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Midleifcrisis

Midleifcrisis

Titel: Midleifcrisis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Lasse Andersson
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nicht.
    Früher, ja echt, ganz früher, vor Elke, im Sportinternat, da war das eine andere Nummer. Da haben die Mädchen uns beim Basketball angefeuert, und weil ich von allen der Beste war, musste ich nach den Spielen in unserer Stammkneipe nichts machen, außer abzuwarten, irgendwann freundlich zu flirten und nach ein bisschen Rumgeknutsche in ihre Bude zu fahren. Das hier ist komplizierter, und ich bin mir nicht sicher, ob ich für die freie Wildbahn tauge.
    Der dunkle Bubikopf macht mich nervös, und ich frage mich, warum ich blöd in der Gegend herumstehe, ich krieg das ja eh nicht gebacken. Also laufe ich los, gehe meine Jacke holen, aber plötzlich steht sie zwei Meter neben mir und kramt ebenfalls in ihren Sachen. In meinem Kopf verquirlen sich Roberts Thesen mit meinen hektischen Versuchen, einen halbwegs klaren Satz zu denken.
    Sie lächelt.
    So weit, so ermutigend. Bloß das Reden hätte ich mir verkneifen sollen. »Sorry«, sage ich, und mein Stottern ist unglücklicherweise nicht gespielt, »ich meine, also, echt jetzt, tut mir leid, du willst ja los. Schläfst du mit mir?« Sie sieht mich mit großen Augen an und ich schiebe errötend ein entsetztes »Vielleicht?« hinterher und noch ein »Also vielleicht nächste Woche?«, aber anders als bei Robert scheint dies die Lage nicht zu retten. Sie wirft den Kopf in den Nacken, dass ihre Ohrringe klingeln, und verschwindet in die Nacht.
    Ich lasse mich auf die Fensterbank sinken, sehe ihr nach und presse meine glühenden Wangen abwechselnd an die kalte Scheibe. Das war ich nicht, versuche ich mir einzureden, das habe ich nicht gesagt. Nach ein paar Metern überquert sie die Straße, dreht sich halb um und ich sehe, dass sie lacht.
    »Scheiße!«, denke ich. »Hier kann ich nie wieder herkommen.«
    Am nächsten Mittwoch hole ich Robert ab und versuche, ihm noch in seiner Wohnung zu erklären, warum ich nicht mehr in diesen Laden will: »Sind eh keine guten Frauen da.«
    Robert erkundigt sich erstaunt: »Ist der feine schwedische Herr Andersson plötzlich erblindet?«
    Ich versuche es mit einem zaghaften: »Und die Musik ist Kacke.«
    »Und sein Gehör hat der arme LeiLa ebenfalls verloren? Neulich sagte er noch, das wäre der einzige Laden, der seine Mucke spielt …«
    Ich verlege mich aufs Betteln: »Aber ich will da nicht mehr hin, lass uns ins ›Apple‹ gehen, echt.«
    Robert macht zwei Bier auf und sagt: »Okay, Alter, erzähl, was ist los?«
    Ich beichte, und er kriegt einen Lachkrampf.
    »Duuuu hast zu einer Alten gesagt, dass du sie vögeln willst? Mein kleiner schüchterner Schwedenprinz? Mamma mia, da wäre ich gerne dabei gewesen!«
    Ich packe ihn an der Schulter und schüttele ihn. »Scheiß-Itaker, hör auf zu gackern!«
    Doch Robert ist unbeeindruckt: »Was hat sie gesagt?«
    »Nix. Hat bloß gefeixt, als sie gegangen ist.«
    Robert springt auf und zieht seine Jacke an.
    »Gutes Zeichen. Wenn sie lachen, wollen sie vögeln. Nix wie los. Heute Abend machst du sie klar.«
    Also gehe ich mit.
    Während sich Robert nach Beute umsieht, verdrücke ich mich unauffällig hinten rechts neben die Bar und schwöre mir, diesen gut geschützten Platz erst dann zu verlassen, wenn ich mich in etwa einer Minute heimlich nach Hause schleiche. Plötzlich sehe ich sie. Sie drängelt durch die Menge, es sieht aus, als ob sie etwas sucht.
    Sie sucht mich.
    Sie kommt auf mich zu. Ich versuche, so intensiv auf die Holzmaserung des Tresens zu starren, als hätte ich dort die Formel für den ewigen Weltfrieden gefunden.
    Sie baut sich vor mir auf und stemmt die Hände in die Hüften.
    Aus meinem Brustkorb entweicht mit einem lauten Seufzen jegliche Luft und ich flüstere: »Scotty, beam me up!«
    Sie bohrt mir einen Finger gegen die Brust. »Letzte Woche warst du mutiger, wie?«
    Ich sage: »Das willst du nicht, dass ich dir das jetzt erkläre, ganz bestimmt nicht.«
    Sie aber sagt: »Oh doch, und ob ich das will!«
    Etwa zehn Minuten später habe ich ihr den Hergang meines verbalen Waterloos in stockenden Sätzen geschildert. Sie sieht mich an, ganz keck, so von unten und der Seite. »Du siehst nicht aus, als ob du heute noch mit jemandem schlafen willst!« Ich schüttele den gesenkten Kopf. Plötzlich streckt sie die Hand aus, schüttelt die meine, eine seltsame Geste in einer Disco, aber irgendwie richtig. »Hi, ich bin Sarah.«
    Zum Quatschen ist es hier zu laut, wir landen beim Italiener zwei Straßen weiter. Sarah hat Robert und mich schon ein paarmal beobachtet.

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