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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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Karl? »Ich möchte keinen Abbruch, Doktor.«
    »Meine liebe Harriet, daran habe ich auch nie geglaubt.«
    »Ich habe Karl einmal geliebt, und ich möchte seine Tochter.«
    »Und wenn wir nicht abbrechen, werden Sie genau die in acht Monaten haben.«
    Schweigen machten sich zwischen ihnen breit, grüblerisches Schweigen, das der Geschäftigkeit im Krankenhaus draußen Zutritt durch die dünnen Trennwände ließ. Sie spürte Dr. Vrielands Vorbehalte. Sie bemerkte ebenfalls, daß sie ihm gegenüber etwas zugegeben hatte, das sogar sich selbst gegenüber zuzugeben sie bisher vermieden hatte. Sie lebte mit Karl, hatte ungeschützten Sex mit ihm, aber sie liebte ihn nicht mehr.
    Wie sie Dr. Vrieland kannte, sowie die Welt nach fünfundzwanzig Jahren Bevölkerungsrückgang, wäre diese Tatsache nicht Teil seiner Vorbehalte.
    »Ich habe meinen Stationsdienst erledigt, Doktor. Und den Dienst in der Gynäkologie. Es sind nur noch ein paar Monate bis zum Examen.«
    »Allerdings, ja. Und in der kürzesten Zeit, die je ein Student in der Geschichte dieses Krankenhauses dazu benötigt hat.«
    »Sie meinen, ich sollte dieses Kind nicht haben.«
    »Ich meine, Sie sollten sich das sehr sorgfältig überlegen. Ich meine, Sie sollten daran denken, daß echte vorzügliche Leistung nicht teilbar ist.«
    »Sie wollen sagen, daß meine Arbeit darunter leiden wird.«
    »Nein, Harriet. Ich will damit sagen, daß Ihre Tochter darunter leiden wird.« Er gestattete sich eine lange Pause, während derer er den Blick auf sie gerichtet hielt. »Leiden ist ein großes Wort. Sie sind eine gesunde Frau, Sie werden eine gesunde Tochter haben, und Sie werden gut für sie sorgen. Ich will damit sagen, daß es im Falle eines Konfliktes zwischen Ihrer Arbeit und Ihrer Tochter nur ein mögliches Ergebnis geben wird.«
    Jäh erhob sie sich. »Dann werde ich einfach sicherstellen müssen, daß es keine Konflikte gibt, nicht wahr?«
    Hannes Vrieland war ein breitschultriger Mann mit Wuschelkopf, etwas über vierzig Jahre und nicht im geringsten alt. Er hatte große Hände und eine sanfte, väterliche Art, die sie unwiderstehlich fand. Sie sah, daß sie ihn verletzt hatte. Er hatte ihr eine unwillkommene Wahrheit gesagt, und sie war schnippisch geworden. Das brachte sie an jenem aufreibenden Tag fast zum Weinen.
    »Ich werde vorsichtig sein, Hannes«, flüsterte sie. »Machen Sie mir mein Baby nicht madig. Ich werde vorsichtig sein.«
    Sie wandte sich zum Gehen. Sie tat einen Schritt, hatte die Hand bereits auf der Türklinke liegen, da stand er neben ihr. Er konnte überraschend behende sein.
    »Ich bin Ihr Arzt, Harriet.« Er faßte sie am Arm. »Wir werden beide vorsichtig sein, ja?«
    »Ja.«
    Sie nickte, und er ließ sie los. »Gehen Sie zu meiner Assistentin und machen Sie einen Termin an unserer Klinik fest. Nicht einmal das Ryder-Baby darf ungepiekt, unfotografiert, unüberprüft und ununtersucht auf seine politische Vaterschaft bleiben.«
    Beim Verlassen der gynäkologischen Abteilung listete Harriet im Kopf diejenigen Leute auf, denen sie es sagen konnte. Zunächst schaute sie in den Aufenthaltsraum der jüngeren Belegschaftsmitglieder. »Ich bin schwanger«, verkündete sie den einzigen Personen dort, zwei völlig erschöpften Medizinpraktikantinnen, die sie kaum kannte. »In anderen Umständen, angebrütet, angebufft, enceinte, guter Hoffnung… Ist das nicht wundervoll?«
    Sie ging, ehe die beiden zustimmen konnten. Daraufhin stattete sie ihrem Professor einen Besuch ab. »Es wird meine Arbeit nicht behindern«, sagte sie zu ihm und verschwand erneut, ehe er einen Kommentar absondern konnte.
    Die Mädchen in der Kantine brachen bei ihrer Neuigkeit in Hochrufe aus. Die Pförtnerinnen, wie stets traurige Frauen, klatschten müde Beifall. Die Wäschereiangestellten versprachen ihr kleine Hemdchen.
    Sie rief Liese an, die jetzt ihren Abschluß in Soziologie und einen Job in der Elternberatung hatte und noch immer bei den Haldanes lebte, aber Liese war nachmittags meistens unterwegs bei ihren Problemfamilien. Harriet hinterließ keine Nachricht. Sie wußte nicht, was sie sagen sollte. Sie würde es später noch mal probieren – es bestand die Möglichkeit, daß sie während der kommenden Monate Liese benötigen würde.
    Harriet rief ihre Mutter an. Sie sprachen regelmäßig miteinander, jedoch unvollständig. Bess lebte noch immer in demselben kleinen Haus unten beim Windstrohm-Hafen. Sie war Karl nicht begegnet, aber sie wußte, daß er schwarz war.

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