Memoiren 1945 - 1987
Schwarzmarkt-Geschäfte weiter, keineswegs nur mit meinen, sondern ebenso mit anderen ausländischen Filmen, besonders solchen, die vor 1945 hergestellt wurden. Selbst die Anwälte in New York kannten sich nicht aus. Ich hatte mit verschiedenen verhandelt. Jeder gab eine andere Auskunft, bis ich keinen anderen Weg mehr sah, als mich in Washington in der Rechtsabteilung der «Library of Congress» selbst zu informieren.
In allen Abteilungen fand ich Entgegenkommen, bis ich aber eine klare Antwort erhielt, mußte ich mich bis zum höchsten Chef der zuständigen Rechtsabteilung durchfragen. Zu meiner Überraschung war dies eine Frau, Mrs. Dorothy Schröder. Von ihr erhielt ich Rat und Hilfe. Als auf ihre Anweisung die in der «Library» archivierten Unterlagen durchgesehen wurden, entdeckte ich, daß ein gewisser Mr. Raymond Rohauer schon 1940 auf seinen Namen die Urheberrechte meiner beiden Olympiafilme eintragen ließ. Da erinnerte ich mich, daß mir Ernst Jäger vor Jahren aus Californien geschrieben hatte, ein Herr Rohauer führe in seinem Kino in Hollywood meine Filme vor und habe den «Triumph des Willens» über ein Jahr in einem Kino in San Francisco gezeigt. Die Vorstellungen seien immer ausverkauft gewesen. In der Tat fiel mir wieder ein, er hatte mich einmal mit Buster Keaton, dessen Filme er neu herausbrachte, in meiner Münchner Wohnung besucht, mir alle möglichen Märchen erzählt und versprochen, mir 50 Prozent seiner bisherigen Gewinne aus meinen Filmen zu zahlen. Ich erhielt nicht eine Mark, hörte auch nie wieder ein Wort von ihm. Seine Copyright-Eintragung für die Olympiafilme war glatter Betrug. Ein Anwalt der «Library» sagte mir, Mr. Rohauer sei wegen ähnlicher Delikte schon mehrmals verklagt worden.
Ich hatte nicht das Geld, um in Amerika Urheberrechts-Prozesse zu führen, und daher keine andere Wahl, als es auf einem anderen Weg, den mir Mrs. Dorothy Schröder empfahl, zu versuchen. Ich sollte kleine Änderungen an meinen Filmen vornehmen, sie beispielsweise mit englischen Untertiteln versehen und ein neues Copyright beantragen. Hier lag eine Chance, aber sie bedeutete viel Arbeit und war sehr kostspielig. An fünf Filmen mußten Änderungen vorgenommen und neue Kopien hergestellt werden. Um die «Certification» für die neuen Copyrights zu erhalten, muß in der
«Library» eine Kopie jedes Films hinterlegt werden, die alle im Antrag anzugebenden Änderungen enthält. Ich entschloß mich zu diesem Verfahren.
Mir schwirrte der Kopf. Schon die Beschäftigung mit juristischen Fragen machte mich krank. Daher war ich froh, als mich das «National Geographic Magazine» einlud, meine neuen Nuba-Aufnahmen vorzuführen. Seit der Verstimmung, die ich vor Jahren mit dem Magazin hatte, was mich damals an den Rand der Verzweiflung getrieben hatte, war dies eine erste Verbindung. Alles schien vergessen zu sein. Ich wurde auch freundlich empfangen und die Vorführung ein großer Erfolg. Da es mir unmöglich war, die Originale dort zu belassen, Duplikate erst hergestellt werden mußten, vereinbarten wir, daß ich im Herbst wiederkomme. Bill Garrett, der Art-Director, äußerte den Wunsch, das Layout mit mir gemeinsam zu machen. Ich war erleichtert, daß ein freundschaftliches Verhältnis mit diesem wichtigen amerikanischen Magazin wieder zustande gekommen war.
Auch bei meinem amerikanischen Verleger, Harper & Row, hinterließen die neuen Aufnahmen tiefen Eindruck. Frances Lindley, die langjährige Mitarbeiterin des Verlags, beglückwünschte mich und sagte, noch ehe wir über Einzelheiten eines Vertrages sprachen, der Verlag werde mindestens 10 000 bis 15 000 Bücher bestellen.
Einen Tag vor meinem Rückflug konnte ich mich in einem herrlichen Haus, ungefähr eine Stunde von Manhattan entfernt, noch entspannen. Wir hatten eine Einladung von Frank Barsalona erhalten, einem der erfolgreichsten amerikanischen Plattenmanager, der insbesondere durch die Beatles unzählige Goldene Platten erhalten hatte. Sein Haus war, soweit man sehen konnte, von dichten Wäldern umgeben. Ich war hingerissen. Hier lernte ich neben anderen Künstlern auch den Filmregisseur Martin Scorsese kennen, eine höchst bemerkenswerte Persönlichkeit, zu der ich sofort guten Kontakt hatte. Auch hier erregten meine neuen Aufnahmen wie überall Staunen, und ein fröhlicher Abend beschloß meine Reise.
Ein Schicksalsschlag
I n München erwartete mich eine schlimme Nachricht. Ein Freund, dem ich meine Ersparnisse
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