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Menschenhafen

Menschenhafen

Titel: Menschenhafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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er Mats und Ingrid auf höheres Gelände folgte. »Das tun wir nicht. Nicht nach alldem. Oh nein.«
    »Muss Mama sterben?«
    »Sie ist nicht hier. Sie ist weit weg. Ihr kann nichts passieren.«
    »Warum ist sie weit weg?«
    Ein älteres Ehepaar, an dessen Namen sich Anders nicht erinnern konnte und das ein paar Häuser oberhalb des Lebensmittelladens wohnte, öffnete die Haustür und schaute hinaus. »Wo brennt es?«, fragte der alte Mann. Mats blieb stehen und zeigte aufs Meer hinaus.
    »Da kommt eine Welle. Bringt euch in Sicherheit.«
    Der Alte schaute blinzelnd aufs Meer, und seine Augen weiteten sich. Er packte die Hand seiner Frau. »Komm, Astrid.«
    Als das ältere Paar seine Holzschuhe angezogen und die Treppe hinabgestiegen war, hörte man ein ohrenbetäubendes Krachen aus dem Hafen, und ein Luftstoß ließ Anders vorwärtstaumeln. Maja quiekte, als sie glaubte, dass er auf sie fallen würde, aber er fand das Gleichgewicht wieder und taumelte dem Wald entgegen.
    Hinter sich hörte er ein Tosen wie von einem Wasserfall, und wenige Sekunden später wurden seine Füße von Meerwasser überspült. Eine kleine Eisscholle schlug gegen seinen rechten Fuß, und ein stechender Schmerz durchzuckte sein Bein. Er biss die Zähne zusammen und kreuzte humpelnd zwischen größeren und kleineren Eisschollen, die in dem Wasser schwammen, das aufs Meer zurückgesogen wurde.
    Glücklicherweise gehörte das ältere Paar zum zähen Stamm der Schärenbewohner und stapfte zwei Meter vor ihm und kurz hinter Mats und Ingrid mit seinen Holzschuhen durchs Wasser. Maja richtete sich auf und sah über seine Schulter.
    »Papa, da kommt noch eine!«
    Er drehte sich um. Die Fischerhütten im Hafen waren verschwunden, und die Uferlinie lag mehrere Meter weiter draußen, als hätte sich auch Domarö geschüttelt und aus dem Meer erhoben, um sich der drohenden Gefahr entgegenzustemmen. Leider war es jedoch nicht so. Es war die Welle, die das Wasser ansaugte. Die nächste Welle.
    Sie war noch höher als die vorige und trug eine verheerende Fracht aus Eisschollen heran. Der ganze Weg zum Hafen hinunter war von Eis bedeckt, das auf dem Erdboden, an Bäumen, an Gebäuden zerschellt war.
    Mats sah, dass Anders humpelte, und bot ihm an, Maja zu tragen, aber Anders schüttelte den Kopf. Er hatte sie so weit getragen, er würde sie den ganzen Weg tragen. Das Problem war nur, dass er kaum noch gehen konnte.
    »Warte, warte mal kurz!«, rief der alte Mann Anders zu und gab den anderen zu verstehen, dass sie weiterlaufen sollten. Anders blieb mit Maja auf dem Arm stehen, während der Greis zu seinem Haus zurückeilte. Jetzt erinnerte er sich wieder an den Mann. Er hatte Anders immer Heringe abgekauft und war auch damals schon ein alter Mann gewesen. Wenn Anders sich recht erinnerte, hatte er einen wirklich ungewöhnlichen Namen für einen alten Mann gehabt.
    Kristoffer, dachte Anders. Er heißt Kristoffer Ek. Der Vater von Torgny.
    Kristoffer verschwand außer Sichtweite, und Anders blickte besorgt aufs Meer hinaus. Es würde zwar noch etwas dauern, bis die nächste Welle sie erreichte, aber wenn sie kam …
    Ich bin das Meer.
    Er stand noch mit den Füßen im Wasser, und das Wasser verband ihn mit der Meereswand, die sich von der Förde näherte. Er erhob sich gegen sie, und Spiritus glühte in seinem Bauch, als er sein Bewusstsein verließ und mit der heranstürmenden Welle eins wurde.
    Halt an! Halt an!
    Er war in der Welle, und die Welle war in ihm, ihre irrsinnige Kraft lief durch Spiritus und in seine Finger, die sich um Majas Körper zu Fäusten ballten, als er zu zügeln, zu bremsen versuchte. Das Insekt in seinem Bauch spannte sich bis zum Äußersten an wie ein Muskel, und das war nichts für einen Menschen.
    Er wusste, dass es keinen Sinn hatte. Als würde man versuchen, ein durchgehendes Pferd mit einer Angelschnur aufzuhalten. Trotzdem stemmte er sich dagegen, bis die Grenze überschritten wurde und in seinem Inneren etwas platzte. Für einen Moment brannte es in seinem Bauch, und der Kontakt zum Wasser brach ab.
    »Aua, Papa! Du tust mir weh!«
    Er kehrte in die feste Welt zurück, in der seine Arme krampfhaft Maja umarmten. Er entspannte sich und musste sich konzentrieren, damit seine Beine nicht unter ihm nachgaben. Maja fragte an seinem Ohr: »Warum ist Mama weit weg?«
    »Wir rufen sie später an, Liebes. Später.«
    Die Welle schimmerte wie ein gigantischer Spiegel, der über die Meeresfläche geschleppt wurde, die Eisschollen waren

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