Menschen wie Götter
wird enthüllen, wie tief die ihnen innewohnenden Irrtümer sind. Funkele, blitze, glühe! Die Wahrheit liegt in der Dunkelheit, nicht im Licht!“
Der Gefangene strahlte begeistert eine grelle Rede.
Oan übersetzte sie uns flink, wir hatten nichts weiter zu tun, als uns an Uuls ungestümen Sprüngen auf dem lebenden Postament und dem leidenschaftlichen Leuchten seines Körpers zu weiden. Den Behauptungen Oors setzte der Gefangene seine eigenen entgegen aber merkwürdig, ich hatte immer den Eindruck, als sagten sie ein und dasselbe, als bildeten sie sich nur ein, daß sie unterschiedlicher Auffassung waren. Zwei Enden eines Stockes, dachte ich. „Die Wahrheit liegt im Licht, nicht in der Finsternis“, ereiferte sich blitzend der Gefangene auf dem Postament. „Die Wahrheit funkelt, sie verbirgt sich nicht. Die Grausamen Götter verdichten das Dunkel!
Die Grausamen Götter erschweren das Dasein.
Ruhm den Grausamen Göttern! Ruhm ihrer erbarmungslosen Vernunft! Ruhm der Qual, die sie schaffen! Welch Elan in den Taten der Grausamen Götter!
Sie strafen nicht, sie prüfen. Sie rufen uns zu: Seid ihr fähig, den kühnen Entschluß zu fassen? Ihr geheiligtes Ziel besteht nicht darin, uns zu einem trostlosen Dasein, sondern zu dessen Ablehnung zu zwingen.
Nicht Unterwerfung, sondern Auflehnung. Nicht Selbstverwirklichung in der Existenz, sondern in deren Verneinung. Verneine die Kälte und die Dunkelheit, den ewigen Staub und den ewigen Hunger, das räuberische Wasser und die unwirtliche Erde, die dunklen Sterne und die finsteren Sonnen! Die höchste Verneinung besteht in der Verneinung von sich selbst, in der Auflehnung gegen das eigene Leben! Ach, da ist sie, da ist sie, die Wahrhaftigste der Notwendigkeiten, die vollständige Erlösung von allen Fesseln die Selbstvernichtung! Da ist sie, die höchste Freiheit die Befreiung von sich selbst! O Selbstmord, Edelste der Selbständigkeiten! Nur derjenige erreicht vollkommene Vollendung, der dem Leben durch den Tod Vollendung gibt! Freiheit, Freiheit, Freiheit - in der Freiheit von der Existenz! Preist den freien Tod!
Preist den freien Tod! Möge sich der Wille der Grausamen Götter erfüllen, die uns unwiderstehlich in den Tod ziehen! Verachtungswürdige Lebensraffer und Lebensaufklauber.
trübselige Lebenskriecher, ich rufe, rufe, rufe euch zur feurigen Selbstbefreiung auf Im Namen des Todes! Im Namen des Todes!
Sein gellender Ruf ging im allgemeinen Gezeter unter. Die Haare der Umstehenden sträubten sich.
Hunderte von grausamen Armen klammerten sich zerrend an Uuls Körper und Beine. Der Raserei der Armhaarigen gebot der dreimal wiederholte Ruf des Obersten Verwerfers Einhalt: „Im Namen des Lebens! Im Namen des Lebens! Im Namen des Lebens’ Laßt ab von dem verachtungswürdigen Todesverehrer!“
Als sich die Erregung ein wenig gelegt hatte, sprach Oor ein strenges Verdikt: „Du dürstest nach dem Tod und sollst das Leben empfangen. Schafft Uul in das unterirdische Verlies, wohin der Schein der Staubigen Sonnen und die Entladungen des Vaters Akkumulator nicht dringen, wo die Donnerstimme der Mutter Blitzspeicherin nicht zu hören ist. Möge er der Niedrigste der Niedrigen werden, der Nichtswürdigste der Nichtswürdigen, der Hungrigste der Hungrigen, der Stumpfsinnigste der Stumpfsinnigen. Sobald er sich über seine Einkerkerung freut, sobald die Qualen seiner Existenz ihn jauchzen lassen und er sich als Verwerfer des Endes erklärt, soll er herausgeholt werden.“
Der Gefangene wurde abgeführt. Oor sprang vom Postament. Die Menge strömte zum Ausgang. Ich sagte zu Oan: „Kehren wir zum Planelenflugzeug zurück.“
Er fragte, ob wir nicht vor den Obersten Verwerfer des Endes hintreten und erklären wollten, wer wir seien und wie wir seinen Anhängern helfen würden Doch ich hatte kein Verlangen, mit Oor Bekanntschaft zu schließen, schon gar nicht, sein Helfer zu werden.
5
Als wir uns mit den Spinnenförmigen durch den engen Tunnel hinausdrängten, flüsterte Lussin mir in Gedanken zu: „Wie unglücklich sie sind, Eli! Und beide Sekten sind gleichermaßen unglücklich. Ich habe geweint, als ich Oor und Uul zuhörte. Was für Leiden muß man durchmachen, um zu solch entsetzlichen Ansichten zu gelangen, zu solch verzweifeltem Tun!“
„Sie sind alle wahnsinnig!“ sagte Romero. „Das schwere Dasein hat sie grausam fanatisch werden lassen. Beide Sekten, wie unser Freund Lussin sie ganz richtig nennt, bestehen aus grausamen Fanatikern, und, ehrlich
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