Memoiren 1945 - 1987
erlebt hatten, wir mußten mit allen Kräften kämpfen, um wieder zum Boot zu kommen. Das erste Mal, daß wir uns beim Tauchen in Gefahr befunden hatten.
Am folgenden Tag besuchten wir die nahebei liegende kleine Insel St. John, auf der Rockefeller einen traumhaft schönen Naturpark anlegen ließ. Wir riskierten es noch einmal, mit einem fremden Tauchlehrer zu gehen, und dieser Tauchgang entschädigte uns für den gestrigen. Zuerst versprach ich mir nicht viel, das Wasser sah ungewöhnlich trüb aus. Da deutete Horst in eine Richtung, und verschwommen sah ich etwas Dunkles und Großes unbeweglich im Wasser liegen. Es sah aus wie eine Tonne, die sich plötzlich bewegte, und ich erkannte einen riesengroßen Fisch, keinen Hai, sondern einen uralten Barsch, einen Judenfisch, wie die Fischer ihn nennen. Wir folgten ihm und sahen ihn auf eine Höhle zuschwimmen. Beim Näherkommen entdeckte ich, daß in der Höhle zwei große Haie lagen, anscheinend Sandhaie, hinter die sich der riesige Fisch in den Sand legte. Ein unglaublicher Anblick. Der Fisch war so gewaltig, daß sein Körper hinter den Haien in der Höhle einem Tapetenmuster glich. Nach dem Tauchgang war der Tauchlehrer so aufgeregt, daß er sich gar nicht mehr beruhigen konnte. Immer wieder beteuerte er, er habe hier noch nie einen so großen Judenfisch gesehen, obgleich er seit vielen Jahren fast täglich tauche. Als wir nach einigen Tagen wieder auf die Insel kamen, bat er uns, seinen Bekannten dieses Taucherlebnis zu erzählen, da ihm niemand geglaubt hatte.
Unweit von St. Thomas, in der Nähe der englischen Insel Tortola, lag die berühmte «Rhone», angeblich für Taucher das schönste Wrack der Karibik, in dem die Amerikaner Aufnahmen für ihren Film «Die Tiefe» machten. Das Schiff, ein englischer Postdampfer von einhundert Meter Länge, war 1867 während eines Hurrikans gesunken. Bei ihm wollte ich gern tauchen. Mit einem der kleinen Wasserflugzeuge, die in den Virgin-Islands von Insel zu Insel hüpfen, waren wir in 20 Minuten in Tortola. Dort lernten wir den
amerikanischen Unterwasserfotografen George Marier kennen, der uns gleich am ersten Tag mit seinem Schnellboot an die Stelle brachte, wo die «Rhone» liegt. War ich bisher schon dem Tauchen verfallen, so geschah es hier endgültig. In dem großen Wrack, in einer Tiefe von 10 bis 26 Meter liegend, hatten sich unzählige Fische einquartiert: Muränen, Barsche, Trigger- und Doktorfische, Barakudas und Papageifische, in überwältigender Vielzahl. Auch das Wrack selbst war eine Attraktion. Man konnte an verschiedenen Stellen hineinund an anderen wieder hinausschwimmen.
Aber nicht nur die «Rhone», auch die Riffe, an denen George Marier mit uns tauchte, waren phantastisch. Er lieh uns eine 16mm-Unterwasserfilmkamera, und so konnte Horst mich hier zum ersten Mal beim Tauchen filmen.
The Library of Congress
V or unserer Rückkehr mußte ich noch nach New York. Dort waren wichtige Angelegenheiten zu klären. Es ging vor allem um die Urheberrechte meiner Filme in den USA. Seit Jahrzehnten wurde ich dort von unehrlichen Firmen immer wieder ausgebeutet, wurden meine Filme, ohne Genehmigung und ohne mir einen Dollar von den Gewinnen abzugeben, gezeigt. Es wurden sogar Kopien skrupellos auf dem «Schwarzen Markt» gehandelt, obwohl sie, mehrfach gedoubelt, von katastrophaler Qualität waren. In anderen Ländern würde man dafür zur Rechenschaft gezogen, aber das amerikanische Urheberrecht ist, wie mir die dortigen Anwälte sagten, ein undurchsichtiger Dschungel. Das liegt vor allem an einem im Ausland wenig bekannten Gesetz, wonach 38 Jahre nach der Uraufführung eines Films das Copyright in den USA erlischt. Die amerikanischen Lizenzrechte kommen dann in die «public domain». Mit diesem Augenblick beginnen die komplizierten Rechtsfragen, denn das persönliche Urheberrecht kann keinem Künstler genommen werden. Das ist international gültiges Recht.
Fast 30 Jahre lang habe ich unermüdlich versucht, diese Schwarzmarkt-Geschäfte zu verhindern. Bisher vergeblich. Es waren keine politischen Gründe. Das amerikanische Justiz-Department hatte mir schon im Januar 1963 die amerikanischen Lizenzrechte meiner Filme «Triumph des Willens», «Das blaue Licht», «Olympia I und II» sowie «Tiefland» zurückgegeben, was auch von seriösen Firmen wie «NET», «Janus-Films», «John G. Stratford» und einigen anderen respektiert wurde. Aber noch immer betreiben unseriöse Firmen diese
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