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0472 - Sie war nur ein 5-Dollar-Girl

0472 - Sie war nur ein 5-Dollar-Girl

Titel: 0472 - Sie war nur ein 5-Dollar-Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
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Ich durchquerte die winzige Halle des Hotels. In der Rezeption saß ein kahlköpfiger Mann. Er starrte mir grinsend entgegen, als wisse er alles über mich und freue sich schon darauf, mich bei passender Gelegenheit in die Pfanne hauen zu können. Auf seiner Glatze spiegelte sich der Lichtschein einer nackten Glühbirne.
    »Naddish«, sagte ich. »Joe Naddish. Haben Sie das Zimmer reserviert? Ich habe angerufen.«
    Er fuhr fort, mich anzugrinsen. »Klar«, sagte er dann. »Naddish. Joe Naddish. Zimmer 13.«
    Ich zog fröstelnd die Schultern hoch und schaute mich kurz um. Der Teufel mochte wissen, wie es kam, daß diese Absteige im südlichen Brooklyn mit der irreführenden Bezeichnung »Hotel« protzte. Am Treppenaufgang welkte eine kümmerliche Topfpalme in staubiger Trauer dahin. Die andere Seite der abgetretenen linoleumbelegten Stufen wurde von einem Spucknapf verunziert, der so aussah, als ertrüge er sein jammervolles Dasein schon seit den Tagen, wo New York noch New Orange hieß.
    »Ihr Schlüssel, Naddish«, sagte der Portier.
    Ich blickte ihn an. Sein Grinsen gefiel mir ebensowenig wie die Tatsache, daß er den Namen Naddish so penetrant wiederholte. Schließlich hieß ich nicht Naddish, sondern Jerry Cotton. Es machte mich nervös, daß er sich über mich lustig zu machen schien.
    »Haben Sie kein Gepäck?« fragte er. Ich knöpfte den nassen Mantel auf und holte ein Päckchen Zigaretten aus dem Anzug. Ich klemmte mir einen Glimmstengel zwischen die Lippen und wartete darauf, daß der Portier mir Feuer gab. Aber er blieb sitzen und beehrte mich weiterhin mit dem, was er möglicherweise für ein Lächeln hielt.
    »Mistwetter«, knurrte ich und fand endlich mein Feuerzeug. Es funktionierte nicht. Erst jetzt legte mir der Portier ein Päckchen Streichhölzer auf den Tresen. Der knallbunte Umschlag war mit dem Werbeslogan bedruckt:
    Vermeide Unfälle! Das nächste Leben, das du rettest, könnte dein eige- - nes sein!
    Zum Teufel mit der Symbolik. Ich zündete mir die Zigarette an. Sie schmeckte wie altes Messing. »Gepäck?« fragte ich. »Ich habe es im Schließfach gelassen. Hole es später ab.«
    »Später?« fragte er. »Es ist kurz vor ein Uhr.«
    Ich grinste. »Na und? Ich bin ein Nachtmensch.«
    Das stimmte sogar. Alle FBI-Agenten sind Nachtmenschen, das bringt der Beruf so mit sich.
    Dann ging der Spektakel los. Er'begann im ersten Stockwerk über uns, pflanzte sich über die schmale Treppe bis zur Rezeption fort und fand hier einen kurzen, zweifellos sehr beeindruckenden Höhepunkt. Erzeuger des Lärms waren ein Mädchen in einem sehr knapp sitzenden grünen Kleid und ein Mann, von dem nicht viel zu sehen war, da er den Kopf eingezogen hatte, um den wütenden Hieben und Püffen des Mädchens zu entgehen. Das Mädchen war die Hauptbeteiligte des Tumults. Sie zeterte, als gälte es, eine große Szene à la Shirley McLaine abzuziehen. Der Mann stolperte hinaus in den Regen. Schwer atmend wandte sich das Mädchen um. Man sah ihr an, daß sie während ihres Lebens kein einziges Mal versucht hatte, sich mit bürgerlichen Prinzipien auf guten Fuß zu stellen.
    Als sie mich am Rezeptionstresen entdeckt hatte, lächelte sie so plötzlich, als habe es weder eine Anhäufung rüder, vulgärer Worte aus ihrem Mund gegeben noch die Teilnahme an einer unwürdigen Prügelszene. Mit wiegenden Hüften kam sie auf mich zu. Sie hatte einen hübschen rotschillernden Mund. »Haben Sie dafür noch Töne?« fragte sie und schob mir ihre Version eines kühnen Ausschnittes ins Blickfeld. »Erst schleppt er mich ab, und dann stellt sich heraus, daß er keinen Kies in der Brieftasche hat.«
    Ich grinste. »Der glaubte eben noch an echte Liebe.«
    Das Mädchen lachte. Es klang hart und nicht sehr lustig. »Das war sein Fehler, Chum. Neu in der Stadt?«
    »Brandneu«, sagte ich grinsend.
    »Was Ihnen fehlt, ist eine tüchtige Führerin«, meinte sie. »Eine, die Bescheid weiß.« Sie produzierte dabei ein Lächeln, das auf seine Art nicht weniger erschreckend war als das des Portiers. »Kommen Sie mit hinauf?« fuhr sie halblaut fort. »Ich habe mir wegen des Kerls eine Flasche Whisky aufs Zimmer kommen lassen. Allein schaffe ich sie nicht. Wie wäre es, wenn Sie mich dabei unterstützten?«
    Der Geruch meines nassen Regenmantels vermengte sich mit dem Duft ihres billigen Parfüms. Ich betrachtete das Mädchen mit mildem Grinsen. Ja, sie war billig, aber gleichzeitig war sie auf eine provozierende Art hübsch. Sie hatte eine

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