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Meridian

Titel: Meridian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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erholt, um mit mir zu flirten. Seine freundschaftlichen Neckereien hatten mir gefehlt. Seine lodernden Blicke. Die Küsse, von denen ich träumte.
    »Hmmm.« Ich erwiderte sein Lächeln und wollte ihn schon fragen, ob er Lust hatte, mich zu küssen.
    »Also?«, meinte er. »Schau mich an.« Er drehte mich zu sich herum, bis wir uns dicht gegenübersaßen.
    Meine Augen blieben geschlossen. Obwohl ich mir wie ein Feigling vorkam, konnte ich die Vorstellung nicht ertragen, in seinem Blick zu sehen, was hätte sein können.
    »Schau mich an«, wiederholte er.
    Ich hob die Lider, und die Furcht legte sich gerade lang genug, dass ich mich noch ein bisschen mehr in ihn verliebte.
    »Jetzt sind wir quitt. Ich habe dich gepflegt, und du hast mich gepflegt. Ich habe dich beschützt, und du hast mich beschützt. Also sind wir nun, in diesem Augenblick, ebenbürtig.«
    »Oh.« Ich verstand nicht, worauf er hinauswollte.
    »Keine Verpflichtungen. Keine Befehle von der Tante, die darauf beharrt, dass ich dein Wächter bin. Wenn du mich willst, musst du es mir selbst sagen.«
    »Aber natürlich will ich dich.« Als ich die Arme um seinen Hals schlang, spürte ich, wie er erschauderte. »Ich liebe dich.«
    Er schmiegte das Gesicht in mein Haar. »Dann machen wir es richtig. Seite an Seite. Und halten dem anderen den Rücken frei.«
    »Keine Geheimnisse?«
    »Keine Geheimnisse. Wir bleiben zusammen. Du und ich.«
    »Zusammen«, wiederholte ich und berührte seine Lippen mit meinen. Sie waren weich und fest. Der Kuss zog und zerrte an meinem ganzen Körper. Wir ergänzten uns, als hätten wir es schon Millionen von Malen getan. Ich schmeckte das Morgen auf seinen Lippen.
    Nach dem Kuss lagen wir einander in den Armen. »Dann also los«, riefen wir beide, beinahe im Chor.
    Custos kläffte, während wir unsere Sachen zusammenpackten, den Müll wegwarfen und Matten und Decken wegräumten. Ich wusste, dass wir die Höhle bewohnt vor-finden würden, falls wir je hierher zurückkehrten, denn die Natur würde sich den Raum zurückerobern. Ich nahm das Tagebuch und die Bankunterlagen mit. Den Großteil meiner Kleider und die Zeitschriften vermachte ich den Eichhörnchen und Spinnen.
    »Hast du alles?« Tens ließ seine Holzschnitzereien stehen, verstaute aber den braunen Pulli, den ich in der ersten Nacht getragen hatte, in seiner Tasche.
    Ein letztes Mal betrachtete ich die Höhle. »Ich muss mich von Tante Merry verabschieden.«
    »Ich weiß. Wenn wir jetzt losgehen, sind wir vor Sonnenuntergang dort.« Tens griff nach meiner Hand und zog mich hinter sich her.
    Im Wald wimmelte es von Tieren, die das frühlingshafte Wetter mitten im Winter genossen. Wir begegneten Hirschen und Elchen, zahlreichen Vögeln und einigen Kaninchen. Custos wich uns nicht von der Seite, als wisse sie, dass sich unsere Zeit in diesen Wäldern dem Ende näherte.
    Ich roch das Haus, lange bevor wir durch die Bäume traten. Sein verkohltes Skelett war in sich zusammengesackt,als hätte es mit einem letzten Seufzer den Kampf aufgegeben. Wir durchsuchten den Schutt nach etwas, das sich vielleicht noch retten ließ. Ich sammelte ein paar Geschirrteile und eine geschmolzene und verbogene silberne Gabel ein. Charles’ Bilder waren ebenso zerstört wie die Fotos. Als mir klarwurde, dass ich kein Foto von meiner Tante besaß, brach es mir fast das Herz.
    Das Rumpeln von Autoreifen sorgte dafür, dass wir hinter dem verbrannten Wrack des Landrover in Deckung gingen.
    »Das ist Jaspers Auto«, raunte Tens mir ins Ohr.
    Ich erkannte Sarah, seine Enkelin, als sie den Motor abschaltete und ausstieg, und ging ihr entgegen, um sie zu begrüßen. »Sarah.«
    »Meridian. Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist.«
    »Wie hast du uns gefunden?« Tens war mir gefolgt.
    »Ihr würdet es mir wahrscheinlich nicht glauben, wenn ich es euch erzähle.« Sarah zuckte mit den Achseln. »Ich dachte, ihr könntet vielleicht diesen Pick-up gebrauchen. Gestern Nacht im Schlaf ist mir mein Großvater erschienen. Er las Zeitung, rauchte eine Zigarre und trank dabei eine Tasse von der schlammigen Brühe, die er immer als Kaffee bezeichnete.«
    Ihre Miene wurde wehmütig, als sie sich erinnerte. »Seit ich denken kann und vermutlich noch viel länger, fing bei ihm der Tag so an. Noch vor dem ersten Hahnenschrei schnappte er sich die Zeitung, um zu sehen, ob er beim Schlafen etwas verpasst hatte.« Sie versuchte, die traurigen Gedanken abzuschütteln. »Jedenfalls hat er die heutige Ausgabe

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