Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)
vorsichtigem Schulterdruck.
Nichts geschah. Er formte die Hände zu einer Schale, beugte sich vor und versuchte zu erkennen, wie die Türklinke auf der Innenseite aussah. An einer der Türen gab es eine normale Druckklinke, soweit er beurteilen konnte. Er drückte noch einmal, etwas fester. Hatte das Gefühl, sie gäbe ein wenig nach. Aber es war offenbar ein ziemlicher Stoß nötig, damit das Holz nachgab.
Und es würde reichlich Krach geben. Er beschloss die andere Alternative zu wählen. Ein kleines Loch mit dem Pistolenkolben schlagen und dann so viel Glas wie nötig herausbrechen. Er war sich nicht ganz sicher, ob das klappte, aber vor ein paar Monaten hatte er in einem Film gesehen, wie elegant das funktionieren konnte. Das Wichtigste war, dass man kein größeres Glasstück fallen ließ, sonst würde es schrecklich klirren.
Aber ein kurzes Schmettern würde niemanden wecken. Nicht, wenn man im ersten Stock schlief. Und wenn man doch wach wurde, würde man sich fragen, was das wohl gewesen war, würde beschließen, dass es nur eine Katze war, und weiterschlafen. Es war also wichtig, ein wenig Zeit vergehen zu lassen, bevor man das Loch vergrößerte. Und wichtig, nicht noch mehr Lärm zu machen.
Er zog die Pistole aus der Tasche. Zählte bis fünf und schlug zu. Es klirrte, als die Glasscherben hinunterfielen. Er ließ sich direkt an der Wand auf die Knie nieder, um nicht entdeckt zu werden, falls jemand drinnen Licht machte. Hielt seine Waffe schussbereit. Wenn Jakob Willnius die Türen öffnete und herauskam, würde er ihn sofort ummähen.
Von drinnen war nichts zu hören. Kein Licht wurde eingeschaltet. Er wartete fast zwei Minuten, bevor er wieder aufstand und hineinguckte. Schaute durch das Loch in der Scheibe, es war gerade groß genug, um eine Hand hindurchzuschieben, aber erst jetzt stellte er fest, dass es eine Doppelscheibe war, dass er mit anderen Worten gezwungen war, noch ein Loch hineinzuschlagen.
Wie kann man nur so blöd sein?, dachte Kristoffer verärgert. Ist doch klar, dass die Doppelscheiben haben. Dieser Film hat wahrscheinlich in einem wärmeren Land gespielt.
Aber drinnen war es still wie im Grab, und nach einer Weile hatte er fast die ganze äußere Scheibe herausgeholt, ohne eine Scherbe fallen zu lassen. Es funktionierte. Zeit für einen neuen Schlag, dachte er. Hob die Waffe und schlug zu.
Fast in der gleichen Sekunde, in der die Glasscherben drinnen auf den Boden fielen, wurde Licht gemacht. Jakob Willnius stand da, in der Türöffnung zum Flur, splitterfasernackt, und starrte ihn an. Kristoffer zögerte kurz. Dann zwängte er sich mit der linken Schulter zuerst durch die Tür. Er hörte Holz, das zersplitterte, und Glasscherben, die um ihn spritzten. Er kam in den Raum und blieb stehen. Jakob Willnius rührte sich nicht, Kristoffer sah, dass er etwas in der Hand hielt. Einen Feuerhaken. Er spürte, wie ihm ein wilder Triumph in den Kopf stieg, gleichzeitig sah er Kristina hinter ihrem Mann auftauchen. Sie war nicht nackt, hatte sich ein rotes Badelaken umgeschlungen und hielt etwas in der Hand, er konnte nicht sehen, was.
Aber ein Feuerhaken gegen eine Pistole! Das war ja lächerlich! Kristoffer hob seine Waffe. Kristina schrie auf, und endlich bewegte Jakob Willnius sich. Er hob die Arme – immer noch den Feuerhaken fest gepackt – in einer irgendwie albernen Geste, die anscheinend … ja anscheinend bedeuten sollte, dass er sich ergab. Kristoffer musste lachen. Er zielte direkt auf die Brust und drückte ab.
Die Pistole klickte.
Er drückte noch einmal ab.
Wieder nur ein Klicken. Jakob Willnius senkte die Arme und trat einen Schritt vor.
Ein drittes Mal. Nicht einmal ein Klicken. Der Mechanismus hatte sich verhakt. Kristoffer starrte die Waffe an – und die Hand, die die Waffe hielt – und dann seine Tante Kristina, die da in dem roten Badelaken über ihrem vorstehenden Bauch stand, sie hielt etwas in der Hand und schien vor Schreck wie erstarrt zu sein – und plötzlich hörte er, wie jemand laut losschrie.
Das war er selbst. Es klang nicht wirklich menschlich. Jakob Willnius war nur einen Meter von ihm entfernt.
43
D as Handy klingelte, während er frühstückte.
Es war Eva Backman.
»Wo bist du?«, wollte sie wissen. »Du bist doch nach Stockholm gefahren, oder?«
Er zögerte eine Sekunde. Dann gab er zu, dass sie richtig vermutete.
»Gut«, sagte Eva Brackman. »Ja, vielleicht hattest du doch recht, wenn man alles zusammen betrachtet.«
»Wie meinst
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