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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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sich die Türen, und Anna stieg aus. Ihre Kleider waren hübsch und sauber, und sie winkte mir strahlend zu.
    »Tut mir leid, daß ich zu spät komme, Mama. Hast du gewartet?«
    Ich hob mir meinen Zorn für drinnen auf.
    Sie ließ die Schultasche auf einem Stuhl liegen und ging langsam in das große Wohnzimmer. Sie war sehr bleich. Ihre gute Laune war Heuchelei gewesen.
    »Ehrlich, Mama, es war gräßlich. Der arme Mann hat das absichtlich getan. Er hat sich vor die Straßenbahn geworfen.«
    »Du hättest anrufen können.«
    »Er war zwischen den Rädern gefangen. Sie haben Schutzschilde errichtet. Es war gräßlich.«
    Mark rüttelte an den Scheiten im Kamin. Er war mit mir einer Meinung. »Du hättest anrufen können, Anna. Liebes.«
    »Ich konnte nicht. Sie haben Aussagen haben wollen. Namen und Adressen. Sie haben ewig gebraucht, bis sie gekommen sind. Alles hat ewig gebraucht.«
    »Ich hab mir Sorgen gemacht, Anna. Sie hätten dich telefonieren lassen sollen.« Ich faßte sie beim Arm. »Ich hab mir wahnsinnige Sorgen gemacht.«
    »Mitten auf der Straße? Anrufen?« Sie schüttelte mich ab. »Da waren Krankenwagen. Polizei. Die Straßenbahn hat so stark gebremst, daß Fahrgäste verletzt worden sind. Es war gräßlich, Mama.«
    »Das ist keine Ausrede. Die Polizei hat Funkgeräte. Du hättest uns darüber eine Nachricht zukommen lassen können. Du weißt, wie die Dinge stehen. Du hast dich entsetzlich benommen. Ich werde dir nie mehr trauen können.«
    »Das ist nicht fair. Wir waren Dutzende in der Bahn. Leute, schwer verletzt. Blutend. Bloß weil du einfach eine rasende Neurotikerin bist, ist das kein Grund dafür…«
    Ich hätte sie fast geschlagen. »Halt den Mund! Du bösartiges kleines Ungeheuer – merkst du denn nicht, daß ich hier zwei geschlagene Stunden gewartet und mir vorgestellt habe…«
    »Und was habe ich deiner Meinung nach getan? Da war Blut, Mama. Vielleicht hätte es dir nichts ausgemacht. Weil du Ärztin und all das bist, hätte es dir vielleicht nichts ausgemacht. Mir hat es was ausgemacht. Der Mann hat sich umgebracht, Mama. Er hat sich vor die Straßenbahn geworfen…«
    Sie weinte, und ich auch. Mark stellte sich zwischen uns. »Annie. Annie, Liebes, du hattest ein schreckliches Erlebnis.« Er legte ihr einen Arm um die Schultern. »Etwas Häßliches ist geschehen… aber deine Mutter ist nicht neurotisch, wenn sie sich Sorgen macht, weil du nicht nach Hause kommst. Wir beide…«
    »Dieses Geschrei wegen mir? Ist das nicht neurotisch? Dieses klassische Ich-werde-dich-bestrafen- weil-ich-erschreckt-worden-bin… ist das nicht neurotisch?«
    »Nicht schon wieder, Annie. Du bist ebenfalls erschreckt worden, vergiß das nicht!« Er sprach sehr sanft und wartete, bis sie es verstand. »Wir beide wissen, daß du wirklich nicht hattest anrufen können.«
    Er streckte die andere Hand mir entgegen. Hatte ich geschrien? Jesses!
    Ich nahm seine Hand. »Tut mir leid, Annie. Liebes.«
    »Mir auch.«
    »Und ich bin so froh, daß du unversehrt bist. Das ist alles.«
    »Ich bin ebenfalls froh, daß ich unversehrt bin, Mama.«
    Die zweistündige Verspätung hatte unser Abendessen nicht völlig ruiniert. Dennoch war’s ziemlich schlimm.

Der Bevölkerungsrückgang
Jahr 25: Mitte August
8

    »Ein prächtiger weiblicher Embryo, vier oder fünf Wochen alt, und sitzt fest.« Dr Vrieland blickte sie über die Ränder seiner Brillengläser hinweg an. »Sie sind schwanger, Harriet Ryder.«
    »Das habe ich mir gedacht.« Sein mit Parkett ausgelegtes Büro im städtischen Krankenhaus war winzig: der Stuhl vor seinem Schreibtisch stand quer, um Platz für die Knie seiner Patienten zu schaffen. »Das ist wundervoll.«
    Er lächelte. »Noch mal, meine Liebe, diesmal mit Gefühl.«
    »Nein – es ist wirklich wundervoll.« Es war wundervoll. Seit Jahren hatte sie von Karl ein Baby haben wollen, und jetzt hatte es geklappt. »Es ist nur so, daß…«
    »Es ist nur so, daß Sie einundzwanzig Jahre alt sind, Ihr Studium beenden müssen und daß ein wichtiger Job auf Sie wartet, und Sie glauben, der betreffende Mann ist nicht interessiert.«
    »Sie haben eine Menge mitbekommen.«
    Dr. Vrieland zuckte die Achseln. »Vielleicht ist er verheiratet. Vielleicht unterhält er eine Vielzahl von Familien und kann sich eine weitere nicht leisten. Vielleicht ist er ein widerlicher Mann, der Kinder zu sehr mag. Vielleicht hat er Sie vergessen. Vielleicht hat er Sie nie gekannt. Vielleicht…«
    Sie lachte. Welcher davon war

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