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Menschen wie Götter

Menschen wie Götter

Titel: Menschen wie Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Snegow
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prasselten so sprühend hernieder, daß ich mich in meinem Käfig zusammenkauerte, weil ich fürchtete, ein Feuerwort könne mich versengen. Aber auch Vertraute des Herrschers duckten sich, wenn jemand zu einem verzehrenden Vortrag explodierte.
    Der Informationskode ihrer Sprache war mir dunkel, doch aus den Fragen und Bemerkungen des Herrschers und Orlans reimte ich mir zusammen, worüber sie sprachen.
    Sowohl das Aussehen der Würdenträger des Großen Zerstörers als auch die Methoden ihres Umgangs waren so unwahrscheinlich, daß ich mich ernstlich fragte, ob ich etwa den Verstand verliere.
    Da war etwas, das mich von dieser Schlußfolgerung abhielt. Mein Körper wurde schwächer, doch mein Geist blieb klar, außer den Fieberträumen war alles real: Ich unterschied die Gegenstände und die Freunde, die Gegenstände veränderten nicht ihre natürlichen Formen, die Freunde sprachen mit mir, ich antwortete, keiner fand meine Antworten unverständig, unsere Unterhaltungen verliefen wie gewöhnlich, nur kürzer wurden sie, da mir das Sprechen immer schwerer fiel.
    Und noch eins war wichtig: Ihre Diskussionen waren durchaus logisch. Meine Gehilfen und ich hätten in einer analogen Lage ähnlich geurteilt ich meine die Fakten und die Logik, nicht die Informationsmethode.
    "Sie sagten, daß der Traum einst als Erfüllung der Wünsche betrachtet wurde", erklärte ich einmal Romero, um ihm einen neuen Gedanken mitzuteilen, und ich fand sogar die Kraft in mir, leise zu lachen.
    "Ich gewinne immer mehr die Überzeugung, daß es so ist. In meinen Träumen überwinde ich unsere Feinde."
    Seit einiger Zeit hatte Romero seine Einstellung zu meinen Phantasien geändert. Es verging jetzt kein Tag, da er sich nicht erkundigte, was ich geträumt hatte.
    "Sonderbar, sonderbar!" sagte er nachdenklich.
    "Ich bitte Sie, lieber Freund, mir Ihre Visionen auch künftig in allen Einzelheiten zu schildern. Ihre Visionen sind mehr Information, phantastisch verzerrt freilich, aber über reale Ereignisse als Ausgeburt eines Fieberwahns."
    "Die täglichen Fragen von Orlan rufen sie hervor, Pawel. Ich kann es doch den Feinden nur so heimzahlen, indem ich ständig von ihrem unvermeidlichen Untergang phantasiere!"
    Ich haßte meinen widerwärtigen Wächter. Täglich erschien er vor dem Käfig, oft dreimal am Tag, mitunter hatte ich den Eindruck: stündlich. Leidenschaftslos erkundigte er sich: "Willst du immer noch nicht den Tod? Ich hoffe, du fühlst dich nicht gut?'' Ich blickte in sein lebloses Gesicht, und Hitze stieg in mir auf. "Ich fühle mich gut. Du kannst dir nicht einmal vorstellen, Tölpel, wie gut ich mich fühle, denn vor meinem Ende werde ich noch deinen Tod sehen, den Tod deines Herrschers, den Tod aller seiner Speichellecker. Bestelle deinem obersten Trottel, daß ich unendlich froh bin, am Leben zu sein."
    Orlan ließ den Kopf zwischen die Schultern knallen und verschwand.

12
     
    Die Ereignisse, die einen Umschwung in unserer Gefangenschaft herbeiführten, haben sich meinem Gedächtnis in allen Einzelheiten eingeprägt.
    Vor dem Abendessen hatte ich mir befohlen einzuschlafen, als ich erwachte, war es Nacht, die Gefangenen schliefen. Ich setzte mich auf. Da ich mich zu schwach fühlte, erhob ich mich nicht und wanderte nicht wie sonst im Käfig hin und her. Ohne die Augen zu öffnen, lauschte ich den Geräuschen, die von überallher zu mir drangen schlaftrunkenes Schluchzen, Rascheln, wenn sich jemand drehte. Schnarchen und Schniefen. In der letzten Zeit hatte mein Sehvermögen nachgelassen, hinzu kam, daß in den Nachtstunden die leuchtenden Wände verblaßten. Dafür hatte sich mein Gehör geschärft, mühelos vernahm ich Laute, die mich normalerweise nicht erreicht hätten.
    Und ich merkte, daß sich mir jemand verstohlen näherte. Ich erhob mich und stand eine Weile da, um des Schwindelgefühls Herr zu werden. Vor meinen Augen flimmerten spöttische Flämmchen, das trübe Bild des schlafenden Saals verzerrte sich. Geduldig wartete ich, bis das letzte Fünkchen erloschen war, dann tappte ich auf die Barriere zu, die Hände tastend vorgestreckt, um nicht gegen durchsichtige Hindernisse zu stoßen. Nach jedem Schritt blieb ich stehen, bis die stets von neuem aufzuckenden Funken verglommen waren, damit mir nicht schwindelte. Ich spürte, daß sich von außen jemand an die unsichtbare Barriere preßte.
    "Aster, warum bist du gekommen?
    "Vater!" flüsterte er. "Kann ich dir nicht wenigstens nachts etwas zu essen

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