Merani und die Schlange unter dem Meer
ein.
»Möchtest du auch Puderzucker?«, fragte Merani, während Careedhal seinen Pfannkuchen füllte. Da der Junge nicht mit vollem Mund sprechen wollte, nickte er nur und stand im nächsten Augenblick in einer süßen, schwarzen Wolke.
Seine Schwester lachte, als sie ihn, mit Zucker bestreut, vor sich sah. »Jetzt weißt du endlich, wie es mir geht, wenn deine Zauberexperimente schiefgehen. Letztens hat er versucht, aus einem Regenwurm eine Riesenschlange zu machen. Das Ding ist gewachsen, sage ich dir! Dann hat es Hunger bekommen und mich gepackt. Careedhal, dieser Feigling, ist einfach davongelaufen …«
»Das ist nicht wahr!«, protestierte der Junge. »Ich wollte nur Papa holen. Der hat den Riesenwurm ins Freie gebracht, bevor er dir etwas tun konnte.«
»Und? Lebt das Ding immer noch auf eurer Insel?«, fragte Merani.
Careedhal hob unsicher die Arme. »So genau weiß ich das nicht, denn er ist kurz danach wieder zu einem einfachen Regenwurm geschrumpft und hat sich in die Erde verkrochen. Ich überlege noch immer, was bei meinem Experiment schiefgelaufen ist, denn eigentlich hätte er mir aufs Wort gehorchen müssen.«
»Sei froh, dass du keinen Bruder hast!«, rief Argeela theatralisch. »Seit ich denken kann, macht der Kleine Unsinn.«
»Was heißt hier Kleiner? Immerhin bin ich eine halbe Stunde älter als du«, beschwerte sich Careedhal.
Argeela wischte ihre fettigen Finger am Gras ab und stellte sich neben Careedhal. »Ich sagte kleiner Bruder, nicht jüngerer. Willst du abstreiten, dass du kürzer bist als ich?«
»Bei einem Magier kommt es ja auch nicht auf die Länge an, sondern auf das Talent, und da bin ich dir weit über!«
Noch klang das Wortduell der Zwillinge fröhlich, doch Merani wusste von früheren Besuchen her, wie rasch die beiden ins Streiten kamen, wenn niemand sie bremste. Daher stellte sie sich zwischen sie. »Ihr habt beide eure starken Seiten. Also haltet Frieden! Oder wollt ihr, dass ich euch mit meinen Kräften in die Luft hänge?«
Careedhal sah sie verblüfft an. »Könntest du uns wirklich beide zugleich hochheben? Im Allgemeinen kann sich ein Zauberer doch nur auf einen Gegenstand konzentrieren.«
Statt einer Antwort richtete Merani ihre Blicke auf zwei etwa eine Mannslänge auseinanderliegende Steine und ließ sie kraft ihres Willens hochsteigen. Einen Stein zu bewegen war für den, der diese Gabe besaß, recht leicht. Doch nur wenige Magier schafften es, zwei zur gleichen Zeit zu heben.
Argeela und Careedhal waren daher höchst beeindruckt und klatschten begeistert in die Hände, als Merani die beiden Steine in der Luft gegeneinanderprallen ließ.
»Ausgezeichnet! Dagegen bin ich ein Anfänger«, gab Careedhal neidlos zu.
»Ganz so schlecht bist du auch nicht. Im Vergleich mit mir bist du sogar sehr begabt«, widersprach Argeela ihrem Bruder.
Dieser grinste. »Manchmal sagt sie sogar die Wahrheit!«
Im nächsten Augenblick quiekte er auf, denn seine Schwester hatte ihn blitzschnell in den Arm gekniffen. »Vorsicht, Brüderchen! Du bist kleiner als ich und magisch noch nicht so gut, um das ausgleichen zu können.«
»Wollt ihr euch streiten oder Kristalle sammeln?« Ganz in demGefühl, mit ihren vierzehn Jahren fast zwei Jahre älter und um mindestens ebenso viele Jahrzehnte weiser zu sein als die Zwillinge, forderte Merani diese auf, mit ihr zu kommen.
»Wir müssen noch ein Stück weitergehen. Hier strahlt der magische Schutzschirm der Festung zu stark, als dass ich den geplanten Zauber anwenden könnte.«
»Was hast du vor?«, fragte Careedhal.
»Die schönsten magischen Kristalle in der Nähe der Burg sind längst gefunden, daher müssen wir etliche Meilen tiefer im Gebirge suchen. Da ich euch nicht zumuten will, den ganzen Weg zu Fuß zurückzulegen, werde ich einen Versetzungszauber sprechen.«
»So einen wie bei den Pfannkuchen?«, bohrte Careedhal weiter.
»Der war ein Klacks dagegen. So einen kann ich, wie ihr gesehen habt, sogar im Wirkungsbereich der Festung einsetzen. Doch für das, was wir vorhaben, brauche ich eine Spruchrolle.«
»Wer hat die geschrieben? Doch nicht etwa du?« So ganz traute Careedhal Meranis Fähigkeiten nicht.
Merani grinste nur und stand einen Herzschlag später einen ordentlichen Steinwurf von ihnen entfernt auf einer höheren Stelle des Weges. »Was ist, kommt ihr jetzt?«, rief sie ihren Freunden zu.
Während die beiden sich in Bewegung setzten, betrachtete Merani sie und wunderte sich wie schon so oft. Die
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