Memoiren 1945 - 1987
Beschwerden fast vergessen. Mein Lebensmut erwachte.
Zuerst zeigte ich die Dias meinen Freunden — sie staunten vor Begeisterung. Dann verständigte ich den «stern». Von den über zweitausend Fotos war mehr als die Hälfte gut, viele waren sogar sehr gut. Als Rolf Gillhausen die Aufnahmen sah, war er außerordentlich beeindruckt. «Noch nie», sagte er, «habe ich solche Fotos gesehen.» Schon wenige Tage danach erwarb der «stern» die Erstrechte für die Veröffentlichung in Deutschland, sofort darauf Michael Rand für das «Sunday Times Magazine». Von nun an begann ein unaufhaltsamer Siegeszug der Kau-Bilder durch die ganze Welt, nicht nur in Europa, ebenso in Amerika, Australien, Japan und sogar in Afrika. Das betraf nicht nur Veröffentlichungen in den Zeitschriften, neue Buch-Verleger meldeten sich. So wurde ich von Sir William Collins und seinem Verlag zur Vorführung meiner Dias nach London eingeladen. Mein erster Nuba-Bildband war außerhalb Deutschlands nur in den USA erschienen. In London entschloß sich Collins sofort zu beiden Bildbänden. Die Weltrechte für die «Nuba von Kau» hatte List erworben. Nun folgten auch Frankreich, Spanien, Italien und Japan. Ich erinnere mich, daß nur einige Jahre vorher ein namhafter Münchener Verlag, bekannt für die Produktion hervorragender Bildbände, dem die Aufnahmen sehr gut gefallen hatten, bedauernd erklärte, es könne leider höchstens mit dem Verkauf von 3000 Büchern gerechnet werden, und dies allenfalls auf dem Subskriptionsweg.
Es kam alles so überstürzt, daß ich nicht wußte, mit welcher Arbeit ich zuerst beginnen sollte. Ich mußte die Texte schreiben und auch das Bildlayout übernehmen. Da ich mich noch schwach
fühlte, beschloß ich, erst einmal alles hinauszuschieben und Urlaub zu machen.
Grand Cayman und Virgin Islands
W as für ein herrliches Gefühl, sich nach dieser harten Expedition und dem Wirbel, der ihr folgte, in dem blauen Wasser der Karibik zu entspannen! Die Unterwasserwelt in der Karibik ist von einer anderen Flora und anderen Fischen belebt als die des Roten Meers oder des Indischen Ozeans. Jeden Tag entdeckte ich Neues. Die Insel war uns von Tauchfreunden empfohlen worden. Wir wohnten in einem kleinen Bungalow in der «Spanish Bay Reef» und versäumten nicht einen Tauchgang. Hier waren nur Taucher versammelt, einige gute Unterwasserfotografen und ein Meeresbiologe. So führten wir viele anregende Gespräche. Der Aufenthalt hier war für uns wie ein Lehrgang. Fast jeden Abend fanden Diavorträge statt, die uns zum ersten Mal wissenschaftlich über die vielen kleinen Lebewesen im Meer informierten. Jetzt sah ich beim Tauchen meine Umgebung mit ganz anderen Augen. Eine wunderbare Bereicherung. Hier konnten wir auch zum ersten Mal an Nachttauchgängen teilnehmen. Welch ein Erlebnis, nachts ins dunkle Wasser zu springen und dann im Lichtkegel der Unterwasserlampe die schlafenden Fische zu beobachten, die sich sogar berühren lassen. Bei jedem Tauchgang fotografierte ich und wußte sehr bald, daß meine bescheidene Fotokamera bei weitem nicht ausreichte. Ich besaß damals nur eine einzige Optik. Auch stellte ich fest, daß das Fotografieren unter Wasser unendlich viel schwieriger ist als über Wasser.
Nachdem wir die meisten Plätze hier schon kannten, beschlossen wir, in den viel weiter östlich in der Karibik liegenden «Virgin Islands» zu tauchen. Aus der Literatur hatte ich erfahren, daß dort viele sehr interessante Fischarten lebten.
Über Miami und Puerto Rico flogen wir nach St. Thomas, einer Insel von großer landschaftlicher Schönheit, die leider von zu viel Touristen bevölkert wird, da man hier fast alles zollfrei kaufen kann. Es gibt da eine Geschäftsstraße, in der es sämtliche Spirituosen, kostbare Parfüms und jede Art Schmuck zu kaufen gibt. Mir genügten eine Taucheruhr und einige Pullover, ich genoß aber die Abende in den zauberhaften kleinen Restaurants, die versteckt in den grünen, über dem Meer aufsteigenden Hügeln liegen und in
deren Gärten stark duftende Tropenpflanzen wachsen.
Das Tauchen hier war weniger erfreulich. Der erste Tauchgang, den wir unternahmen, verlief gefährlich. In dem Boot, mit dem wir hinausfuhren, waren wir nur zu viert. Der Tauchlehrer, ein junger Mann, fuhr zu einem im Meer liegenden breiten Felsen. Er empfahl uns, um den Felsen herumzutauchen. Kaum waren Horst und ich im Wasser, gerieten wir in eine so starke Strömung, wie wir sie bisher noch nie
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