Merry Ex-Mas
etwas von den Kuchen aufgefüllt hatten, „es ist wieder einmal an der Zeit, dass wir uns überlegen, wofür wir dankbar sind. Wer möchte anfangen?“
Dankbarkeit. Manchmal war die Herausforderung, dankbar zu sein, immens groß gewesen. Häufig genug war Cass eine schreckliche Heuchlerin gewesen, die ihre Kinder ermutigt hatte, das Positive zu sehen, während sie selbst verbittert und voller Groll gewesen war.
Genau genommen hatte dieser Gemütszustand sie fast durchgehend beherrscht, solange sie verheiratet gewesen war. Schon als sie verlobt gewesen waren, hatte sie sich darüber geärgert, dass Mason zur Navy gegangen war. Und kaum hatten sie ihren ersten eigenen Hausstand gegründet, war er auch schon das erste Mal davongesegelt. Er hatte sogar die Geburt seiner ersten Tochter verpasst; stattdessen hatte ihre Mutter ihr bei der Geburt ihrer Tochter beigestanden. Lieber meine als seine Mutter, hatte sie sich getröstet. Dafür hatte sie damals dankbar sein können. Und sie war dankbar gewesen, als Mason aus der Navy ausgeschieden war. Als er dann jedoch wieder zur Schule gegangen war und seine Familie vernachlässigt hatte, weil er so viel lernen musste, war sie alles andere als dankbar gewesen. Genauso wenig wie anschließend, als er sich für einen Beruf entschieden hatte, bei dem er ständig unterwegs war, sodass sie ihn kaum noch zu Gesicht bekam. Mason war entschlossen gewesen, Karriere zu machen, doch für seine Familie war auf dem Weg dorthin wenig Raum geblieben. Cass hatte die Kinder getröstet und ihnen bei ihren Mathehausaufgaben geholfen, hatte sie bei jedem Ballspiel von der Seitenlinie aus angefeuert. Und was hatte er getan?
Du sollst dankbar sein, vergiss das nicht . Okay, sie war dankbar, dass sie nicht länger mit ihm zusammen war.
„Ich bin für etwas dankbar“, sagte Dani. Sie griff in ihre Jeanstasche und zog einen Diamantring heraus, den sie sich dann auf den Finger steckte.
„Oh, Wahnsinn, du bist verlobt!“, kreischte Amber.
Cass legte ihre Kuchengabel beiseite und sah ihre Tochter fassungslos an. Natürlich hatte sie gewusst, dass das kommen würde. Aber sie war ein wenig beleidigt, dass ihre Tochter ihr nichts davon gesagt hatte, bevor sie es allen anderen erzählte. „Wann ist das denn passiert?“, fragte sie.
Danis braune Augen funkelten vor Aufregung. Sie schaute zu Mike, und die beiden lächelten sich an, wie es nur Verliebte tun können. „Gestern Abend. Wir wollten warten und euch alle überraschen.“
Na, das hatte geklappt.
„Na ja, ich weiß ja nicht recht, ob hier wirklich jemand überrascht ist“, meinte Dot, „aber ich bin sicher, dass du damit den Tag für deine Mutter zu einem wirklichen Festtag gemacht hast.“
Natürlich hatte sie das. Wieso saß Cass jetzt da wie ein begossener Pudel? Sie sprang auf und umarmte ihre Tochter und ihren zukünftigen Schwiegersohn. „Das ist ja großartig. Ihr beiden werdet bestimmt ganz glücklich zusammen.“
Wieso auch nicht? Anders als ihre Mutter in dem Alter hatte Danielle sich weise und vernünftig verhalten, als sie sich einen Partner gesucht hatte. Sie hatte sich nicht Hals über Kopf in eine Beziehung gestürzt, hatte sich nicht nur von ihren wild gewordenen Hormonen leiten lassen und war nicht vor lauter Liebe blind geworden. Sie hatte auf den richtigen Mann gewartet. Die beiden gaben das perfekte Paar ab: Mike mit seinen dunklen Haaren und Augen und der kräftigen Statur, Dani mit dem helleren Haar und der schlanken Figur. In ihrem Hochzeitsstaat würden sie so vollkommen aussehen, dass sie als Figuren jede Hochzeitstorte zieren könnten.
„Das schreit geradezu nach noch mehr Kuchen“, erklärte Drew grinsend und nahm sich noch ein Stück.
„Ich werde ja wohl Brautjungfer, oder?“, fragte Amber ihre Schwester.
„Natürlich“, versicherte Dani ihr.
„Du solltest schon mal deinen Armani in die Reinigung bringen“, meinte Cass zu Drew. „Dani braucht dich bestimmt, damit du sie zum Altar geleitest.“
Danis Miene verlor etwas von ihrem Glanz, und sie biss sich auf die Lippen.
„Hey, ich bin schon glücklich, wenn ich mit deiner Mom in der ersten Reihe sitzen darf“, sagte Drew hastig. „Ich muss nicht derjenige sein.“
O doch, das musste er. Wer sollte es sonst machen? O nein. Auf keinen Fall …
„Eigentlich hatte ich gehofft, dass Daddy mich zum Altar führt“, sagte Dani.
Dieser Nichtsnutz von einem Vater? Der Mann, der den Großteil von Danis Leben durch Abwesenheit geglänzt hatte?
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