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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Anstrengung setzte ich mich auf den Boden, um die Filme zu wechseln. Durch meinen Tanz mit den Weibern hatte ich deren Gunst gewonnen, sie drückten mir die Hände, gaben mir eine Peitsche und forderten mich auf, weiterzutanzen. Während ich, die Peitsche schwingend, mit ihnen tanzte, riß ich mich los, um im allerletzten Licht noch einige Aufnahmen zu erwischen.
      Ich hatte Glück. Es gelang mir eine phantastische Aufnahme, auf der zwei Mädchen gleichzeitig denselben Kämpfer auserwählt hatten. Eine hatte das Bein auf seine rechte, die andere ihr Bein auf die linke Schulter gelegt. Tute erzählte mir später, in solchen Fällen läge die Entscheidung bei dem Mann, was dann unter den Mädchen zu heftigen Eifersuchtsszenen führen könne. Das Rendezvous findet erst in der Nacht statt, meist im Haus der Eltern des Mädchens. Aus dieser Zusammenkunft kann eine Ehe entstehen, aber es ist kein Gebot. Mädchen, die uneheliche Kinder haben, sind ebenso geachtet wie alle anderen Frauen. Horst war es gelungen, diese seltenen Riten zu filmen. An diesem Abend blieben wir lange in Nyaro, tranken mit den Nuba Marissebier und schlossen neue Freundschaften.
      Am nächsten Morgen kam Suliman mit den LKW. So froh wir waren, die Heimreise antreten zu können, so schwer fiel es uns, gerade jetzt die Arbeit abzubrechen. Mehr als drei Monate hatten wir gebraucht, um Freundschaft mit einigen zu schließen. Aber wir mußten fort, einen längeren Aufenthalt hätten wir kaum überstanden.

      Um ihnen zum Abschied noch eine Freude zu machen, holte ich alle Perlen, die ich hatte, heraus, ein Schatz für die Nuba, denn schon seit langem durften ihnen die arabischen Händler auf Anordnung der Regierung keine Glasperlen mehr verkaufen. Es war nicht erwünscht, daß sich die Eingeborenen noch traditionell schmückten. Bei meiner ersten Expedition gab es auf den Märkten noch jede Menge der kleinen bunten Perlen, jetzt sah ich sie nirgends mehr. Mit Jabors und Tutes Hilfe begann ich mit der Verteilung. Am Anfang ging es noch ganz manierlich zu, aber schon nach kurzer Zeit entstand ein solches Gedränge, Grabschen und Greifen, daß ich die Flucht ergriff und den Kampf um die Perlen den Nuba allein überließ.
      Horst begann noch in der Nacht mit dem Packen. Nach Mitternacht wurde ihm noch ein Schwerverletzter gebracht, den er behandeln mußte. Ich konnte mich nicht mehr rühren und lag erschöpft auf meinem Bett. Erst gegen Morgen schlief ich ein.
      Als ich erwachte, war das halbe Lager schon ausgeräumt. Noch benommen vom Schlaf sah ich, wie Kiste für Kiste hinausgetragen und auf dem Wagen verstaut wurde. Immer mehr Nuba versammelten sich um uns. Als wollten sie mir zum Abschied noch eine Freude machen, hatten sich die Knaben und jungen Männer so phantastisch bemalt wie noch nie. Obgleich ich die Kamera umgehängt hatte, war ich zu keiner einzigen Aufnahme mehr imstande. Unsere Arbeit in Kau war zu Ende. Der Omda kam, um sich von uns zu verabschieden. Viele drückten uns die Hände, und wir spürten, daß wir auch hier Freunde zurückließen. Ein letztes Winken — dann lagen Kau und Nyaro bald hinter uns.
      Würden unsere Aufnahmen etwas von der unerhörten, entschwindenden Faszination, die von diesem ungewöhnlichen Stamm ausging, enthalten? Das war die aufregende Frage, die mich während unserer langen Heimreise beschäftigte. Haben sich diese oft unvorstellbaren Strapazen gelohnt? Noch wußten wir es nicht. Von den fünf Reisen, die ich im Sudan unternommen hatte, war diese die anstrengendste. Ein Wunder, daß wir diese Expedition überstanden haben.

    Siegeszug der Bilder von Kau

    D er körperliche Zusammenbruch kam erst in München. Ich mußte
    mich in die Behandlung von Dr. Zeltwanger begeben. Eigentlich wollte ich nach Lenggries zu Dr. Block, um durch eine Frischzellenkur wieder zu Kräften zu kommen. Schon zweimal war sie mir glänzend bekommen, aber dieses Mal war der Körper zu geschwächt, alle Organe waren betroffen.
      Inzwischen erledigten Horst und Inge die Fülle der seit Monaten liegengebliebenen Arbeiten. Vor allem aber ließ Horst das Film- und Fotomaterial entwickeln. Von diesem Ergebnis hing so viel für uns ab. Als ich es in Händen hatte, wagte ich zuerst nicht, es anzusehen. Zu groß war meine Angst, es könnte mich enttäuschen. Aber diesmal meinte es das Schicksal gut mit mir. Immer wieder sah ich mir die Aufnahmen und das Filmmaterial an — es war wunderbar. Die Freude darüber ließ mich meine

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