Messertänzerin
Männer töten, nur weil sie ein Geheimnis mit in ihr Grab nehmen sollten.«
Diesmal wurde das Raunen der Menge lauter.
»Sie sagt die Wahrheit!«, rief Tajan in Richtung der Witwe.
Die beiden Sujim wandten sich jetzt offen an Tajan.
»Du kannst das alles bestätigen?«, fragte einer von ihnen.
Tajan nickte. »Diese Menschen riskieren ihr Leben für die Wahrheit.«
Plötzlich spürte Divya ein Ruckeln. Verblüfft sah sie zu, wie die Wachen die Seile herunterließen und die Käfige sanft auf den Boden setzten.
Roc konnte es kaum erwarten und sprang als Erster aus dem Käfig. Ohne zu zögern, rannte er los, dorthin, wo Jolissa festgehalten wurde. Leasar blickte ihm zunächst kopfschüttelnd nach, aber Divya nickte ihm flehentlich zu, bis er ihm widerwillig nachlief.
Tajan sprach inzwischen mit den Sujim, die sie freigelassen hatten.
»Ihr müsst mir helfen, die anderen Wachen zu überzeugen. Wenn sie sehen, dass schon drei Sujim auf der Seite der Rebellen stehen, dann werden sich uns noch mehr Wachen anschließen. Sie wissen, wie loyal wir zur rechtmäßigen Regierung stehen.«
Tajan wandte sich zu Divya um. »Kann ich dich hier mit Yorak allein lassen? Mischt euch unters Volk, damit Warkan euch nicht findet.« Tajan beugte sich vor und küsste Divya sanft aufs Ohr. »Versprich mir, dass du noch da bist, wenn ich zurückkomme«, flüsterte er, und seine Hand strich leicht durch ihr Haar. »Ohne dich möchte ich nicht mehr sein.«
Divya lächelte ihm zu und beobachtete vom Podest aus, wie er sich mit den Sujim entfernte und im Gewühl verschwand. Am linken Rand des Platzes konnte sie sehen, wie Roc und Leasar Jolissa erreichten. Von einem Marktstand hatten sie Spaten und Heugabeln mitgenommen, die sie nun auf die Wachen richteten, die Jo noch festhielten.Aber es kam nicht zum Kampf. Roc war klug genug, es mit Worten zu versuchen.
Plötzlich geriet Bewegung in die Menge vor ihr. Sie teilte sich voller Furcht, wie vor einem wilden Tier. Niemand wagte es, sich Warkan in den Weg zu stellen.
Divya flüsterte Yorak zu, er möge an der Rückseite vom Podest springen und sich verstecken, wie Tajan es ihr geraten hatte. Für ihre eigene Flucht war es jedoch zu spät.
Schwert
Warkan hatte die Stufen erreicht und sprang schwungvoll hinauf, während er sein Schwert zog.
»Du und diese Verräter!«, keuchte Warkan. »Ihr habt die Menge so aufgebracht! Die Rebellen waren vorher nie eine Gefahr, niemand hat sie ernsthaft unterstützt … Aber durch ein hüftenschwingendes Weib, das es nicht geschafft hat, mich zu töten, obwohl ich genau vor ihr saß, glauben die Leute plötzlich, sie könnten ihren Fürsten auslachen! Wo ist dein feiger Liebhaber?«
Aus dem Augenwinkel bemerkte Divya das letzte Seil, das noch am Galgen hing, griff nach dem Ende und nahm Anlauf. Dabei wich sie Warkan geschickt aus und zog sich auf das Seil. Es schwang quer über das Podest, und als es den weitesten Punkt erreicht hatte, sprang Divya ab und landete auf einem Karren voller Kürbisse. Ein Stück entfernt reagierten zwei Wachen, ihr blieb nicht viel Zeit zum Überlegen. Über ihr befand sich ein Balkon. Ohne nachzudenken, griff sie nach ihrem Seil … und erinnerte sich daran, dass es noch auf der Flussinsel sein musste. Da betrat eine ältere Frau den Balkon über ihr, eine Tana in Blau. Divya verwarf die Idee mit dem Klettern und sah sich erschrocken nach Warkan und seinen Wachen um, die von zwei Seiten auf sie zurannten.
In dem Moment bemerkte sie die Bewegung über ihr. Die Tana trug ein schweres Bündel Stoff nach draußen, das aussah, als hätte es eben noch als Vorhang gedient. Eilig,aber mit einem kunstvollen Knoten, befestigte die Frau den Stoff an ihrem Balkon und warf ihn herunter. Divya ließ sich das Angebot nicht lange durch den Kopf gehen. Schnell kletterte sie an dem Vorhang hinauf, um ihn dort sofort wieder einzuziehen. Der fremden Frau legte sie kurz die Hand auf die Schulter und flüsterte ein Dankeschön.
»Für die Frauen in dieser Stadt«, sagte die Tana leise. »Aus welcher Kaste sie auch sein mögen.«
Divya schenkte ihr ein strahlendes Lächeln und nickte, bevor sie im Innern des Hauses verschwand, auf der Suche nach der Treppe. In Windeseile schaffte sie es auf das Dach und trat an den Rand. Als sie die Hände hob und eine Drehung machte, deuteten ein paar Menschen auf sie, und schnell hatte sie die Aufmerksamkeit des ganzen Platzes für sich.
»Warkan hat Lichter benutzt, um die Menschen dieser Stadt zu
Weitere Kostenlose Bücher