Menschen und Maschinen
Anhaltspunkte – die Leistungen des Menschen, Reste seiner Literatur. Aus diesen ließen sich einige grundlegende Theorien ableiten. Aber sicher war er natürlich nicht – man hatte beispielsweise nicht einmal herausgebracht, ob die Pigmentschicht des Menschen dunkelbraun, orangerosa oder weiß war; die Aufzeichnungen darüber gingen auseinander.
»Wir werden erkennen, wann wir ein intelligentes Wesen mit Instinkt vor uns haben«, sagte er schließlich. »Es muß nicht unbedingt wie ein Mensch aussehen. Zumindest werden wir die Dinge erforschen können, die für uns so wichtig sind. Bis dahin müssen wir unsere Versuche leider fortsetzen. Ich kann Ihnen ebensogut gleich sagen, daß das letzte Experiment ein Fehlschlag war, auch wenn wir dem Erfolg wieder ein Stück näherrückten. In hundert Jahren vielleicht …«
»So.« Arpetens Gesicht verriet nichts, aber er vermied es, Senthree anzusehen. »Leider nicht. Wenigstens im Moment nicht. Deswegen kam ich nämlich eigentlich zu Ihnen. Wir erfuhren eben von ein paar neuen Planeten in der Gegend von Arkturus, und es wird all unsere Mittel in Anspruch nehmen, diese Planeten zu kolonisieren. Neue Roboter müssen gebaut werden, neue Schiffe – aber das wissen Sie ja selbst. Deshalb müssen wir an anderen Stellen Einsparungen vornehmen. Natürlich, wenn Sie Erfolg gehabt hätten – aber vielleicht ist es so besser. Sie wissen, daß das Ressentiment gegen die Wiedererweckung des Menschen gewachsen ist.«
Senthree lachte bitter. Er hatte gesehen, daß das Ressentiment sorgfältig geschürt wurde – obwohl er zugeben mußte, daß es überall rasch Anklang fand. Offensichtlich hatten die meisten Roboter Angst vor dem Menschen – sie fürchteten, daß er wieder die Herrschaft übernehmen könnte. Abergläubische Schwachköpfe!
»Wie lange noch?« fragte er.
»Oh, wir lassen Ihnen selbstverständlich die Mittel, die Sie noch haben, Dr. Senthree. Aber leider sieht es mit neuen Zuwendungen schlecht aus. Ich hatte gehofft, Sie als Biologie-Forscher auf einem der Planeten einsetzen zu können, sobald das Labor geschlossen wird. Arbeit gibt es genug.« Er reichte Senthree die Hand. »Es war mir ein Vergnügen.« Als er hinausging, glänzte sein stocksteifer Rücken förmlich vor Energie.
Senthree kehrte ins Labor zurück. Sein neuer Körper bewegte sich mit einemmal nicht mehr so locker. Er konnte bereits den rauhen Sand und die unbekannten chemischen Gifte des neuen Planeten spüren. Keine Zuwendungen mehr! Und sie hatten kaum genug Geld, um die laufenden Rechnungen zu bezahlen.
Vierhundert Jahre – und ein Schiff nach Arkturus hatte innerhalb von drei Monaten alles zunichte gemacht. Instinkt, dachte er wieder – wenn er nur ein Jahr lang eine Lebensform mit Intelligenz und Instinkt beobachten konnte, dann gelang es ihm vielleicht, alle Probleme seiner Rasse zu lösen. Aber Roboter konnten keine Instinkte haben. Fünfzig Jahre gründlicher Untersuchung hatten das bewiesen.
Beswun hob zur Begrüßung die Hand. Senthree sah, daß die Sektion beinahe beendet war und daß der antike Roboter sich bewegte. Ein Scharnier seines Kiefers öffnete und schloß sich. Der Roboter stieß krächzende, schwer verständliche Worte aus. Senthree wandte sich dem Seziertisch zu und blieb abrupt stehen, als die Worte in sein Gehirn drangen.
»Falsch … falsch«, murmelte der Roboter. »Kann unmöglich leben. Kein gutes Gehirn. Keine Zirbeldrüse. Rückenmark in Ordnung, aber kein gutes Großhirn. Spalten an der falschen Stelle. Vielleicht eine Fehlfunktion der Hypophyse? Nein. Wie ist das möglich?« Er legte das Gehirn zweifelnd auf die Seite. »Mutation vielleicht. Sehr schlecht. Brauche Millikan-Mikroskop. Muß den Zellkern sehen. Vielleicht nur Mißgeburt, vielleicht neue Krankheit.«
Senthrees Finger waren steif und angespannt, als sie in der Tasche nach einem Linsensatz kramten. Beswun schüttelte den Kopf und bedeutete ihm, daß er warten solle. Er rannte hinaus und kam nach kurzer Zeit wieder. An seinen Händen waren noch Metallspäne. »Passen nicht – aber mit diesen Einsätzen müßte es gehen. Da, 324MD2991. Jetzt komm hierher, an den Tisch, wo die – äh – Strahlen sind.«
Er wandte sich ab, und Senthree sah, daß von einem Adapter ein feiner Draht ausging. »Er kennt unsere biologische Terminologie nicht, Senthree. Wir müssen die gleichen Dinge sehen wie er. Da – wir können es im Bildschirm beobachten. 324MD2991, du sagst uns jetzt, was nicht in Ordnung ist, und
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