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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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als nur seine Pflicht erfüllt.
      Nun waren wir alle erleichtert und versuchten, in den wenigen uns noch verbleibenden Tagen soviel wie möglich zu filmen und zu fotografieren. Der größte Feind, mit dem wir leben mußten, war die immer mörderischer werdende Hitze. Es war April, in dieser Gegend der heißeste Monat des Jahres.
      Ich wollte so gern noch die Tätowierung eines Mädchens oder einer Frau filmen. Wir hatten Glück, wir bekamen beides. Macka, eine «Patientin» von Horst, war Spezialistin für diese Schmucktätowierungen. Ihr verdanken wir, daß wir die Einwilligung von einem Mädchen und einer verheirateten Frau erhielten, sie während dieser sehr schmerzhaften «Schönheitsoperation» aufzunehmen. Auch für uns wurde diese Arbeit zu einer Qual. Es war nicht leicht, mit anzusehen, wie Macka mit einem Dorn die Haut herauszog und mit einem Messer hineinschnitt. Erst erlebten wir die Tätowierung des Mädchens mit, einige Tage später die der Frau. Beide Male geschah dies oben in den von der Sonne glühenden Felsen. Besonders schmerzhaft verlief die Tätowierung der Frau. Da ihr ganzer Körper tätowiert wurde, verlor sie, durch Tausende kleiner Schnitte, sehr viel Blut. Zwei Tage dauerte die Prozedur, und selbst bei den empfindlichsten Stellen versuchte die Frau, ihren Schmerz nicht zu zeigen. Nur ein Zucken in ihrem Gesicht verriet ab und zu, wie sehr sie sich beherrschte. Diese Tätowierung, die jede Frau über sich ergehen läßt, nachdem sie nach der Entwöhnung ihres ersten Kindes drei Jahre enthaltsam gelebt hat, ist eine der wichtigsten kultischen Handlungen der Südost-Nuba. Hat sie diese Tätowierung überstanden, bleibt die Belohnung nicht aus. Durch den neuen Schmuck ihrer Narben übt sie eine besondere Attraktion auf die Nuba-Männer aus und wird in ihrem Dorf wieder eine begehrte Frau.
      Wir wollten einen Ruhetag einlegen, aber wie unter einem Zwang entschloß ich mich, am Nachmittag nach Nyaro zu fahren. Ein seltener Glücksfall. Wir kamen mitten in ein Tanzfest hinein, wie wir es noch nie erlebt hatten. Und niemand hatte es uns verraten.
      Die Nuba befanden sich schon in einer solchen Ekstase, daß wir, solange wir uns nicht unmittelbar unter die Tanzenden mischten, ungestört arbeiten konnten. Es schien, als beteiligten sich alle jungen Mädchen von Nyaro an diesem Fest. Die Kämpfer dagegen, die «Kadundors», saßen bemalt und geschmückt neben den Trommlern im Innenraum der offenen Rakoba. Mit gesenkten Köpfen ihre Stöcke umfassend und durch Zittern ihrer Beine mit den Glöckchen klingelnd, warteten sie auf die Liebeserklärungen der Mädchen. Die älteren Frauen begleiteten mit ihren Gesängen die wilden Rhythmen der Tanzenden. Andere Frauen, die mit ihren Töchtern tanzten, besangen deren Unschuld. Plötzlich legten sie die Mädchen mit dem Rücken auf den Boden, hoben ihnen die Beine hoch, spreizten sie, und laut trillernd priesen die Mütter die Jungfräulichkeit ihrer Töchter. An diesem Tanz dürfen sich außer Kindern und Müttern nur Jungfrauen beteiligen.
      Kein Zweifel, dies war der «Nyertun», das große «Liebesfest», von dem uns Tute und Jabor erzählt hatten. Es wird nur einmal im Jahr gefeiert. Inzwischen hatten die ersten Mädchen es gewagt, immer näher an die Männer heranzutanzen. Die Erregung steigerte sich. Wie ein wilder Hexentanz wirkte der Anblick der Tanzenden. Und nun tanzte ein Mädchen fast körpernah vor einem der Männer, schwang blitzschnell das Bein über seinen Kopf und legte es für einen kurzen Augenblick auf seine Schulter. Dabei wippte es einige Male mit dem Körper, während der Erkorene zu Boden schaute. Dann verließ das Mädchen tanzend die Rakoba. Bei dem Versuch, diese ungewöhnliche «Liebeserklärung» festzuhalten, wurde ich von den Müttern umringt, die mich daran hindern wollten. Sie machten das sehr geschickt, in dem sie einen Kreis bildeten und um mich herum tanzten. Inzwischen hatten zwei andere Mädchen die Beine auf die Schultern der Männer gelegt. Ich hätte schreien können, daß ich dieses Ritual nicht aufnehmen konnte. Ich riß mich von den Weibern los und rannte auf die andere Seite der Rakoba, wo ein Mädchen vor ihrem Auserwählten tanzte. Zitternd stellte ich Belichtung und Entfernung ein und ließ den Motor surren, und schon waren die Weiber wieder bei mir. Diesmal machte ich gute Miene zum bösen Spiel, versuchte, ihre Schritte nachzuahmen, und tanzte einige Minuten mit ihnen. Keuchend von Hitze und

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