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Merlin und der Zauberspiegel

Merlin und der Zauberspiegel

Titel: Merlin und der Zauberspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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verschwunden. Eine Nebelwelle überschwemmte mich und hüllte mich völlig ein. Immer tiefer
     trug sie mich in einen eigenen dunstigen Tunnel. Ich fiel hinunter in die Nebelschwaden, unfähig meinen Absturz aufzuhalten.
     Während die Luft um mich herum dunkler wurde, wusste ich nur, dass ich meine Wahl getroffen hatte. Und dass mein Schatten
     mit mir stürzte, wohin es auch sein mochte.

XXVI
EINE TREUEPROBE
    D ie Dunkelheit nahm zu und verdichtete sich zu einem kalten, erdrückenden Gewicht, das mich von allen Seiten bedrängte. Meine
     Knochen, jede einzelne Ader in mir schrie vor Schmerz. Dann ließ der Druck plötzlich nach. Das Licht kehrte zurück. Ein jähes
     Klirren – und dann knallte etwas neben meinen Kopf. Den Bruchteil einer Sekunde später prallte ein Holzspeer von der Steinsäule
     hinter mir, sein Schaft schlug mir an die Schläfe. Verwirrt stolperte ich vorwärts und wäre fast in einen stinkenden Tümpel
     gefallen.
    Das Moor! Ich war zurückgekehrt. Ich rieb mir den Kopf und schaute auf den Torbogen und den Spiegel darin. Nebelwolken wogten
     hinter der beweglichen Oberfläche, genau wie seit endlosen Zeiten.
    »Hallia!«, rief ich. »Wo . . .« Bevor ich wusste, was geschah, packte mich eine dreifingrige Hand an der Kehle und warf mich
     um. Ich stürzte und spritzte Sumpfwasser in alle Richtungen.
    Ich rollte mich im Schlamm herum und schaute zu einem muskulösen Angreifer auf. Seine schmalen Augen funkelten unter einem
     spitzen Helm, ein Harnisch bedeckte fast seine ganze Brust. Schweiß lief in Strömen über die graugrüne Haut seiner Arme. Ein
     Kriegergoblin! Woher mochte er gekommen sein? Die Kriegergoblins, die den Einsturz des verhüllten Schlosses überlebt hatten,verbargen sich jetzt in den entferntesten Teilen des Landes. Sie zeigten sich nicht – es sei denn, überlegte ich entsetzt,
     jemand bot ihnen Schutz im Tausch ihrer Dienste. Jemand, der wirklich böse war.
    »Hier ist noch einer«, schnarrte der Goblin und versetzte mir einen Tritt in die Rippen, während er sein breites Schwert hob.
    Ich hielt mir die Seite und konnte deshalb mein Schwert nicht ziehen. Ich fuhr herum und wich gerade noch der Klinge des Goblins
     aus, die in den Schlamm stieß. Bevor er sie wieder heben konnte, packte ich die Spitze meines Stocks und schwang ihn. Der
     Griff traf seinen Kopf und schlug den Helm ab. Der Goblin brüllte und taumelte ins Sumpfgras, wo er reglos liegen blieb.
    Benommen kam ich auf die Füße und drückte die Hand gegen die schmerzenden Rippen. Plötzlich fing ich den Geruch auf. Süß,
     überwältigend süß strömte er in meine Lungen und beleidigte sie zugleich. Ich schauderte, als würde schreckliches Unheil über
     mir zusammenschlagen, denn ich erkannte den Duft sofort: Rosenblüten.
    »So, so, du hast also doch noch beschlossen dich zu zeigen.« Nimues kalter, humorloser Ton traf mich empfindlicher als der
     Tritt des Goblins.
    »Wo bist du?«, rief ich in die Sumpfnebel, die das Tor umkreisten. »Wo ist Hallia?«
    Die körperlose Stimme fuhr ohne Pause fort: »Du hast mich so erschreckt, du Zaubererkind. Ich hatte schon befürchtet, dass
     du versuchst diesem dummen Dienerjungen in den Spiegel zu folgen.«
    Fast hätte ich geantwortet – und hielt mich gerade noch zurück.
    »Du hättest dein Leben erheblich verkürzt, hmmm? Und mich dadurch des Vergnügens beraubt, das selbst zu tun.« Sie gab ein
     langes, leises Knurren von sich. »Auch dieser Spiegel wird eines Tages meinen Zorn zu spüren bekommen! Denn ich habe zwar
     die Reise durch seine nebligen Flure überlebt, als ich herkam, aber die Narben spüre ich immer noch. Und ich habe nicht die
     geringste Lust, sie wieder aufzureißen – bis der Rest meiner Kräfte, die du mir so unbarmherzig abgerungen hast, wiederhergestellt
     ist. Nein, vergrößert! Deshalb habe ich beschlossen eine Weile auf deiner hübschen kleinen Insel zu bleiben, um meine Kräfte
     zu sammeln plus ein paar kostbare Kinkerlitzchen. Hmmm, ja, wie zum Beispiel deinen Stock.«
    Ich packte meinen Stock fester, während ich immer noch in den Nebel spähte.
    Nimue kicherte vor sich hin. »Aber das alles ist nicht weiter wichtig. Tatsache ist, ich genieße es ungeheuer, Probleme zu
     lösen. Besonders mehrere Jahrhunderte im Voraus. Deshalb glaube ich, dass ich
dich
lösen werde, kleiner Zauberer. Hier und jetzt.«
    Und damit nahm sie Gestalt an und trat aus der Luft vor mir. Ihr weißes Gewand, so makellos wie immer, bauschte sich um sie,
    

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