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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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versuchte, mir die Situation zu erklären. Er sagte: «Die französische Militärregierung und die ‹Sureté› bekämpfen sich. Die Leute der ‹Sureté› sind Kommunisten, die der Militärregierung Nationalisten.»
      In meiner Unsicherheit wollte ich Major Medenbach und meinen Mann um Rat fragen. Mit Hilfe des Arztes konnte ich sie telefonisch erreichen. Beide warnten mich und sagten, dies könnte nur eine Falle sein und ich müßte unbedingt den Befehl Andrieus befolgen. Sie würden mich am nächsten Morgen abholen und mit zwei Wagen den Umzug erledigen.
      Erleichtert sagte ich dies Monsieur Girard. Der war verzweifelt. Er versprach mir, die Fertigstellung von «Tiefland» in Paris unter dem Schutz der Militärregierung und weiterhin freie künstlerische Filmarbeiten. Das war verlockend. Ich glaubte ihm sogar. Aber die Würfel waren gefallen, ich konnte nichts mehr ändern. Girard: «Bitte, erfüllen Sie uns dann wenigstens einen großen Wunsch — wir wissen, daß Sie krank sind — aber mit Hilfe des Arztes wird es vielleicht möglich sein, daß sie uns Ihren Tieflandfilm vorführen?»
      «Warum denn?» fragte ich, «der Film ist unfertig und noch nicht vertont, es gibt nur eine stumme Arbeitskopie.»
      «Bitte, machen Sie uns die Freude, wir sind Ihre Bewunderer.»
      Um Ruhe zu haben, ließ ich mich überreden. Der Arzt gab mir noch eine Spritze. Dann fuhren wir mit zwei anderen uniformierten Franzosen zum Haus Seebichl.
      Hier ereignete sich etwas Unglaubliches. Während wir im Vor
führraum saßen und uns «Tiefland» anschauten, wurde plötzlich die Tür krachend aufgestoßen. Herein kamen zwei französische Soldaten, in den Händen Maschinengewehre. Sie forderten barsch, ihnen die Kopie des Films «Das Stahltier» herauszugeben, Willy Zielkes Film. Die Kopie, die ich erworben hatte, war die einzige, die noch existierte. Ich hatte diesen einmaligen Film retten wollen: Die Direktion der Deutschen Reichsbahn, die ihn herstellen ließ, hatte alle Kopien und sogar das Negativ vernichten lassen.
      Ich habe nie erfahren, woher die Franzosen wußten, daß ich eine Kopie vom «Stahltier» besaß und weshalb sie mir dieselbe auf so brutale Weise wegnahmen. Der Vorfall war den mit mir gekommenen Franzosen sehr peinlich, aber sie verstanden jetzt immerhin, warum ich die französische Zone so bald als möglich verlassen wollte.

    In eine Falle geraten

    W ährend ich beim Morgengrauen mit Hilfe meiner Mutter und einigen meiner Mitarbeiter das Filmmaterial in Kisten und Koffern verpackte, rief mich mein Mann an. Eine schlimme Nachricht. Auf dem Weg zu uns waren er und Major Medenbach mit dem Auto verunglückt. «Ich bin nur leicht verletzt, Medenbach aber schwerer, ich muß ihn in das Militärkrankenhaus nach Gastein bringen. Trotzdem werde ich in wenigen Stunden bei dir sein und dich hierherbringen.»
      Ich war wie betäubt. Was würde mit mir geschehen, wenn ich die 24-Stundenfrist nicht einhalten könnte! Voller Unruhe wartete ich auf die Ankunft meines Mannes — in zwei Stunden war die Frist abgelaufen — da traf Peter ein — uns stand nur noch eine Stunde zur Verfügung. Wir konnten nur das Wichtigste mitnehmen, das Tieflandmaterial mußten wir in Kitzbühel lassen. Wir verabschiedeten uns noch von dem französischen Kommandanten von Kitzbühel, der, ebenso wie Monsieur Girard, mein Verlassen der französischen Zone bedauerte.
      Schon wenige Minuten später wurden wir am Ortsrand von einer französischen Militärpatrouille gestoppt und gezwungen, in ihren Wagen zu steigen. Nur ein Handgepäckstück durften wir mitnehmen. Unsere Proteste und mein Geschrei nutzten nichts. Die zwei Franzosen, die bewaffnet waren, saßen vorn, wir rückwärts. Mein Mann versuchte, mich zu beruhigen. Einmal drehte sich der eine um und sagte grinsend in gebrochenem Deutsch zu meinem Mann: «Du auch ins Gefängnis.» Im Gegensatz zu mir war mein Mann gefaßt und verzog keine Miene. Tatsächlich setzte man ihn in Innsbruck im Gefängnis ab. Diese plötzliche und ungewisse Trennung versetzte mich in ungeheure Erregung.
      Ich wurde in ein anderes, von Bombentreffern schwer beschädigtes Gebäude gebracht. Auf meine verzweifelten Fragen, was mit meinem Mann geschehen würde, erhielt ich keine Antwort. Man brachte mich in einen Raum, in dem sich viele Frauen befanden. Die meisten hockten auf dem Fußboden, einige saßen auf Stühlen. Ich kroch in eine Ecke — meine Koliken meldeten sich wieder. So lag ich

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