Hemd auf, streifte es ab und hängte es zögernd über die zweite Öffnung. Sein schlanker Oberkörper war blass, und er schien sich zu schämen, ob für das, was er tat, oder dafür, wie er aussah, war unklar. Das Hemd war aus stabilem

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