Metropolis brennt
Scheißdreck von Sitte, Moral, Anstand und Gesetzen zugunsten des Allgemeinwohls hält!
Das nicht-autorisierte Eindringen in den Stadtwald ist pure Provokation – und wir lassen uns nicht mehr provozieren!
Wir müssen eisern durchgreifen, diese Symptome dürfen nicht um sich greifen …
Schnelle Schritte. Geduckt, wie Raubtiere, stoßen die Jäger vorwärts, nutzen jede Deckung aus – Bäume, Erd/Schneehaufen, Büsche – tauchen wieder dahinter vor, rennen weiter.
Lichterkegel halten die beiden Wald-Eindringlinge in ihren Zentren erstarrt. Sie wehren sich nicht. Sie machen auch keine Anstalten, sich zu wehren. Sie stehen mit geschlossenen Augen da und halten sich umklammert. Und sie zittern.
Die Jäger umzingeln sie.
Fremde Momenteindrücke: bizarre Gestalten in schwarzbraunen Kampfkombinationen, ehrfurchtgebietend, gewaltig, eine mächtige Waffe in der Hand des Staates. Kontrast: das Stahlblinken von Waffen in den Händen der Jäger. Behandschuhte Finger an Sensorauslösern. Unterdrücktes Atmen. Gebändigte Energie. Gedämpfte Gedanken. Keine Gefühle. Im Vordergrund nur Befehle-Befehle-Befehle und die Entschlossenheit, Gehorsam zu leisten. Allmächtige Befehle. Wie Funkenregen in der Nacht.
Die Jäger sind da, und mit ihnen sind Bestrafung und Grausamkeit und eiskalte Dunkelheit da.
Der Stein gerät ins Rollen. Mirja reißt sich von Vharn los und lacht den Jägern ins Gesicht, sie lacht, hysterisch, verzweifelt, voller Triumph, voller Freude, und auch Vharn fühlt sich jetzt stark genug, um zu lachen …
Eiskalte Dunkelheit.
Gleich darauf: Stille.
Alptraumzeit/Gespräche/Gedanken/Gefühle
Schatten, die sich verflüchtigten, auseinanderfaserten, sich wiederfanden/vereinigten. Ein wirbelnder Lichtpunkt in der Unendlichkeit. Ein helles Knirschen, ein reißendes Knacken und haarfeine Risse in samtschwarzem Spiegelglas. Konturen, Schemen, Arme, verkrüppelte Hände, die aus diesem Glas heraus entstanden, zitternde Finger in weißen Gummihandschuhen, die nach ihm tasteten …
Nebel und wieder Schatten. Und Schmerzen.
Nicht die normalen, allgegenwärtigen Schmerzen der Cad-Krankheit, die seine Glieder mit glutflüssigen Zentren versahen, sondern saugende, reißende Schmerzen rings um seine Gedanken. Schmerzen, als würde ihm das Gehirn leer gesaugt werden. Als würde ihm die Seele aus dem Leib gerissen werden.
Und so war es tatsächlich …
Irgendwann festigte sich sein Bewußtsein, er hörte dumpfes Gemurmel, scheinbar willkürliches Aneinanderreihen von Worten, Wortpausen, Betonungen, Akzente. Er konnte nichts verstehen, wollte sich bewegen, begriff jedoch nach mehreren vergeblichen Anstrengungen, daß es unmöglich war.
Er hing in einem silbernen Gespinst, in einem Spinnennetz aus Drähten und Schläuchen. Kalte Kontakte waren an seinem Schädel befestigt, und er wunderte sich, daß er so unvermittelt sehen konnte, daß er so unvermittelt und unerwartet das Gefühl für seinen Körper zurückerhalten hatte.
Nebel und Schatten und Silbergespinst und Kälte.
Allerdings eine andere Kälte als jene, die er im Wald kennengelernt hatte: keine minzfrische, keine natürliche Kälte, sondern die synthetische Kälte eines menschenfeindlichen Betonraumes, die gleiche synthetische Kälte, die ihm auch aus den Gehirnen der Menschen heraus entgegenstrahlte.
Eine dumpfe Kälte. Eine Kälte, die ihn kaum atmen ließ.
Er war nackt, und er fror, und er zitterte unter dieser perversen Kälte, die er noch niemals zuvor so intensiv, so würgend, so beklemmend empfunden hatte. Betonmauern atmeten den
Weitere Kostenlose Bücher