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Michel muss mehr Männchen machen

Michel muss mehr Männchen machen

Titel: Michel muss mehr Männchen machen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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benahmen. War das etwa eine Art, ihn hier den ganzen langen Samstag im Hemd herumsitzen zu lassen – nicht einmal Zeit Kleider anzuziehen hatte man bei diesem ewigen Gerenne zum Tischlerschuppen. Aber im Tischlerschuppen wollten sie ihn ja wohl haben, diese Menschen von Katthult, und dann sollten sie es auch so haben!
    Michel schlug mit der Faust auf die Hobelbank, dass es krachte. Gut, dann sollten sie es auch so haben! Und in diesem Augenblick fasste Michel einen schrecklichen Entschluss: Den Rest seines Lebens würde er in diesem Tischlerschuppen zubringen. Nur im dünnen Hemd, mit der Müsse auf dem Kopf, einsam, verlassen von allen, würde er, solange er auf dieser Erde lebte, hier bleiben.
    Dann werden sie wohl endlich zufrieden sein und dieses überflüssige Getrabe hin und her ist dann auch nicht mehr nötig, dachte er. Aber versucht nicht in meinen Tischlerschuppen hineinzukommen – daraus wird nichts! Wenn Papa Bretter hobeln will, soll er das lieber bleiben lassen, und das ist übrigens auch besser, denn sonst hobelt er sich ja doch nur die Daumen ab.
    Ich kenne keinen Menschen, dem so viel passiert wie ihm.
    Aber als der Juliabend dämmerte, kam Michels Mama zum Tischlerschuppen und schob den Riegel zurück – den auf der Außenseite natürlich. Sie zog an der Tür und merkte, dass sie auch von innen verriegelt war. Da lächelte sie milde und sagte:
    »Du brauchst keine Angst mehr zu haben, kleiner Michel. Papa hat sich hingelegt. Du kannst jetzt herauskommen.«
    Aber da kam aus dem Tischlerschuppen ein schreckliches »Ha!«.
    »Warum sagst du ›Ha‹?«, fragte seine Mama. »Mach die Tür auf und komm raus, kleiner Michel!«
    »Ich komm nie mehr raus«, sagte Michel mit dumpfer Stimme. »Und versuch nicht reinzukommen, denn dann schieß ich!«
    Michels Mama sah ihren kleinen Jungen drinnen am Fenster stehen, die Büsse in der Hand. Zuerst wollte sie nicht glauben, dass er es ernst meinte, aber als sie schließlich begriff, dass es doch so war, rannte sie weinend ins Haus und weckte Michels Papa.
    »Michel sitzt im Tischlerschuppen und will nicht rauskommen«, sagte sie. »Was sollen wir nur machen?« Klein-Ida wachte auf und fing sofort an zu heulen.
    Und alle rannten sie zum Tischlerschuppen: Michels Papa, Michels Mama und Klein-Ida. Und Alfred und Lina, die auf der Treppe zur Knechtshütte saßen und 
     

     
    schöntaten, mussten damit aufhören – sehr zu Linas Verdruss. Jetzt mussten eben alle helfen Michel herauszubekommen.
    Michels Papa war zuerst ganz munter.
    »Na, na! Du wirst schon rauskommen, wenn du Hunger hast!«, rief er.
    »Ha«, sagte Michel wieder.
    Sein Papa wusste nicht, was Michel hinter der Hobelbank in einer Dose hatte. Einen prächtigen kleinen Vorrat an Essen, tatsächlich. Pfiffig wie er war, hatte er schon dafür gesorgt, dass er im Tischlerschuppen nicht Hungers sterben konnte. Er wusste ja nie, an welchem Tag und zu welcher Stunde er hier landen würde, und deshalb hatte er immer etwas Essbares in seiner Dose. Gerade jetzt lagen darin Brot und Käse und einige Stücke kaltes Fleisch, außerdem getrocknete Kirschen und viel Zwieback. Krieger hatten ihre belagerten Festungen schon mit weniger Nahrung gehalten. Für Michel war der Tischlerschuppen jetzt eine belagerte Festung und er gedachte sie gegen alle seine Feinde zu verteidigen.
    Mutig wie ein Feldherr stand er an der Fensterluke und zielte mit seiner Büsse.
    »Den ersten, der näher kommt, erschieße ich!«, schrie er.
    »Oh, Michel, mein lieber kleiner Junge, sprich nicht so, komm raus«, bat Michels Mama. Aber das half nichts. Michel war hart wie Stein. Es half nicht einmal, dass Alfred sagte:
     

     
    »Hör mal, Michel, komm raus, dann gehen wir zum See und baden, du und ich!«
    »Nein«, schrie Michel bitter, »sitz du nur mit Lina auf deiner Treppe – von mir aus! Ich, ich bleib hier!«
    Und dabei blieb es. Michel blieb, wo er war. Und als alles nichts half, kein Drohen und kein Flehen, da mussten sie schließlich ins Bett gehen: Michels Papa, Michels Mama und die kleine Ida.
    Das war ein trauriger Samstagabend. Michels Mama und Klein-Ida weinten, dass die Tränen spritzten. Und Michels Papa seufzte tief auf, als er ins Bett kroch, denn ihm fehlte ja sein kleiner Junge, der sonst immer dort hinten in seinem kleinen Bett lag, das wollige Haar auf dem Kissen, die Büsse und die Müsse neben sich.
    Nur Lina vermisste Michel nicht und sie wollte sich auch nicht hinlegen. Sie wollte mit Alfred auf der Treppe

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