Michel muss mehr Männchen machen
Vaters, es wurde aber langsam leiser. Stattdessen kamen plötzlich andere, viel gellendere Schreie und Michel fragte sich, was wohl mit seiner Mama los sei.
Aber dann fiel ihm ein, dass heute die große Sau geschlachtet werden sollte. Sie war es, die so quiekte.
Arme Sau, für sie ist der 28. Juli auch kein erfreulicher Tag! Nun ja, es gab mehrere, die es an diesem Tag nicht so gut hatten.
Um die Mittagszeit wurde Michel rausgelassen. Als er in die Küche kam, lief ihm Ida freudestrahlend entgegen.
»Heute gibt es Blutklöße zu Mittag«, sagte sie.
Du weißt vielleicht nicht, was Blutklöße sind? Das sind große schwarze Klöße mit fettem Schweinefleisch innen drin. Und wenn nun Schweineschlachten in Katthult war, dann war es klar, dass Michels Mama Blutklöße kochen würde. Sie hatte den Teig dafür in einer großen Steingutschüssel angerührt und auf dem Herd kochte schon das Wasser in einem gewaltigen eisernen Topf. Bald würde es Blutklöße geben, dass es eine Freude war.
»Ich werde achtzehn Stück essen«, prahlte Ida. Dabei war sie dünn wie ein Holzspan und kriegte, wenn es hoch kam, einen halben Blutkloß runter.
»Das erlaubt dir Papa gar nicht«, sagte Michel. »Wo ist er übrigens?«
»Er liegt draußen und ruht sich aus«, sagte Ida.
Michel guckte aus dem Küchenfenster. Und richtig,
unten im Gras lag sein Papa, den großen Strohhut über dem Gesicht, und machte seine Mittagspause wie gewöhnlich. Normalerweise machte er sie natürlich nicht vor dem Mittagessen, sondern danach, aber heute war er wohl besonders müde – vielleicht wird man das, wenn man den Tag in einer Mausefalle beginnt.
Michel sah, dass sein Papa nur auf dem rechten Fuß einen Schuh trug. Zuerst hoffte Michel, es sei reine Sparsamkeit und sein Papa wollte nur einen Schuh zurzeit abnutzen. Aber dann sah Michel den blutigen Lappen, den sein Papa um den linken großen Zeh hatte, und da begriff er: Seinem Papa tat der Zeh so weh, dass er keinen Schuh anziehen konnte.
Michel schämte sich und bereute seinen dummen Unfug mit der Mausefalle. Nun wollte er seinen Papa wieder froh machen und weil er wusste, dass sein Papa Blutklöße über alles liebte, nahm er die Steingutschüssel und hielt sie aus dem Fenster.
»Guck mal«, schrie er jubelnd, »heute Mittag gibt’s Blutklöße!« Sein Papa nahm den Strohhut vom Gesicht und sah mit düsterem Blick zu Michel hoch.
Noch hatte er die Mausefalle nicht vergessen, das merkte man. Um alles wieder gutzumachen, strengte Michel sich noch mehr an.
»Guck mal, Papa, so viel Teig!«, jauchzte er und hielt die Schüssel noch weiter hinaus. Aber – kann man sich so was Schreckliches vorstellen? – er konnte sie nicht mehr halten und die Steingutschüssel mit ihrem blutigen Inhalt fiel genau auf Michels Papa hinunter, wie er da lag, die Nase in der Luft.
»Blupp«, sagte Michels Papa, denn mehr kann man nicht sagen, wenn man in Blutklößeteig eingemauert ist.
Aber er erhob sich mühsam aus dem Gras und schließlich brachte er ein Gebrüll hervor, zuerst gedämpft vom Blutklößeteig, aber dann so, dass es über ganz Lönneberga zu hören war. Die Steingutschüssel saß wie ein Wikingerhelm auf seinem Kopf und der Teig rann an ihm herunter.
Gerade da kam Krösa-Maja aus dem Waschhaus, wo sie Schweinedärme gespült hatte, und als sie Michels Papa erblickte, der aussah wie in Blut gebadet, quiekte sie schlimmer als die Sau und rannte mit der furchtbaren Neuigkeit davon.
»Jetzt ist es aus mit dem Katthult-Vater«, schrie sie. »Michel, dieses Unglück, hat ihn geschlagen, dass das Blut strömt. Ach-ach-ach – wie fürchterlich!«
Als Michels Mama sah, was geschehen war, nahm sie Michel wieder bei der Hand und rannte im Eiltempo zum Tischlerschuppen mit ihm. Und während Michel, immer noch im Hemd, dort saß und sein neunundneunzigstes Holzmännchen schnitzte, hatte seine Mama alle Hände voll zu tun, seinen Papa wieder sauber zu machen.
»Du könntest es wohl so abkratzen, dass es wenigstens noch drei oder vier Klöße werden«, sagte Michels Papa. Aber Michels Mama schüttelte den Kopf.
»Was vergeudet ist, das ist vergeudet. Jetzt gibt es eben Kartoffelpuffer.«
»Hihi, heute kriegen wir vor dem Abendbrot kein Mittagessen«, sagte Klein-Ida. Aber dann schwieg sie, denn sie sah die Augen von ihrem Papa in dem Blutklößeteig, und die blickten finster.
Michels Mama ließ Lina Kartoffeln für die Puffer reiben. Du weißt vielleicht
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