Merry Ex-Mas
Cass ließ sich auf ihrem Stuhl zurückfallen und starrte ihre Tochter über den Tisch hinweg an.
Auf Danis Wangen zeichnete sich eine tiefe Röte ab, und schuldbewusst wich sie dem Blick ihrer Mutter aus.
„Daddy?“, wiederholte Cass, und ihre Verbitterung war unüberhörbar. Sehr erwachsen, ermahnte sie sich selbst. So schaffst du es bestimmt, deiner Tochter den Tag zu verderben.
Dani besaß ein sonniges Gemüt und wollte es gern allen recht machen. Daher kam man in der Regel gut mit ihr aus, aber jetzt schob sie trotzig ihr Kinn vor. „Ich weiß, dass er das gern tun würde.“
Oh, er wäre auch gern immer da gewesen, nur leider hatte das nie geklappt.
Erst in letzter Zeit. Er und seine zweiunddreißigjährige Vorzeigegattin Babette glaubten anscheinend, sie könnten die Kinder dazu bringen, jedes Mal nach Seattle zu kommen, wenn er von seinen Geschäftsreisen zurück war. Dann versuchte er, ihre Zuneigung mit Einkaufstrips und Tickets für Spiele der Seahawks zu gewinnen.
Offenbar gelang ihm das. Am liebsten hätte Cass den Wishbone, den sie extra noch aufgehoben hatte, in tausend Stücke zerbrochen. Das war einfach nicht in Ordnung. Nur: Wie sollte sie Dani dazu bringen, das genauso zu sehen?
Sie räusperte sich. „Du weißt doch, dass er viel unterwegs ist.“
„Ja“, meinte Dani, „aber ich möchte eine Weihnachtshochzeit feiern, und Weihnachten ist er da.“
„Weihnachten?“ Willie verzog das Gesicht.
Dani sah ihn böse an. „Was ist? Hast du Angst, dass dann der Weihnachtsmann nicht kommt?“ An die anderen gewandt, fügte sie hinzu: „Wir dachten an das Wochenende vor den Weihnachtstagen.“
„Dann bleibt nicht mehr viel Zeit zum Planen“, stellte Dot fest. „Wieso habt ihr es so eilig?“
Jetzt strahlte Mike so, als hätte er etwas Großes zu verkünden.
Dani kam ihm zuvor: „Weil Mike einen Job als stellvertretender Geschäftsführer in einem Baumarkt in Spokane bekommen hat. Und wenn er wegen dem neuen Job umzieht, will ich mitgehen.“
Alle am Tisch gratulierten Mike herzlich.
Alle außer Cass, die unter Schock stand. Sie würden wegziehen. Ihre Tochter würde praktisch verschwinden, kaum dass sie geheiratet hatte. Der Traum, dass Dani hier in Icicle Falls eine Familie gründen, dass sie irgendwann die Bäckerei übernehmen würde, zerplatzte wie eine Seifenblase. Cass musste sich sehr beherrschen, um nicht in Tränen auszubrechen. Sie schob den Teller mit dem halb aufgegessenen Kürbiskuchen von sich und hoffte, dass jetzt niemand fragte, wofür sie dankbar war.
„Wie auch immer, wir wollen nur im kleinen Rahmen heiraten“, sagte Mike. „Nichts Großes.“
Nichts Großes? Dani hatte sich immer eine große Hochzeitsfeier samt Trauung in der Kirche gewünscht. Was war aus dem Traum geworden?
„Und ich weiß, dass Daddy an dem Wochenende kommen kann“, fügte Dani hinzu.
„Du hast schon mit deinem Vater darüber gesprochen?“ Bevor du mir davon erzählt hast? Das tat weh. Das tat sogar entsetzlich weh.
„Nur um zu hören, ob er Zeit hat“, antwortete Dani. „Ich dachte mir, dass alle herkommen und dann die Woche über hierbleiben können.“
„Hier?“, krächzte Cass.
„Oh, oh“, murmelte Drew.
„Hier ist nichts frei“, erklärte Cass fest. In den Hotels gab es bestimmt keine Zimmer mehr.
Dot zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich könntest du sie bei Olivia unterbringen.“
Vielen Dank, Dot. Erinnere mich rechtzeitig daran, dass ich dich nie wieder zum Thanksgiving-Essen einlade .
„Dani, du weißt doch, wie hektisch es zu dieser Jahreszeit immer ist“, meinte Cass. „Ich bin sicher, dass die Pensionen und Hotels alle ausgebucht sind.“
„Olivia hat noch ein paar Zimmer frei“, verkündete Dani.
„Mit ihr hast du auch schon gesprochen?“ Hatte sie Olivia auch schon von ihren Plänen erzählt?
„Heute Morgen. Ich hab sie nur angerufen, um zu hören, ob noch was frei ist.“
„Na ja, damit ist dann ja wohl alles geregelt“, bemerkte Cass steif.
„Du hilfst mir doch bei der Planung, oder?“, fragte Dani kleinlaut.
Cass war verletzt, und sie war wütend, aber sie war nicht verrückt. „Natürlich. Und ich mache die Hochzeitstorte.“
„Ach, herrje.“ Amber verdrehte die Augen.
Dani ignorierte ihre Schwester und lächelte glücklich. „Danke, Mom.“
Cass seufzte. Sie würde sich sogar zusammenreißen und auf der Hochzeit nett zu allen sein. Wegen kleinlicher Eifersucht durfte sie ihrer Tochter den großen Tag nicht
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