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Merlin - Wie alles begann

Merlin - Wie alles begann

Titel: Merlin - Wie alles begann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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ausgehen würde. Besser, gelassen zu bleiben, wenn ich es schaffte. Es würde sehr schwer sein, die Hände ruhig
     zu halten. Aber die Zunge? Noch schwerer.
    »Wer aus Luft gemacht ist, sollte den Wind nicht beleidigen.«
    »Was soll das heißen, du Bastard von einem Hund?«
    Ich hatte keine Ahnung, woher die Worte kamen, die ich als Nächstes sagte. »Ich meine, du solltest niemand einen Bastard schimpfen,
     weil dein Vater nur ein sächsischer Kaufmann war, der eines Nachts durch dieses Dorf ritt und nichts zurückließ als dich und
     eine leere Flasche.«
    Dinatius riss den Mund auf und schloss ihn ohne etwas zu sagen. Mir wurde klar, dass ich ausgesprochen hatte, was er immer
     als wahr gefürchtet, aber nie zugegeben hatte. Ein Satz, der stärker traf als eine Keule.
    Er wurde rot. »Das stimmt nicht! Mein Vater war ein Römer, ein Soldat! Das weiß jeder.« Er starrte mich wütend an. »Ich werde
     dir zeigen, wer der Bastard ist.«
    Ich trat einen Schritt zurück.
    Dinatius ging auf mich zu. »Du bist nichts, Bastard. Nichts! Du hast keinen Vater. Kein Zuhause. Keinen Namen! Wo hast du
     den Namen Emrys gestohlen, Bastard? Du bist nichts! Und mehr wirst du nie sein!«
    Ich zuckte bei seinen Worten zusammen, obwohl ichden Zorn in seinen Augen sah. Ich schaute mich nach einer Fluchtmöglichkeit um. Heute flogen keine Vögel am Himmel. Ein Gedanke
     fuhr mir durch den Kopf.
Keine Vögel am Himmel.
    Genau wie gestern deutete ich hinauf und rief: »Schau mal! Ein Geschenk des Himmels!«
    Diesmal sah Dinatius, der sich gerade auf mich stürzen wollte, nicht hoch. Stattdessen krümmte er sich, als wollte er seinen
     Kopf vor einem Schlag schützen. Das war alles, worauf ich hoffen konnte. Ich drehte mich um und rannte so schnell wie ein
     verängstigtes Kaninchen über den regennassen Mühlhof.
    Brüllend vor Zorn lief er mir nach. »Komm zurück, Feigling!«
    Ich rannte durchs Gras, sprang über einen zerbrochenen Mühlstein und ein paar Holzstücke und raste über die Brücke, meine
     Lederstiefel klatschten auf den Steinen. Noch bevor ich drüben war, hörte ich über meinem Keuchen seine Schritte. Ich machte
     einen scharfen Bogen nach rechts und lief zur alten Römerstraße am Flussufer. Rechts von mir brauste der Tywy. Links dehnte
     sich dichter Wald bis zu den Hängen des Y Wyddfa, nur von den Pfaden der Rehe und Wölfe durchbrochen.
    Sechzig oder siebzig Schritte lang blieb ich auf der Steinstraße und hörte die ganze Zeit, wie Dinatius näher kam. Auf einer
     kleinen Anhöhe stürzte ich mich in das Farndickicht am Waldrand. Obwohl die Dornen meine Beine zerkratzten, lief ich verzweifelt
     weiter. Dann befreite ich mich aus dem Farn, sprang über einen heruntergefallenen Ast, ein Bächlein und kletterte auf der
     anderen Seite einen moosigen Felsen hinauf. Ich fand einen schmalenRehpfad, der sich wie eine endlose Schlange über den Waldboden wand, und rannte darauf weiter, bis ich in einem Gehölz mit
     hohen Bäumen war.
    Ich hielt gerade lange genug an, um zu hören, wie Dinatius hinter mir durch die Zweige brach. Ohne nachzudenken duckte ich
     mich auf das Tannennadelkissen auf dem Boden und sprang auf den niedrigsten Ast einer großen Tanne. Wie ein Eichhörnchen arbeitete
     ich mich hinauf, einen Ast nach dem anderen, bis ich drei Mann hoch vom Boden entfernt war.
    In diesem Moment kam Dinatius in das Gehölz. Direkt über ihm hing ich mit jagendem Herzen, schmerzenden Lungen und blutenden
     Beinen am Ast. Ich versuchte regungslos zu bleiben, ruhig zu atmen, obwohl meine Lungen nach mehr Luft schrien.
    Dinatius schaute nach links und rechts und kniff die Augen zusammen, damit er in dem düsteren Wäldchen etwas sah. Einmal schaute
     er hoch, bekam aber ein Stückchen Rinde ins Auge und schrie: »Verdammter Wald!« Dann hörte er ein leises Rascheln hinter dem
     Gehölz und lief in diese Richtung.
    Fast den ganzen Morgen lang wartete ich auf diesem Ast, beobachtete, wie das Licht langsam über die Nadelzweige streifte und
     der Wind noch langsamer zwischen den Bäumen durchstrich. Endlich war ich überzeugt, dass ich Dinatius entkommen war, und wagte
     es, mich zu bewegen. Aber ich stieg nicht hinunter.
    Ich stieg hinauf.
    Als ich die Treppe aus Ästen erklomm, merkte ich, dass mein Herz immer noch raste, aber weder vor Furcht noch vor Anstrengung.
     Es hämmerte vor Erwartung. Etwas andiesem Baum, diesem Augenblick erregte mich auf eine Art, die mir unbegreiflich war. Jedes Mal wenn ich mich auf einen

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