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Menschen wie Götter

Menschen wie Götter

Titel: Menschen wie Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Snegow
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Gedanken nachhingen. Doch bei ihm war der Ausdruck maßlos übersteigert, unmenschlich grausam. Ich hatte André wiedergefunden, aber er war in einer eigenen, fernen Welt, war zugegen, ohne anwesend zu sein.
    "André!" schrie ich verzweifelt. "Ich bin es, Eli!"
    Er befreite sich und floh. Ich holte ihn ein, zog ihn noch heftiger an mich. In meiner Raserei hätte ich ihn schlagen mögen, kratzen, beißen, küssen, mit meinen Tränen benetzen, damit er zu sich kam. Er mußte mich erkennen, mußte sich meiner und der Freunde erinnern, nur dies war mir deutlich bewußt, als ich ihn, heiser vor Wut, schüttelte.
    André hatte die Augen gequält geschlossen und schwankte kraftlos in meinen Armen. Plötzlich erbleichte er, seine langen feuerroten Locken, das einzige, was vom alten André geblieben war, zuckten wie Flammen vor meinen Augen, allein das sah ich deutlich: Andrés Locken flogen nicht, sondern zuckten wie Flammen.
    Orlan und die beiden Leibwächter standen leidenschaftslos abseits.
    Ich ließ von André ab und stürzte zu Orlan, bereit, mich auf ihn zu werfen. Er rührte sich nicht.
    "Warum habt ihr ihm den Verstand genommen?"
    "Der Große wollte ihm nicht den Verstand nehmen."
    Rasend vor Wut führte ich meine Hand zum Mund und biß hinein, damit der äußere Schmerz die innere Qual übertönte. Noch besser wäre es gewesen, laut zu weinen, das Schicksal und die Feinde und mich zu verfluchen, um Vergebung zu flehen, denn ich selbst trug die meiste Schuld an dem heutigen Zustand meines Freundes.
    Doch für Tränen fehlte mir die Kraft, trockene Verzweiflung brannte in mir. Und ich biß mir wieder und wieder in die Hand, um mich wenigstens dadurch zu überwinden. André, gebeugt, kläglich den Kopf schüttelnd, versuchte nicht mehr zu fliehen, obwohl ich ihn losgelassen hatte. Nicht weit von uns standen gleichgültig und unbeweglich die drei Nichtmenschen, die so phantomhaft Menschen glichen.
    Plötzlich drang eine leise Stimme zu mir, André sang monoton, den Körper im Takt wiegend, als singe er sein sinnloses Liedchen mit jeder Körperbewegung: "Großmutter hatte einst ein graues Böckchen, ach, ein graues Böckchen, ach, ein graues Böckchen ... "
    Er sang kläglich und zittrig, nie zuvor hatte ich ihn so singen hören.
    Ich drehte mich nach Orlan um. "Was wollen Sie eigentlich?"
    "Der Mensch André steht zu deiner Verfügung.
    Admiral Eli", antwortete Orlan.
    "Komm, André", sagte ich und zog ihn am Ärmel Wieder folgte ich Orlan, gehorsam trottete uns André nach.

6
     
    Ruhig betrat ich den Saal, in dem sich die Freunde befanden.
    Romero nahm André bei der Hand. Jetzt sprach er, als hätten sie sich nach kurzer Trennung getroffen, als wäre André nichts zugestoßen. "Guten Tag, André.
    Bei uns wirst du es gut haben, wir sind deine alten Freunde. Komm, komm!"
    Behutsam zog und schob er André, der schüttelte seine feuerroten Locken und ging langsam unlustig, gehorsam, verständnislos. Ich begegnete Marys verzweifeltem Blick. Ich wollte seufzen und vermochte es nicht. Die Muskeln spannen, den Mund öffnen ich war dazu nicht imstande. Das Blut stieg mir heiß ins Gesicht. Mary legte mir die Hand auf die Schulter, krampfhaft rang ich nach Atem.
    "Seltsam", sagte ich und versuchte zu lächeln "Wie eine kurze Paralyse."
    "Setz dich", sagte Mary.
    Ich hockte mich zu meinem Sohn. Und ich gab mir Mühe, mich nicht nach der Seite zu wenden, wo André im Kreise der Kameraden saß. Die rinnenähnlichen Pritschen erwiesen sich als bequem, man konnte darauf wie in einer Hängematte schaukeln. Aster blickte mich ängstlich an. Endlich konnte ich lächeln "Unsere Betten ruhen anscheinend auf Kraftstützen", sagte ich, erst jetzt hatte ich bemerkt, daß sie in der Luft hingen.
    "Warum spielst du nicht, Aster? Ich habe gesehen, wie die Engel dir halfen, dein Spielzeug zu tragen, einen Pegasus hattest du Schlauberger wie ein Kamel bepackt."
    "Ich habe keine Lust zum Spielen, Vater", sagte er traurig.
    Darauf hatte ich keine Antwort. Aster war noch zu klein, um zu verstehen, was wirkliche menschliche Freiheit ist, aber die Unfreiheit lernte er früh kennen.
    "Spiele!" sagte ich nachdrücklich. "Spiele, vergnüge dich, treibe Schabernack. Spucke ihnen ins Gesicht mit deiner Lustigkeit, mache sie wütend mit deiner Sorglosigkeit, denn nichts wird ihnen so angenehm sein wie unser Kummer. Beraube sie dieser makabren Freude!"
    Sicherlich reichte sein Verstand noch nicht aus, um die Situation auf diese Weise zu begreifen. "Ich

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