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Menschen wie Götter

Menschen wie Götter

Titel: Menschen wie Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Snegow
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melodischen Stimme:
     
    „Lang ist es her. Ich weiß nicht, wann es war.
    Die Jahre schwanden hin gleich Schemen
    und tauchten in die Ewigkeit.
    Das matte Herz hat, was vergangen, längst vergessen.
    Lang ist es her. Ich weiß nicht, wann es war.
    Vielleicht ist’s nie gewesen!“
     
    „Die Antwort ist nicht sinnvoll, aber auch nicht ganz sinnlos“, bemerkte ich. „Und die Verse sind ein wenig besser als das dumme Zeug, das sie sonst von sich gegeben hat.“
    „Das Gedicht heißt übrigens ,Dem Gedächtnis Chopins’. Ich weiß nicht, ob er Ihnen bekannt ist, Eli.
    Und daß sich die Maschine des Gedächtnisses erinnerte, kann nur bedeuten, daß sie das Bewußtsein wiedererlangt. Die erste und wichtigste Eigenschaft des Bewußtseins ist das Gedächtnis! Ach, großartiger Eli, großartiger Eli, wissen Sie, welche Macht das Gedächtnis über den denkenden Verstand hat? Das Gedächtnis ist die einzige Garantie für Unsterblichkeit, der Katalysator, der jeden beliebigen Augenblick in Ewigkeit verwandelt, der einen zitternden Augenblick für immer unvergänglich und unverweslich konserviert!“
    Schwulst braucht Romero nicht auszuleihen, aber so hatte er noch nie zu mir gesprochen.
    „Welch eine Ode an die Erinnerung, Pawel!“
    „Heut nacht war Ihre Schwester bei mir. Erschrecken Sie nicht, mein Freund, einstweilen bin ich nicht verrückt. Ich weiß, daß Wera schon lange tot ist. Vor meiner Abreise von der Erde besuchte ich ihre Asche im Pantheon. Sie war bei mir in meiner Erinnerung, nur in meiner Erinnerung! Mein Leben ist ja plötzlich Erinnerung an mein Leben, und das war so schön, Schwager! Wera und ich waren uneins, Sie wissen das, Sie wissen alles, Admiral, nein, Sie waren noch nicht Admiral, Sie waren ein Jüngling ... Ich holte Wera auf dem Pluto ein, und ich eilte zu ihr ins Hotel, dorthin, wo sie und ich schon gewesen waren, in demselben Zimmer, Eli ... Ich kniete vor ihr nieder, küßte ihre Füße, und sie kniete ebenfalls nieder, und sie weinte und küßte mich, und sie freute sich unendlich, daß ich zurückgekehrt war, daß sie mir verzeihen konnte ... Eli, mein Freund, mein Schwager, ich bin Ihnen so dankbar für den Befehl, Ihrer Schwester nachzueilen, Sie haben mich zu neuem Leben erweckt. Wir knieten voreinander, das war gewiß komisch anzusehen, aber wir freuten uns und weinten, und wir küßten einander, und das war heute nacht, in der glücklichen heutigen Nacht, Eli!“ Er taumelte. Der Übergang vom Bewußtsein zum Fieberwahn erfolgte so plötzlich, daß ich Romero nicht unterbrechen, sondern ihn nur auffangen konnte, als er zur Seite sank. Er zuckte zusammen und kam zu sich. Seine Augen waren kummervoll verschleiert vor bitterem Glück!
    „Was ist mit mir? Was habe ich gesagt?“ fragte er.
    „Wir sprachen davon, daß die Schiffsmaschine das Bewußtsein wiedererlangt, Pawel. Lassen Sie uns nun hören, worüber Ellon, Orlan und Grazi so hitzig diskutieren.“
    Ellons Gespräch mit Grazi und Orlan verdiente unsere Teilnahme. Ellon wies nach, daß es für die Mechanismen eine Kleinigkeit sei, einen Ausgang in die Zukunft zu schaffen. Man brauche, um in die Zukunft abzugehen, die Zeit nur zu beschleunigen, ohne ihre Richtung zu ändern. Die natürliche Zeit laufe von der Vergangenheit zur Zukunft, der Kollapsan treibe sie an, und fertig! Schwieriger sei eine Reise in die Vergangenheit. Dazu müsse der Lauf der Zeit ins Gegenteil verkehrt werden. Der Kollapsan bewerkstellige auch diese Transformation. Aber wie verhielten sich die Objekte dazu, denen die Zeit das Vorzeichen ändere? Die toten Gegenstände spürten den Wechsel nicht, sie seien gleich in Vergangenheit und Zukunft. Doch Organismen gingen zugrunde, wenn die Zeit nicht auf besondere Weise umgedreht würde.
    „Die den Galakten so angenehmen natürlichen Gewebe der Lebewesen überstehen den Sprung durch die Nullzeit nicht.“ Ellon grinste schadenfroh. „Die künstlichen Organe aber ertragen ohne weiteres die Wende zum Rückwärtslauf.“ Der Galakt erhob sich majestätisch, so daß er Ellon überragte. „Du sagtest: Drehung der Zeit auf besondere Weise, Ellon? Wie ist das zu verstehen? Und warum ist es für natürliche Gewebe so gefährlich, die Null zu durchschreiten?“
    „Weil die Nullzeit der Stillstand aller Prozesse ist.
    Steinen und Metallen macht das nichts aus, für Lebewesen ist das der Tod.“
    Ich entgegnete, daß wir beim Zusammenstoß der beiden Sonnen den Stillstand der Zeit, den Verlust unseres „Jetzt“

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