Menschen und Maschinen
zeigst es uns auf dem Bild. Sind deine Hände ruhig genug?«
»Hände ruhig, Toleranz ein Milliardstel Zoll«, sagte der Roboter mit schwerer Stimme. Sie verstanden nicht, auch wenn sie wußten, wie groß das erwähnte Maß war. Aber egal, was es zu bedeuten hatte, seine Hände waren ruhig. Die Mikrosonde berührte verschwommene Atomgruppen, und der Roboter leierte: »Mißgeburt. Schwere Mißgeburt. Wie konnte er leben? Keine Mutterbänder, keine Verbindung zur Gebärmutter. Ketone – keine Ketone hier. Verstehe ich nicht. Wie kann er leben?«
Ceofor holte die Chromosom-Unterlagen und trug die komplizierten Bezeichnungen ein, die sie selbst benutzten. Einen Moment lang zögerte Senthree. Dann half er seinem Assistenten bei den Notizen. Es schien Stunden zu dauern; vielleicht waren es tatsächlich Stunden. Die Gedächtnisspeicher des alten Roboters waren in Ordnung, aber man konnte sich nur mühsam mit ihm verständigen. Schließlich knurrte er etwas vor sich hin und drehte ihnen den Rücken zu. Beswun betätigte einen Schalter.
»Er will entladen werden, wenn er nicht in Betrieb ist. Verrückt, nicht wahr?« meinte der Physiker. »Hör mal, Boß, täusche ich mich, oder standen wir mit dem elften Paar knapp vor dem Erfolg?«
»Nur ein paar Gene in insgesamt drei Chromosomen sind falsch. Wir waren nahe. Aber – hm, das ist lächerlich. Seht euch all das Gehirngewebe an, das er entwickeln würde – und eine Menge davon ohne Verbindung. Und hier – dieses kleine Stück zwischen großen und kleinen Därmen – ein perfekter Infektionsherd. Hier war kein guter Bio-Ingenieur am Werk. Und doch – hm – die meisten Tiere sehen ähnlich aus. Ich glaube, der alte Roboter hat recht – so war der Mensch von früher.« Er sah ihre erregten Gesichter, und seine Schultern sackten nach unten. »Aber wir haben keine Zeit mehr. Nicht einmal die Zeit, um eine Urzelle herzustellen. Uns werden keine Gelder mehr bewilligt.«
Er sah sofort, daß sie es geahnt hatten. Ceofor meinte langsam:
»Wir können es wenigstens versuchen, Boß. Wir haben das Sperma von dem Mann – wir müssen nur diese drei Chromosomen verändern, ohne eine ganze Zelle herzustellen. Warum sollen wir uns nicht noch eine kleine Freude gönnen, bevor wir nach Sandflöhen suchen, die Flußsäure abscheiden und damit unsere Kolonien gefährden? Los, selbst mit deinem neuen Körper schaffst du die Zelle nicht schneller als ich.«
Senthree lächelte wehmütig, aber er ging auf das Schöpfungsabteil zu. Aus reiner Gewohnheit schalteten seine Finger das kleine Zeitfeld ein, als er eine perfekte Zelle fand. Das Feld würde innerhalb seiner Grenzen die Zeit fast bis auf Null verlangsamen und so dafür sorgen, daß die Zelle während seiner Arbeit nicht beschädigt wurde. Natürlich erschwerte es die Operation, da er seine Sonde dagegendrücken mußte, aber sie war bis zu einem gewissen Grad durch andere Felder isoliert.
Dann übernahmen seine Hände die Arbeit. Eine Zeitlang dachte er bei jeder Bewegung mit, aber dann waren seine Fingerspitzen beinahe eins mit dem Protoplasma. Sie spürten die winzigen Reaktionen, fügten hier ein Glied in die Kette, lagerten dort ein Wasserstoffatom an eine offene Hydroxylgruppe und verschoben all die empfindlichen chemischen Reaktionen. Er entfernte die fehlerhaften Gene und setzte die richtigen ein. Vierhundert Jahre Praxis lagen hinter ihm – vierhundert Jahre Arbeit, die er geliebt hatte, weil sie vielleicht die Evolution seiner Rasse vorantreiben konnte.
Die Arbeit war Instinkt geworden – allerdings Instinkt nur im übertragenen Sinn; es handelte sich um eine angelernte Reaktion, und der echte Instinkt lag tiefer als sie, so tief, daß man mit dem Verstand nicht an ihn herankam. Nur der Mensch hatte Instinkt und Intelligenz besessen – beides irgendwie in der winzigen Zelle gespeichert, die jetzt innerhalb des Zeitfeldes lag. Er verließ die Kammer, und im gleichen Augenblick war auch Ceofor mit seiner Arbeit fertig. Der jüngere Roboter inspizierte Senthrees Zelle und nickte anerkennend. »Weniger Unsauberkeiten, vor allem im Kern – ich kann nicht einmal sehen, wo du die Wand durchstoßen hast. Nun, wenn wir dreißig oder auch nur zwanzig Jahre zur Verfügung hätten, wäre der Mensch erschaffen. Du hast die männliche Zelle geschaffen, ich die weibliche. Aber die Zeit reicht nicht … Soll ich das Feld eingeschaltet lassen?«
Senthree wollte zustimmen, doch dann wandte er sich an Beswun. »Das Zeitfeld! Kann es
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