Metropolis brennt
tief unten im Tal eine unerträgliche Belastung ihrer Psyche. Die Zeit hat keine Wunden geheilt. Unter Pikes Sandaletten wirbelt Staub und Asche auf. Der Boden ist übersät mit gedruckten Schaltungen. Aus unerklärlichen Gründen scheint die gesamte Produktion mancher Robotfabriken direkt zur Halde transportiert zu werden. Aber für eine gedruckte Schaltung gibt es bei den Dealern nicht einmal ein falsches Lächeln.
„ Pinkel-Dealer müßte man sein“, seufzt Biene. Biene ist so groß wie Pike und nur unwesentlich fälliger. Ihre Brüste sind unbedeckt. Der aufsteigende Staub wird von dem Kraftfeld ihrer elektromagnetischen Brustwarzen langsam angezogen. Schmutz bedeckt das Rot ihrer Hose. Die Augen blicken wach in die Welt. „Man kann von den Hängen bis ins Tal wandern und wieder zurück. Mit Funkausweis. Und ’nen Haufen Kohle machen. Jeder Dealer hat mindestens zwei Villen auf dem Hang stehen. Von denen springt keiner von den Aussichtstürmen. Die kratzen sich auf Kosten unserer Arbeitskraft ein Vermögen zusammen und plündern uns kulturell völlig aus. Bis man schließlich nackt dasteht.“
Zelter läuft die Böschung herunter. In der Hand schwenkt er einen schwarzen Kasten. „Ein Adapter“, keucht er, als er Biene und Pike erreicht. Die anderen Prols, die die Halde durchwühlt haben, murmeln neidvoll. „Ein gottverdammter Fühladapter“, wiederholt Zelter. „Das ist mehr wert als ein Quickie mit irgendeiner miesen Pinkel-Schnalle. Dafür kann ich mich zehnmal über jede Prol-Tante legen und garantiert chemikalienfreies Pinkel-Bier im Sechserpack kaufen. Was für ein herrlicher Tag!“
Biene spuckt aus. Sie kann weder Zelter noch die anderen männlichen Bewohner der Faßsiedlung am Wupperufer sonderlich ausstehen. Ihre Augen verengen sich. Die Brüste heben sich im schnellen Rhythmus ihrer Atemzüge. Pike spürt das zarte Prickeln, das von ihren elektromagnetischen Brustwarzen ausgeht. Ein erotisierendes Gefühl; wesentlich menschlicher als die dumpfe Brunst der telepathischen Ratte. Zelter hat recht. Was für ein herrlicher Tag.
„Zischen wir ab“, wendet sich Biene an Pike, ohne Zelter eines weiteren Blickes zu würdigen. „Hier is eh nichts mehr zu holen, und ich hab eklig viel Hunger. Hast du was zum tauschen? Dann geb ich dir auch was.“
Zelter reißt den Mund auf. „Und mein erstklassig erhaltener Fühladapter?“ fragt er beleidigt. „Davon kann jede Prol, die sich zu mir gesellt, ’ne ganze Weile üppig leben. Na, Pike? Vergessen wir unseren Streit?“
„Fick dich selbst“, sagt Pike und geht mit Biene davon. Benommen bleibt Zelter auf der Halde zurück. Er weiß nicht, daß oben auf Io noch viel ärgerer Verzicht von den schneidigen Raumfahrern verlangt wird. Obwohl das männliche Geschlecht nun interplanetar verbreitet ist, entbehrt es noch immer jeglicher Anerkennung. Zelter ist nur eines von vielen Opfern. Opfer, die in keiner Polizeistatistik auftauchen. Nur die psychiatrischen Kliniken führen umfangreiche Dateien. Das hat den Pinkeln die Siebarbeit wesentlich erleichtert.
Pike fuhrt Biene zu einem ihrer Außendepots und achtet sorgfältig darauf, daß ihnen keine Lumpenprols folgen. Zum Glück ist seit der letzten drastischen Aussprache die Kriminalitätsrate merkbar gesunken, doch noch immer gibt es zwielichtige Elemente. Einige werden vermutlich von den Dealern finanziert, die ihre Einkaufspreise drücken wollen. Hinweise deuten darauf, daß oben auf den Hängen wissenschaftliche Versuche laufen, Geschäftstüchtigkeit in den Genen zu verankern. Die letzte Lohnerhöhung hat die moralischen Bedenken der Bioingenieure völlig zerstreut. Pike ist
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