Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia

Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia

Titel: Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
Vom Netzwerk:
[ich-hätte-es-nicht-verbocken-sollen]
    „‚Tim’, sagten wir, ‚Tim, du kannst unser Freund sein, wenn du die Probe bestehst. Du musst nur durch die Röhre schlüpfen. Lächerliche acht Meter. Ein Mensch kann hundert Meter in zehn Sekunden laufen, Tim, acht Meter sind nichts.’“
    [acht-meter-durch-einen-kochenden-fluss] [acht-meter-durch-ein-hornissennest] [acht-meter-unter-einem-einstürzenden-gebäude-hindurch] [acht-meter-sind-eine-so-so-so-lächerliche-entfernung-harald]
    „Hör auf“, beschwerte sich Johannes. „Wenn ich gewusst hätte, dass du uns das alles noch einmal auftischen willst, wäre ich nicht hierhergekommen.“
    „Aber ich will es euch nicht auftischen! Ich will, dass wir Schluss damit machen, ein für alle Mal. Und ich habe eine Idee, wie wir das anpacken könnten. Tim musste durch die Röhre hindurch, um unser Freund zu werden, richtig? Okay, er hat es nicht gepackt. Er blieb irgendwo in der Mitte sitzen und begann zu heulen.“
    [ein-paar-tränen] [was-sind-schon-ein-paar-tränen] [und-die-paar-schreikrämpfe] [und-das-bisschen-in-die-hose-machen-bei-einem-sechzehnjährigen?]
    „Das konnten wir nicht gelten lassen. Wir mussten hart bleiben. Aber unsere Freundschaft – die Freundschaft von Karla, Gina, dir und mir – ist jetzt auch in Gefahr, eben wegen dieser Sache, weil sie passiert ist, und weil wir dazu tendieren, sie uns gegenseitig vorzuhalten. Vor allem du tust das, Jo!“
    „Ich habe versprochen, nichts mehr zu sagen. Ich schwöre, ich halte mich daran.“
    „Gut. Dann besiegle deine Worte, indem du das Ritual ausführst, das du Tim aufgeladen hast.“
    „Was?“ Johannes lachte nervös. „Ich habe Tim kein Ritual aufgeladen! Das warst …“
    „Siehst du? Siehst du, du fängst schon wieder an!“ Harald ging mit schnellen Schritten auf ihn zu, legte die Hand zum zweiten Mal auf seine Schulter. Diesmal hielten seine Finger den Schulterknochen schmerzhaft fest umklammert. „Schuldzuweisungen! Eben hast du noch geschworen, nichts mehr zu sagen, und schon fängst du wieder damit an. Verstehst du jetzt, warum ich mich mit Schwüren und Versprechungen nicht mehr zufrieden geben kann? Warum ich etwas Großes … Feierliches brauche?“ Seine Stimme war laut geworden. Laut und aggressiv. Johannes spürte den Wunsch, sich abzuwenden, wegzulaufen, aber er zwang sich zur Ruhe.
    „Du denkst wirklich, unsere Freundschaft wird … fester, wenn ich auch durch das dumme Rohr krieche?“
    „Wir werden alle hindurch kriechen. Heute wir drei, und morgen bringen wir dann Gina hierher. Die Clique.“
    „Dann möchte ich es auch morgen tun. Oder übermorgen.“
    [morgen-übermorgen-über-über] [über-über-über]
    „Weißt du nicht mehr?“, spottete Harald. „Das hat Tim auch gesagt. Das sagen alle Feiglinge.“
    „Du zuerst, Harald“, warf Karla ein. „Dann Jo, dann ich.“
    „Okay. Okay!“ Harald ließ Johannes los, spreizte die Arme ab, machte die Geste der Unbestimmtheit. „Mir soll’s dermaßen recht sein.“ Lässig drehte er sich um, schlenderte zum Ende des Rohrs zurück, ging in die Hocke und warf einen langen Blick hinein. Erstaunlich, wie finster es in einem solchen Rohr werden konnte! Er sah den Kreis aus stumpfer Helligkeit, der den Ausgang markierte, aber er schien viel weiter entfernt zu liegen als nur acht Meter. Hier am Eingang konnte man noch die leicht poröse Struktur des Betons erkennen, doch schon ein kleines Stück weiter innen herrschte nur noch Dunkelheit. Das einzig Sichere war der Kreis am anderen Ende. Rein theoretisch hätte es auf halber Strecke ein tiefes Loch im Boden geben können, ohne dass es ihm aufgefallen wäre. Falls dort eine Schlange lag oder eine Blutlache war, würde er sie erst bemerken, sobald er sie berührte.
    Natürlich konnte es das Loch, die Schlange und auch die Blutlache nicht geben. Aber sie fielen ihm ein, kamen ihm ins Gedächtnis, ohne dass er etwas dagegen tun konnte. Er fragte sich, an was Tim damals gedacht hatte, kurz, bevor er hineinkroch.
    [an-nichts] [an-nichts-was-du-dir-vorstellen-könntest] [jedenfalls-hätten-mich-schlangen-und-blutlachen-nicht-zum-weinen-und-zum-schreien-und-zum-einnässen-gebracht] [das-kannst-du-mir-glauben]
    Vorsichtig streckte Harald seine Hände ein Stück ins Innere, zog den Kopf ein und brachte sich dann vorsichtig in eine Haltung, die aussah, als würde er gleich mit Liegenstützen beginnen. Das Innere der Röhre war weitgehend sauber, wie er gleich zu Beginn festgestellt hatte, doch

Weitere Kostenlose Bücher