Die Spitze des Eichbergs
2. HI HA HÖRE SCHALKER AMATEURE -SELBSTMORD WEGEN SCHALKE
1927 und in den folgenden drei Jahren gewann Schalke die Ruhrbezirksmeisterschaft, Hinzu kam 1929 zum ersten Mal der Gewinn der Westdeutschen Meisterschaft, eine Leistung, die ebenfalls in der nächsten Saison wiederholt werden konnte. Als der Kreisel sich zu drehen begann, stieß in diese stürmische Aufwärtsentwicklung der Schalker im Sommer 1930 ein Ereignis, das den Verein beinahe die Existenz gekostet hätte.
Was war passiert? Am 25. August erklärte die Spruchkammer des Westdeutschen Spielverbandes (WSV) 14 Schalker Spieler zu Berufsspielern und schloss acht Vorstandsmitglieder aus dem WSV aus. Schalke hatte, wie aber bei anderen großen Vereinen zu der Zeit auch üblich, seinen Spielern Spesen und Gehälter gezahlt, und diese hätten die laut den Statuten des WSV erlaubten Aufwandsentschädigungen bei weitem überschritten.
Die Tatsache, dass eine Reihe von Schalker Spielern gegen das Amateurstatut verstoßen hatte, war offenbar nicht zu leugnen, wenn auch die Höhe der gezahlten Beträge im Einzelfall umstritten blieb. Die Spieler behaupteten später zwar, die Differenz wäre äußerst gering gewesen, fünf Mark Spesen habe ihnen zugestanden, zehn Mark hätten sie genommen. Mag auch immer noch manch größerer Schein unter der Theke bei Mutter Thiemeyer hindurch gereicht worden sein, gegen die Summen, für die heute Fußballspieler auf den Platz laufen, waren es Trinkgelder. Über die von der WSV- Spruchkammer aufgedeckten Vorgänge war in der Presse schon lange gemunkelt worden. Im Nachhinein erscheinen diese angesichts der sozialen Herkunft der Spieler und den enormen Einnahmen ihres Vereins aus Eintrittsgeldern auf der anderen Seite als fast zwangsläufig.
Die Spieler, die mit den Amateurbestimmungen in Konflikt geraten waren, kamen durchweg aus der Arbeiterschicht. Sie kamen damit ausnahmslos aus materiell beschränkten Verhältnissen, für sie muss somit die Versuchung besonders groß gewesen sein. Zudem war es ein offenes Geheimnis, dass die Spieler der Spitzenmannschaften den Boden des reinen Amateursports längst verlassen hatten. Der DFB beharrte unaufhörlich auf den starren Formen des Amateurprinzips, sein »sportlicher Idealismus« übersah dabei aber die Realität des Fußballs. In England und in Österreich gab es zu dieser Zeit bereits Profi-Ligen, die einzige Möglichkeit für Arbeiterfußballer übrigens, Spitzensport zu betreiben.
EINEN SCHRITT VOR DEM ABGRUND
Nun fiel Schalke allerdings bei der Spruchkammer gerade einem dieser Erzengel des Amateurismus in die Hände, dem Mönchengladbacher Paul Schröder. Für den DFB war er im Bundesgericht tätig und war im Schiedsrichterwesen sehr engagiert. Er verkörperte den Prototyp des »Torstangenträgers«, also jener Leute, die zum Spiel selbst die Torpfosten mitbrachten, und darauf stolz waren.
Hinzu kam, dass Schalke immer noch als »Polacken- und Proletenklub« bei den verantwortlichen DFB-Stellen verpönt war und man es Schalke verübelte, dass seine Spielkunst den westdeutschen Fußball repräsentierte. Es sollte also ein Exempel statuiert werden und da kam den DFB-Oberen der Vorfall gerade recht. Die Entscheidung der WSV-Spruchkammer traf die Schalker wie ein Keulenschlag.
Die Erklärung fast aller Spieler der 1. Mannschaft zu Berufsspielern bedeutete das sofortige Verbot ihres weiteren Einsatzes. Der Verein stand damit am Rande des sportlichen Ruins. In Gelsenkirchen war man über dieses gnadenlose Urteil entsetzt.
Die Spruchkammer des WSV stellte in ihrem Untersuchungsbericht Folgendes fest:
» Die eingehende Prüfung der Kassenbücher mit den dazu gehörigen Belegen ... hat im weitesten Maße Verstöße gegen die Amateurbestimmungen erwiesen ... Das Verfahren hat aufgrund der vorliegenden buchmäßigen Belege und Geständnisse der beteiligten Vorstandsmitglieder und Spieler ergeben, dass die Spieler der ersten Mannschaft regelmäßig Spesenbeiträge erhalten haben, die über das nach den Satzungen zulässige Maß weit hinausgehen! Neben diesen Spesen regelmäßig für ihre spielerische Mitwirkung eine regelgerechte Entlohnung erhalten haben; Mehrere dieser Spieler außerdem weitere Zuwendungen in Gestalt von Geschenken, Darlehen und Vorteilen in ihrer beruflichen Stellung angenommen haben. Es ist bedauerlich, dass die Mitglieder des engeren Vorstandes und der Finanzkommission des FC Schalke 04 diese Zuwendungen usw. gutgeheißen haben und den Gesamtvorstand unwissend
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