Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia
Anfall von Klaustrophobie und sehe die Dinge verzerrt. Bis die Wände ihre Schultern erreichten. Erst als das geschah, begriff sie mit einem Schlag, dass das Grauenvolle wirklich passierte. Dass sie wertvolle Zeit vertrödelt hatte, die sie mit weiteren Ausbruchsversuchen hätte sinnvoller füllen können.
Hektisch suchte sie die Kleiderbügel zusammen. Inzwischen waren bis auf einen alle zu Boden gefallen. Sie hob sie auf und versuchte sie zwischen die beiden sich aufeinander zu bewegenden Wände zu klemmen. Ihr Atem ging stoßweise, ihre Knie waren weich geworden. Zuerst funktionierte es nicht, weil die Wände noch zu weit voneinander entfernt waren. Es war nur ein winziger Zeitpunkt, in dem sie die Distanz hatten, die der Länge der Bügel entsprach. Bebend am ganzen Leib sehnte sie diesen Moment herbei und fürchtete ihn doch zugleich. Längst konnte sie nicht mehr parallel zur Tür stehen, musste ihre Schultern ein wenig schräg stellen, um nicht eingeklemmt zu werden.
Jetzt!
Sie hatte alle acht Bügel auf einmal in die Hand genommen und spannte sie zwischen die Wände. Zwei davon rutschten sofort zur Seite weg, entglitten ihren zitternden Fingern und fielen mit einem hellen Klappern auf den dicken Holzboden. Die anderen hielten dem Druck einen Moment stand, bogen sich und zerbrachen dann krachend.
Gina schrie. Sie schrie nicht, um gehört zu werden, sondern um nicht den Verstand zu verlieren.
Wie viel Zeit war vergangen, seit die Schranktüren sich geschlossen hatten, seit die Wände sich zu bewegen begonnen hatten? Fünf Minuten? Weniger?
Es ging so schnell. So gnadenlos schnell. Wenn es eine Folter war, ein teuflischer Plan, warum ließ man sie dann nicht länger leiden? Fünf Minuten. Und noch fünf Minuten, dann war sie Brei, zerquetscht von dem Schrank. Der Tod raste heran. Lasst mich länger leiden! , pulste es in ihr.
Wer steckte dahinter? Wer tat ihr das an?
Natürlich Tim. Wer, wenn nicht er? Aber wie schaffte er das? Saß er nicht in seiner Anstalt? Waren ihre Informationen falsch, Briefe und Fotos getürkt, Telefongespräche manipuliert? Befand er sich in Wirklichkeit hier im „Haus Braun“? Hatte er Henry geholfen, das Haus zu renovieren … und dabei eine tödliche Falle in diesen Schrank eingebaut? In den Schrank, in dem er vollends den Verstand verloren hatte, in dem sein angegriffener, instabiler Geist den letzten Schritt zum Wahnsinn gegangen war?
Hätte Karla wieder hier wohnen sollen? Sie, die am meisten Schuld hatte? War er davon ausgegangen, dass sie dasselbe Zimmer noch einmal wählen würde? Wer weiß, vielleicht hätte sie es sogar getan, wenn … ja, wenn Henry ihr nicht den Raum daneben angeboten hätte.
Henry! Wenn jemand diesen Schrank aufbrechen konnte, dann Henry!
Sie brüllte seinen Namen, mit überschnappender Stimme. Trommelte gegen die Tür. Dann drückte sie ihre Arme mühsam an ihrem Körper vorbei – ein, zwei Minuten, dann würde sie nicht einmal mehr dazu fähig sein – und pochte diesmal gegen die Rückwand. Wenn Henry sie nicht hörte, dann musste Karla sie hören. Die Rückwand des Schranks war verbunden mit der Wand ihres Zimmers. Nein, Karla hielt sich ja nicht mehr dort auf! Sie war mit den beiden anderen hinausgegangen, spazieren.
Gina würde tot sein, bis sie zurückkehrten.
Das Holz war so dick wie die Wände der Hölle. Sie hörte keinen Laut mehr von draußen. Keine Stimmen, kein Lachen, keine Schritte auf den Treppenstufen, sie wusste nicht einmal, ob die Jungs unten noch Tischfußball spielten. Nicht einmal das durchdringende Klacken der schweren Kunststoffkugel erreichte sie mehr. Sie war schon ein bisschen tot, nicht mehr Teil der Welt.
Wenn sie doch nur mit Tim hätte sprechen können! Wenn er doch nur wirklich ein Geist gewesen wäre, dann hätte sie vielleicht mit ihm reden können. Ihm sagen, dass sie Gina war, Gina, nicht Karla. Dass nicht sie es war, die am meisten Schuld auf sich geladen hatte. Gut, an dieser Röhre im Wald hatte sie etwas getan, was nicht in Ordnung gewesen war. Aber dafür hätte sie sich jederzeit entschuldigt. Und sie war sicher, dass es ihm nicht viel getan hatte. Sie war nicht so grausam gewesen wie Karla. Karla hatte ihn auf dem Gewissen – das wussten sie alle. Konnte man von einem Geist nicht erwarten, dass er wusste, an wem er sich zu rächen hatte?
„Bitte!“, hätte sie ihn angefleht. „Diese Falle ist für jemand anderes.“
Gina merkte, dass sie die Worte tatsächlich aussprach. Aber natürlich
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