Metropolis brennt
Paläozoikum hinter sich lassen. Welche Wunder mögen ihn noch erwarten? Ein Dasein als Armfüßer? Oder als Schnecke, Insekt, Panzerlurch? Die Genetiker haben nach der Auseinandersetzung mit dem Sicherheitspersonal enorme Fortschritte gemacht. Bakterienkolonien, die aus Schwefel Alkohol herstellen. Steht erst einmal genug Selbstgebrannter Whisky zur Verfügung, wird sich das Drogenproblem von selbst lösen. Erwartungsgemäß fallen an der Stationsbörse die Kurse der Chemischen Abteilung mit jedem Tag. Zweifellos können wir neue Hoffnung schöpfen.“
Der Astrogeologe dreht das Mikrofon zur Seite und setzt die Wodkaflasche an die Lippen. Das leise Gluckern der Flüssigkeit wird trotz dieser Vorsichtsmaßnahme von dem starken Sender der Station übertragen. Auf der Erde hält man es für Störgeräusche.
„Meine Fresse“, sagt der Astrogeologe und wischt mit dem Handrücken über den Mund. „Trotz der geringfügigen Besserung unserer Situation sind die Probleme nicht geringer geworden. Eine Schuld, die einzig und allein die Bürokratenärsche von der Raumfahrtbehörde trifft. Noch immer werden unsere Anforderungslisten profitgierigen Altpapierhändlern kostenlos überlassen. Seit einem Jahr kein Nachschub! Jesus, was für eine Sauerei. Weiß der Kanzler überhaupt davon?“
Vom Korridor dringen Grunzlaute.
Der Astrogeologe dreht den Kopf und sieht den Chefchemiker nackt über den Gang schlurfen. Durch die Nase hat er sich einen Plastiklöffel gebohrt, und in der rechten Hand hält er wie einen Speer eine abgebrochene Antenne.
„Die chronopathischen Halluzinogene“, murmelt der Astrogeologe nervös in das Mikrofon, „scheinen doch nicht so harmlos zu sein wie zu Beginn behauptet. Die intelligentesten Männer Europas werden wieder zu Kannibalen. Wie sollen wir unter diesen Umständen den Krieg gegen Ganymed siegreich zu Ende führen?“
Der Chefchemiker steckt den Kopf durch die Türöffnung und grunzt erneut. Sein Gesicht wirkt feindselig. Die chronopathischen Trips wirbeln die schaurigsten Archetypen an die Oberfläche des Bewußtseins. Der Astrogeologe reicht dem Chefchemiker die Wodkaflasche und ist mit einemmal froh, vor Jahren irrtümlich Vorlesungen über Verhaltensforschung besucht zu haben. Die Wodkaflasche kreist, und nach einiger Zeit stimmen der Astrogeologe und der Chefchemiker kultische Gesänge an.
In der roten Basis auf Ganymed büßen die politischen Fortbildungskurse immer mehr an Beliebtheit ein. Die Vervielfältigung von Roselskys Pornosammlung hat sich im ideologischen Kalkül der Basisführung als gravierender Fehler erwiesen.
Schon nach einer halben Stunde sieht Pike ein, daß weiteres Herumstöbern zwecklos ist. Die Halde ist leergeplündert. Nichts deutet darauf hin, daß bald ein Müllcontainer eintreffen wird. Die Leute sind verärgert. Sie geben dies auch deutlich genug zu verstehen.
„Diese Mistpinkel“, schimpft Biene. „Nich mal ’ne angebrochene Spraydose von Dr. Knöters Moschusdeo ist seit zwei Wochen aufzutreiben. Soviel Geiz ist unerträglich. Wie soll ich Fressalien vom Dealer bekommen, wenn ich nich mal was hab, das ich dagegen eintauschen kann? Wir werden alle draufgehen. Die Pinkel wollen uns aushungern. Das ist es.“
„Jawoll“, brüllt jemand von der kleinen Anhöhe, die unmittelbar an den elektronischen Zaun grenzt. „Und was ist mit meiner Pinkel-Schnalle, ihr Bastarde? Von dem Video mit Riechsensos will ich nich mal reden. Gebt mir ’ne dralle Schnalle, und wir sind quitt.“
Besorgt erkennt Pike, daß Zelters Geist nun endgültig umnachtet ist. Für manche Prols bedeutet das Leben
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