Merani und die Schlange unter dem Meer
zehn Meilen von hier entfernt.«
»Kannst du uns dorthin versetzen?«, fragte Argeela.
Merani machte eine hilflose Geste. »Das geht leider über meine Kräfte. Wir werden wohl zu Fuß gehen müssen!«
»Kannst du mir sagen, wie wir aus diesem Felsenkessel herauskommen sollen?«, fragte Argeela. »Die Wände sind zu steil, als dass Qulka mit ihrem Gepäck hochklettern könnte.« Sie sah den heißen Vla und die Pfannkuchen bereits entschwinden.
Die kleine Gurrländerin lachte jedoch nur, und als Merani ihre Taschen magisch zu sich hochgeholt hatte, machte sie sich trotzdes behindernden Rucksacks an den Aufstieg. Sie war kräftiger als die drei anderen und nicht weniger geschickt. Innerhalb kurzer Zeit hatte sie die Hälfte des Weges nach oben zurückgelegt, ohne auch nur ein einziges Mal abzurutschen. Dennoch setzte Merani ihre Kräfte ein und schwitzte Blut und Wasser, um ihre Zofe wie an einem Seil zu sichern. Als Qulka endlich oben war, wirkte die Zofe bei Weitem nicht so erschöpft wie ihre Herrin.
»Jetzt kommen wir!«, rief Argeela von unten hoch und stieg in die steile Wand ein.
Careedhal wollte ihr folgen, doch Merani hob beide Hände. »Halt! Ihr dürft nicht gleichzeitig hochsteigen, denn ich kann nur einem von euch mit meinen Levitationskräften helfen.« Zu ihrer Erleichterung kletterte Careedhal die gute Mannslänge, die er bereits zurückgelegt hatte, wieder hinab. Daher konnte Merani sich auf ihre Freundin konzentrieren. Argeela rutschte mehrfach ab und hing einmal ganz an Meranis magischem Seil.
»Pass doch besser auf!«, schimpfte diese und atmete erst auf, als Argeela den oberen Rand erreicht hatte und Qulka sie von der Felskante wegzog. Ihr tadelnder Blick ließ die Freundin ein wenig schrumpfen. »Tut mir leid, aber ich wollte rasch heraufkommen, um dir weniger Arbeit zu machen.«
»Hättest du langsamer gemacht und besser aufgepasst, hätte ich weniger als ein Viertel der Kraft aufwenden müssen, die ich jetzt für dich verbraucht habe!«, fauchte Merani sie an.
»Hättest du deine Versetzungsspruchrolle richtig geschrieben, hätte ich überhaupt nicht klettern müssen.« Argeela schnaubte beleidigt und kehrte ihrer Freundin den Rücken zu.
Der Vorwurf traf. Merani nahm sich vor, die Spruchrolle noch einmal ganz genau anzusehen, um herauszufinden, welchen Fehler sie gemacht hatte.
Da empfing sie Careedhals Gedankenbotschaft. »Ich glaube nicht, dass es dein Fehler war. Irgendetwas liegt in der Luft, das Zauber nicht richtig gelingen lässt.«
»Wie meinst du das?« Merani schloss die Augen und versuchte die Magie einzuordnen, die über diesem Land lag. Zuerst glaubte sie, es wäre alles wie sonst auch, doch dann nahm sie Spuren anderer magischer Farben wahr, darunter sogar ihre eigene Feindfarbe Weiß. Doch die Magie wirkte seltsam verharzt, so als wäre sie aus alten, defekten Zauberkristallen ausgelaufen.
»Interessant, nicht wahr?«, hörte sie jetzt Careedhal neben sich sagen. Als sie sich umdrehte, sah sie, dass er inzwischen heraufgeklettert war, ohne ihre Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein nachdenkliches Lächeln lag um seine Lippen, und in seinen Augen, die bisher nur violett geschimmert hatten, spiegelten sich nun auch die übrigen fünf magischen Farben, ohne dass sich die jeweiligen Gegenfarben berührten. »Wie machst du das?«, fragte sie verdattert.
»Was?«
»Na, deine Augen! Argeela, komm her und schau dir das an!«
Sofort vergaß Argeela ihren Ärger und trat neben ihren Bruder. Als sie ihm in die Augen blickte, stieß sie einen keuchenden Laut aus. »Das sind dieselben Augen, die Papa hat. Er ist der einzige Sechsfarbenmagier dieser Welt!«
Als Sechsfarbenmagier wollte Merani Fürst Argo nicht bezeichnen, da seine einzige Kunst darin bestand, jeden Zauber in seiner Nähe zu schwächen oder ganz unmöglich zu machen. Daneben besaß er aber noch die Fähigkeit, sich in einen Feuer speienden Arghan zu verwandeln. Im Augenblick interessierte sich Merani jedoch mehr für Careedhal.
»Wie hast du das angestellt?«, fragte sie ihn.
»Was denn? Ich habe doch gar nichts gemacht!« Careedhal hielt dann aber auf Anraten seiner Schwester die Hand vor die Augen und sah nun selbst den Widerschein der magischen Farben, der sich darauf abzeichnete.
»Interessant!«, kommentierte er und begann zu grinsen. »Ich habe die gelbmagische Farbe schon immer besser vertragen als Argeela. Diese Fähigkeit muss ich von Papa geerbt haben.«
Auch Merani wollte etwas sagen, doch da zupfte
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